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(Quelle: Tobias Koch)

Bundestag: Piraten, Corona & Upskirting

Plenum debattiert breites Themenspektrum

Neben Maßnahmen gegen die Corona-Krise befasst sich das Plenum in der kommenden Woche u.a. mit Auslandseinsätzen der Bundeswehr und anstößigen Fotos.

1. Bundeswehr: Mandate für Somalia und Libyen

Aus den Nachrichten sind sie verschwunden, dennoch bleiben sie ein Problem: Somalische Piraten bedrohen noch immer die Schifffahrt rund um das Horn von Afrika. Die Operation „Atalanta“ dient ihrer Bekämpfung vor der Küste Somalias. Das Mandat, über das Bundestag in der kommenden Woche debattiert, läuft Ende Mai aus und soll verlängert werden. Es sieht den Einsatz von bis zu 400 Bundeswehrsoldaten vor. Neben der Abschreckung der Piraterie sollen die Bundeswehrsoldaten humanitäre Hilfsmaßnahmen des Welternährungsprogramms und der Afrikanischen Union absichern. 
Apropos Afrika: Der Bundestag stimmt in der nächsten Woche über die Beteiligung der Bundeswehr an der EU-Mission „Irini“ im südlichen Mittelmeer mit bis zu 300 Soldaten ab. Hier geht es darum, das Waffenembargo der Vereinten Nationen gegen Libyen durchzusetzen, Menschenschmuggel und illegale Öl-Exporte zu unterbinden und die libysche Küstenwache auszubilden. 

2. Mit Digitalisierung gegen Corona

Der Bundestag berät außerdem das „Zweite Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite“. Das Gesetz hat zum Ziel, besonders gefährdete Menschen so gut es geht vor einer Ansteckung mit dem Coronavirus schützen und Infektionsketten leichter zu durchbrechen. So sollen zum Beispiel die Gesundheitsämter Geld für eine beschleunigte Digitalisierung erhalten. Tests sollen ausgeweitet werden – unter anderem auf Bewohner von Pflegeheimen oder auf Menschen ohne Symptome. Außerdem sollen Pflegekräfte einen Bonus von bis zu 1.000 Euro erhalten und Pflegebedürftige bedarfsgerechter unterstützt werden.

3. Veranstalter vor Pleitewelle schützen

Wegen der Corona-Krise ist das kulturelle Leben in Deutschland komplett heruntergefahren worden. Die Veranstalter von Freizeit-Events (Theater, Konzerthäuser, Sportveranstalter etc.) müssen nun vor einer Insolvenz-Welle beschützt werden, die ihnen droht, falls sie all die bereits verkauften Eintrittskarten jetzt zurücknehmen und auszahlen müssten. Sie sollen nun durch das „Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Veranstaltungsvertragsrecht“, über das der Bundestag abstimmt, dazu berechtigt werden, den Inhabern der Eintrittskarten statt der Erstattung des Eintrittspreises einen Gutschein zu übergeben. Der Gutschein kann dann entweder für eine Nachholveranstaltung oder eine alternative Veranstaltung eingelöst werden. Wer den Gutschein nicht einlösen möchte, kann nach dem 31. Dezember 2021 die Rückzahlung des Eintrittspreises verlangen. In Härtefällen soll auch eine sofortige Rückzahlung des Ticketpreises verlangt werden können – auch in diesem Punkt hatte sich die Union durchgesetzt.

4. Anpassung des Elterngelds

Im Zuge der Corona-Pandemie haben viele werdende und junge Eltern Verdienstausfälle, etwa weil sie in Kurzarbeit sind. Damit sie trotzdem die Voraussetzungen für den Bezug des Elterngeldes einhalten können, soll das Elterngeld durch das „Gesetz für Maßnahmen im Elterngeld aus Anlass der Covid-19-Pandemie“, über das das jetzt Parlament abstimmt, angepasst werden. Konkret heißt das u.a.: Kurzarbeitergeld und Arbeitslosengeld I aufgrund der Corona-Pandemie reduzieren das Elterngeld nicht und fließen auch bei der späteren Berechnung des Elterngeldes für ein weiteres Kind nicht mit ein.

