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Katrin Staffler: "Eine Kultur der Weiterbildung in Deutschland etablieren"

Rede zur Aufstiegsfortbildungsförderung

Lieber Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auf die Gefahr hin, dass ich mich jetzt gleich mit dem ersten Satz sehr unbeliebt mache hier in dieser Runde: Mathe war schon immer eines meiner Lieblingsfächer in der Schule. Deswegen möchte ich gerne mit einer relativ einfachen Rechnung beginnen: Auf der einen Seite geht die Zahl der Schülerinnen und Schüler, die an den allgemeinbildenden und beruflichen Schulen sind, zunehmend zurück. Auf der anderen Seite geht aber auch die Zahl derer zurück, die im Arbeitsleben stehen, weil immer mehr ältere Menschen den Arbeitsmarkt verlassen. Wir haben also einen Rückgang auf der einen Seite und einen Rückgang auf der anderen Seite. Dass in der Summe nichts Positives dabei herauskommen kann, ist eigentlich klar. Natürlich ergibt es auch im Endeffekt nichts Gutes. Am Ende der Rechnung kommt nämlich der Fachkräftemangel heraus.

Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, können wir so nicht stehen lassen. Wir brauchen also einen weiteren Faktor in unserer Rechnung. Dieser Faktor muss heißen: Weiterbildung. Wir müssen in der Zukunft sehr viel stärker als bisher Bildung als Reise durch das gesamte Leben wahrnehmen. Sie endet nicht mit einem Berufsabschluss, sie endet auch nicht mit einem Studienabschluss. Ganz im Gegenteil: Die Weiterbildung eröffnet jedem Einzelnen von uns neue Wege. Weiterbildung verbessert unsere Karrierechancen. Mithilfe von Weiterbildungsmaßnahmen können wir auch in einer sich stetig verändernden Arbeitswelt bestehen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

Der Kern der beruflichen Weiterbildung, die Aufstiegsfortbildung, eröffnet jedem Einzelnen den Weg zum Meister, zum Techniker, zum Fach- und Betriebswirt und zu vielem mehr. Die Aufstiegsfortbildung ist einer der entscheidenden Faktoren, um Fachkräfte zu gewinnen, aber auch, um Beschäftigungsmöglichkeiten hier bei uns, in diesem Land, in Deutschland, zu halten.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

Damit wir damit erfolgreich sein können, braucht es die richtigen Rahmenbedingungen. Das gilt vor allem auch im Hinblick auf die Finanzierung. Denn am Finanziellen soll und darf es am Ende des Tages nicht scheitern. Mit der Novelle des Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetzes ist es uns gelungen, genau das zu verhindern. Das AFBG hat sich als Instrument der Weiterbildungsförderung schon in der Vergangenheit bewährt. Mit den dazugekommenen Neuerungen – die Ministerin hat sie angesprochen – gestalten wir dieses, wie ich finde, sehr wichtige Förderungsinstrument jetzt noch passgenauer und zielgenauer. Wir unterstützen die Menschen, die den Willen haben, ihren beruflichen Aufstieg anzupacken, und die Lust darauf haben, wahrhaft meisterhaft zu werden.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

Genauso, wie es am Finanziellen nicht scheitern darf, darf es auch an diesem zweiten Punkt nicht scheitern: am Wollen. Der Wille, also die Motivation, muss da sein. Genau da setzen wir auch die richtigen Anreize, nämlich indem wir Menschen dazu anregen, den Weg der beruflichen Weiterbildung zu gehen. Der Gründungserlass, die Mehrfachförderung, die Anhebung der Zuschüsse, all diese Themen sind oft genannt worden. Gerade mit dem Gründungserlass schlagen wir, glaube ich, ein Stück weit zwei Fliegen mit einer Klappe. Viele Betriebe finden überhaupt keinen Nachwuchs mehr, der sich einbringen will, der Verantwortung übernehmen will. In meinem Wahlkreis haben wir insbesondere viele Handwerksbetriebe, die vor dem Aus stehen, weil sie keinen Nachfolger mehr finden können. In diesem Bereich müssen wir viel tun, wenn wir unsere Betriebe nicht ausbremsen wollen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Deswegen sagen wir zu unseren Gesellen: Ihr bekommt bei der Existenzgründung oder bei der Betriebsübernahme die Gebühren für die Weiterbildung vollständig übernommen. – Ja, das kann nur ein Teil der Lösung sein. Es ist aber ein großer Schritt in die richtige Richtung und ein Meilenstein in der Fortentwicklung des AFBG.

(Beifall des Abg. Dr. Stefan Kaufmann [CDU/CSU])

Wir packen da an, wo wir es als Parlament tun können. Lieber Herr Sattelberger, an dieser Stelle noch eine kleine Weiterbildung für Sie: Die Inhalte der Ausbildung, die Sie angesprochen haben, das machen die Sozialpartner – die Kammern, die Arbeitnehmervertretung –, aber doch nicht wir als Politik.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dr. h. c. Thomas Sattelberger [FDP]: Das ist mir schon bekannt!)

Deswegen hoffe ich, dass unsere Bemühungen Früchte tragen und dass wir es gemeinsam schaffen, eine Kultur der Weiterbildung in Deutschland zu etablieren, eine Kultur, in der Weiterbildung attraktiv ist für die Menschen, in der sie selbstverständlich ist und in der man von der Wirksamkeit der Weiterbildung überzeugt ist. Am Ende des Tages wollen wir nämlich keine Negativrechnung mehr vor uns haben, sondern eine Gleichung, und zwar: Lust auf Weiterbildung ist gleich Lust auf Zukunft.

Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)