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Björn Simon: Wir müssen Abfälle weiter reduzieren und das Recycling stärken

Redebeitrag zur Abfallrahmenrichtlinie der EU

Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Die Kreislaufwirtschaft ist eine der innovativsten Wirtschaftsbranchen in Deutschland. Ständige Weiterentwicklungen in Technologie und Wirtschaftlichkeit prägen dieses Erfolgsmodell.

Raum für Verbesserung von politischen Rahmenbedingungen ist immer; das haben wir natürlich jetzt schon gehört, und das werden wir heute Abend vermutlich noch öfter hören. So schlecht aber kann unsere Kreislaufwirtschaft nicht sein. Ansonsten wäre sie nicht ein solcher Exportschlager.

Heute Abend debattieren wir über eine Novelle des Kreislaufwirtschaftsgesetzes. Vorangegangen sind dem vorliegenden Papier zahlreiche Ausschusssitzungen, öffentliche Anhörungen und Gespräche, um die Kreislaufwirtschaft in Deutschland sinnvoll weiter auszubauen und voranzutreiben.

Essenziell dabei ist: Wir müssen Abfälle weiter reduzieren und das Recycling stärken, vor allem im Verpackungsbereich. Damit leisten wir einen wichtigen Beitrag zu Klimaschutz, zu Ressourcenschonung und in der Energiewende. In Zahlen: In Deutschland werden jährlich über 400 Millionen Tonnen Abfälle gesammelt, transportiert, sortiert, aufbereitet und stofflich oder energetisch verwertet. Über 11 000 kommunale und private Unternehmen sind daran beteiligt und in der Folge von den gesetzlichen Rahmenbedingungen, wie wir sie heute beschließen, betroffen. Die Abfallrahmenrichtlinie der Europäischen Union macht uns dazu weitreichende Vorgaben, die wir mit der vorliegenden Gesetzesänderung umsetzen.

Ein erstes wichtiges Thema der Richtlinie ist der Einsatz von Rezyklaten. Kunststoffrecycling spielt in Deutschland bereits eine bedeutende Rolle. Marktübergreifend stoßen wir auf wiederverwendete Kunststoffe aller Art. Das gibt uns auf der einen Seite natürlich Grund zur Freude, muss uns auf der anderen Seite aber auch Ansporn sein, noch deutlich mehr Kunststoffe zu recyceln, anstatt auf Neumaterial aus Rohöl zu setzen.

Und das ist gar nicht so einfach: Die Reinheit des Rezyklats spielt bei der Wiederverwendung eine große Rolle. Hier besteht ein Zielkonflikt, der aus dem Stoff- und Chemikalienrecht resultiert. Einerseits müssen wir gefährliche Inhaltsstoffe ausschleusen, reduzieren damit aber logischerweise die Gesamtmenge; andererseits wollen wir möglichst viel qualitativ hochwertigen Kunststoff wiederverwerten.

Indem wir beim Bodenschutz, der Chemikaliensicherheit oder dem Lebensmittelrecht Verschärfungen gesetzlich regeln, versperren wir bestimmten Kunststoffen den Weg zurück in den Markt. Gerade an dieser Stelle brauchen wir endlich klare und einheitliche Rahmenbedingungen auf europäischer Ebene.

Das heißt nicht, dass wir uns selbst aus der Verantwortung nehmen. Vielmehr werden wir mit neuen Regelungen in der öffentlichen Beschaffung den Rezyklateinsatz in Deutschland weiter ankurbeln, weg von einer Prüfpflicht hin zu einer Bevorzugungspflicht. Konkret bedeutet das: Sofern keine unzumutbaren Mehrkosten entstehen, sind beim Einkauf Produkte zu bevorzugen, die rohstoffschonend, abfallarm, reparierbar, schadstoffarm und recyclingfähig sind.

Ein weiterer wichtiger Teil der Novelle behandelt einzelne Verordnungsermächtigungen, die der Umsetzung der vieldiskutierten EU-Einwegkunststoffrichtlinie dienen. Bestimmte Einwegartikel mit Kunststoffanteilen wie Ohrstäbchen, Einweggeschirr etc. werden verboten.