5. Unterstützung für die Wissenschaft

Mit dem „Wissenschafts- und Studierendenunterstützungsgesetz“ (WissStudUG), über das der Bundestag in der kommenden Woche abstimmt, soll Wissenschaftlern und Studenten geholfen werden. Für Studierende und junge Menschen in schulischer Ausbildung, die sich in der Bekämpfung der Corona-Pandemie engagieren, soll damit der Hinzuverdienst aus allen systemrelevanten Branchen (etwa in Krankenhäusern) komplett von der Anrechnung auf das BAföG ausgenommen werden. 
Auch Wissenschaftler erhalten mehr Planungssicherheit: Ihre Qualifizierung, zum Beispiel eine Promotion oder Habilitation, sollen sie trotz der pandemiebedingten Beeinträchtigung der Hochschullandschaft weiterverfolgen können – die Höchstbefristungsdauer für Qualifizierungen wird nämlich pandemiebedingt um sechs Monate verlängert.

6. Mehr Hilfe gegen Hetze im Netz

Jeder von uns kennt sie: Hass-Kommentare bei Facebook, Instagram, Youtube und Co. Bedrohungen, Beleidigungen und Hetze sind keine Kavaliersdelikte, nur weil sie im Netz geschehen. Mit der Reform des „Netzwerkdurchsetzungsgesetzes“, die nächste Woche im Plenum debattiert wird, werden wesentliche Forderungen der CDU/CSU-Bundestagsfraktion zur Stärkung der Rechte der Nutzer von Facebook, Twitter und Co. umgesetzt. Besonders wichtig ist, dass es für Nutzer der Plattformen künftig ein gut erreichbares, leicht verständliches und einfach handhabbares Meldesystem innerhalb der Plattformen geben soll. Ein komplizierter „Klickweg“ bis zur Beschwerde über rechtswidrige Inhalte gehört damit bald der Vergangenheit an. 
Außerdem gibt es mehr Rechte beim Löschen von Posts: Nicht alle von Nutzern gemeldeten Beiträge werden auch gelöscht - umgekehrt sind nicht alle Nutzer mit der Löschung ihrer eigenen Posts einverstanden. In beiden Fällen sollen sie künftig vom Netzwerk eine Überprüfung der Entscheidung verlangen können. Facebook und Co müssen dann begründen, warum sie einen Post gelöscht haben oder nicht. Und: Wer sich vor Gericht gegen Bedrohungen oder Beleidigungen zur Wehr setzen will, soll die erforderlichen Daten künftig deutlich einfacher herausverlangen können als bisher. Die Netzwerke werden dazu verpflichtet, die Identität eines Beleidigers offenzulegen, wenn ein Gericht die Erlaubnis dafür gibt.

7. Anspruch auf Ladestationen für E-Autos

Mieter und Wohnungseigentümer, die sich darüber ärgern, auf ihrem Stellplatz Zuhause keine Lademöglichkeit für ihr Elektrofahrzeug zu haben, sollen bald einen Rechtsanspruch darauf bekommen: Das neue „Gesetz zur Förderung der Elektromobilität und zur Modernisierung des Wohnungseigentumsgesetzes“ (Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetz – WEModG), über das der Bundestag berät, regelt in vielen Punkten die Ansprüche von Wohnungsbesitzern neu. Einen Rechtsanspruch soll es demnach künftig nicht nur für die Ladestationen, sondern auch für den barrierefreien Aus- und Umbau der Wohnung sowie für den Einbruchschutz geben. 
Außerdem werden bauliche Maßnahmen im individuellen Interesse einzelner Wohnungseigentümer erleichtert, die zugleich im gesamtgesellschaftlichen Interesse liegen.
Flankiert werden diese Regelungen durch eine Anpassung der formalen Voraussetzungen an die Beschlussfähigkeit der Eigentümerversammlung. In Zukunft wird gewährleistet, dass wirtschaftlich sinnvolle Maßnahmen einfacher beschlossen und somit umgesetzt werden können. 

8. Upskirting wird strafbar

Kampf den Schmuddel-Fotos: Das so genannte „Upskirting“, bei dem Täter mit Selfie-Sticks und Smartphone auf Rolltreppen, Gehwegen oder in Treppenhäusern Fotos und Filme unter Röcke und Kleider machen, soll strafbar werden – das sieht das „Gesetz zur Änderung des Strafgesetzbuches – Verbesserung des Persönlichkeitsschutzes bei Bildaufnahmen“ vor, über das im Plenum debattiert wird.
Bisher gilt das Fotografieren unter den Rock meist als Ordnungswidrigkeit und wird nur dann als Straftat geahndet, wenn der Täter das Opfer berührt oder zusätzlich beleidigt und erniedrigt.