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Norbert Altenkamp: "Friedensforschung noch weiter voranbringen "

Rede zu Friedensforschung als Grundlage der Politik stärken

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das „Friedensgutachten 2019“ der führenden deutschen Friedensforschungsinstitute warnt davor, dass die bewaffneten Konflikte weltweit zunehmen, vor allem durch Rebellengruppen, Dschihadisten und Drogenkartelle, dass dadurch immer mehr Menschen in die Flucht getrieben werden, dass die Gefahr einer nuklearen Katastrophe wieder steigt und dass die internationalen Verträge und Institutionen, die den Frieden sichern, zunehmend missachtet werden.

Unsere Bundeswehr ist weltweit im Rahmen von UN- und EU-Missionen im Einsatz, um dabei zu helfen, bewaffnete Konflikte einzudämmen, den Wiederaufbau zu fördern und den Frieden dauerhaft zu sichern. Mit unserer Außenpolitik versuchen wir, auf allen diplomatischen Kanälen das Gleiche. Der Erfolg ist zunehmend gefährdet, wie das „Friedensgutachten 2019“ zeigt.

Was können wir tun, um das zu ändern? Wie und wo entstehen überhaupt Konflikte, und wie können wir sie verhindern? Welche Regeln müssen wir beachten, um nach Konflikten wieder eine friedliche Gesellschaft aufzubauen? Die Friedens- und Konfliktforschung versucht, Antworten auf genau diese Fragen zu finden. Sie ist deshalb für uns Politiker zu einem wichtigen Ratgeber geworden. Wir müssen diese Forschung weiter fördern und stärken. Das ist das klare Ziel unserer Fraktion, und das ist das klare Ziel der Bundesregierung; das hat Dr. Meister vorhin erläutert. Insofern ist es ja auch das Ziel des Antrags der Grünen, über den wir heute debattieren. Insofern rennen Sie bei uns keine verschlossenen, sondern offene Türen ein.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Na dann nur zu!)

– Auf jeden Fall.

(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Fraktionsübergreifend!)

Wie genau aber können wir die Friedensforschung weiter stärken? Der Wissenschaftsrat gibt uns dazu wichtige Empfehlungen in seiner Evaluation, die von den Koalitionsfraktionen im Bundestag 2016 angeregt wurde. Er sagt zum einen, die Friedens- und Konfliktforschung ist in Deutschland bereits sehr gut aufgestellt, gerade auch in Hessen mit der Hessischen Stiftung Friedens- und Konfliktforschung in Frankfurt, was mich als Hessen besonders freut. Aber der Wissenschaftsrat sagt auch, welche Punkte wir noch optimieren müssen. Ich möchte hier einige Vorschläge herausgreifen, die ich, ebenso wie die Grünen in ihrem Antrag, für sinnvoll halte:

Der Wissenschaftsrat empfiehlt eine stärkere finanzielle Förderung der Friedensforschung, insbesondere für die Deutsche Stiftung Friedensforschung in der Friedensstadt Osnabrück. Das wird bereits adressiert. Wir haben die Mittel für die Friedens- und Konfliktforschung schon seit einigen Jahren in den Etats von BMBF und Auswärtigem Amt erhöht. Der Substanzverlust des Stiftungskapitals der DSF wird in den nächsten Jahren durch Zustiftung des Auswärtigen Amtes mehr als ausgeglichen. Wenn darüber hinaus weitere Mittel im Rahmen der Projektförderung notwendig sind, damit die DFS ihre wichtige Arbeit dauerhaft und ohne Einschränkungen fortsetzen kann, werden wir das in den nächsten Haushaltsplanberatungen berücksichtigen.

Der Wissenschaftsrat empfiehlt darüber hinaus, die Friedensforschung besser als bisher zu vernetzen, und zwar überregional und interdisziplinär. Ein entsprechendes Förderprogramm des BMBF, in dem auch Fragen des Wissenstransfers und zum Beispiel klimabezogene Konfliktrisiken adressiert werden können, ist nach meiner Kenntnis bereits in Planung. Wir werden uns genau ansehen, ob es den Ansprüchen gerecht wird. In Hessen geht man hier mit gutem Beispiel voran: mit interdisziplinären Studiengängen an vier Universitäten, der engen Zusammenarbeit der Hochschulen mit der HSFK und internationalen Kooperationen.

Nachbesserungsbedarf gibt es laut Wissenschaftsrat allerdings bei der naturwissenschaftlich-technischen Friedens- und Konfliktforschung, zum Beispiel im Bereich Cybersicherheit, und bei interdisziplinären Promotionsstudiengängen. Auch diese Herausforderungen werden wir angehen, und damit werden wir die Friedensforschung weiter stärken.

Eine breitere interdisziplinäre Aufstellung der Friedens- und Konfliktforschung ist laut Wissenschaftsrat auch deshalb erforderlich, um Radikalisierungsprozesse in der Gesellschaft besser zu verstehen und um gegensteuern zu können. Das greift der Grünenantrag zu Recht auf. Aber auch hier sind wir bereits aktiv. Das geplante Forschungsinstitut für gesellschaftlichen Zusammenhalt, das Mitte des Jahres starten soll, ist genau der richtige Ort, um auch Fragen im Hinblick auf Extremismus, Rassismus, Radikalisierung und Deradikalisierung, die uns allen am Herzen liegen, weiter zu bearbeiten. Zudem befasst sich das überregionale BMBF-Projekt „Pandora“ mit diesem Thema.

Sie sehen: Wesentliche Empfehlungen des Wissenschaftsrates, auf die Sie sich auch in Ihrem Antrag beziehen, haben wir bereits aufgegriffen. Ob das ausreicht, die Arbeit der Friedensforschung bedarfsgerecht zu unterstützen, darüber werden wir im Ausschuss noch ausführlich beraten. Nicht zielführend sind aus meiner Sicht dabei Forderungen, die über die Empfehlungen des Wissenschaftsrates hinausgehen und die teilweise nur wenig mit dem Thema Friedensforschung zu tun haben. Ich nenne hier nur die Forderung nach einer feministischen Außenpolitik.

Ich freue mich jedenfalls darauf, dass wir die Friedensforschung gemeinsam noch weiter voranbringen werden. Die leidgeprüften Menschen in den Konfliktregionen haben es verdient, dass wir alle Möglichkeiten ausschöpfen, um den Frieden zu fördern.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)