Nun bin weder ich noch ist die Unionsfraktion dafür bekannt, Produktverbote gerne auszurufen. Verbote dürfen immer nur die letzte Konsequenz sein. Schon länger fordert meine Fraktion eine ökobilanzielle Betrachtung. Das heißt, wenn Produkte ökologisch nicht sinnvoll anzuwenden sind, weil das angewendete Material ökobilanziell schlecht ist, dann müssen wir eine Alternative finden, aber nur, wenn es auch eine ökologisch bessere Alternative gibt. Alles andere sehen wir als Symbolpolitik. Es schadet uns ökologisch und ökonomisch und ist mit uns deswegen nicht zu machen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Ein wichtiger Punkt, der die Novelle bestimmt, ist die sogenannte Obhutspflicht. Hier handelt es sich um das Problem der Retourenvernichtung, vor allem im Onlinehandel. Wir beschränken uns dabei auf den Business-to-Consumer-Bereich, also den Handel zwischen Verkäufer und Endkunden. Wir konzentrieren uns dabei auf Elektronikartikel und Textilien, weil in anderen Bereichen aus verschiedenen Gründen, beispielsweise solchen der Hygiene, eine Retourenvernichtung zumeist unumgänglich ist. Das merken wir in der aktuellen Coronadebatte umso mehr.

Zu einem weiteren Punkt des ursprünglichen Gesetzentwurfes haben mich besonders viele Zuschriften von Marktteilnehmern erreicht. Bei der sogenannten SCIP-Datenbank handelt es sich um eine Datenbank für besonders besorgniserregende Stoffe in Produkten, die von der Europäischen Chemikalienagentur ECHA auf Grundlage der Abfallrahmenrichtlinie entwickelt wurde.

Den ursprünglichen Entwurf haben viele Unternehmen kritisiert, weil sie einen enormen Verwaltungsaufwand und Belastungen befürchten. Wir als Union nehmen diese Sorgen ernst. Gerade in der gegenwärtig ohnehin wirtschaftlich schwierigen Zeit sollten wir unseren Unternehmen nicht höhere Belastungen aufbürden, als absolut notwendig ist. Wir beschränken daher die Datenbereitstellung für die Chemikaliensicherheit in dieser SCIP-Datenbank auf die Anforderungen der europäischen Chemikalienverordnung REACH. Damit setzen wir gleichzeitig die Vorgaben der EU eins zu eins um und belasten gerade kleinere und mittelständische Betriebe nicht übermäßig.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Mit der freiwilligen Rücknahme möchte ich einen letzten Punkt der Novelle ansprechen. Natürlich begrüßen wir es, wenn der Handel über die gesetzlichen Vorgaben hinaus Produkte zurücknimmt. Originär sind hier jedoch die Kommunen verantwortlich, und um hier Planungssicherheit zu schaffen und den Anreiz zu kurzfristigen Werbemaßnahmen zu minimieren, haben wir eine Pflicht zur Vertragslaufzeit von mindestens drei Jahren implementiert.

Abschließend möchte ich mich bei allen Beteiligten der Gesetzesänderung für die gute Zusammenarbeit bedanken. Ich möchte hier namentlich zum einen unsere umweltpolitische Sprecherin Marie-Luise Dött nennen, aber auch meinen Kollegen aus der SPD-Fraktion Michael Thews, hier Berichterstatter. Ich bin der Ansicht, dass wir seitens des Bundesumweltministeriums einen soliden Gesetzentwurf erhalten haben, den wir im Verlauf des parlamentarischen Verfahrens in den zuständigen Ausschüssen und in zahlreichen Fachgesprächen noch weiter spürbar verbessern konnten.

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Können Sie zum Schluss kommen?

 

Björn Simon (CDU/CSU):

Mit der vorliegenden Novelle des Kreislaufwirtschaftsgesetzes stärken wir einen unserer innovativsten Wirtschaftsbereiche, der einen großen, oft zu wenig betrachteten Beitrag zum Umweltschutz leistet.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)