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Dr. Stefan Kaufmann: Die berufliche Bildung bildet eine hervorragende Grundlage für ein gutes Leben

Einsetzung einer Enquete-Kommission „Berufliche Bildung in der digitalen Arbeitswelt“

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Die berufliche Bildung steht vor einem tiefgreifenden Wandel. Auf der einen Seite entscheiden sich immer weniger junge Menschen für eine berufliche Ausbildung. Viele Betriebe – nicht nur in meiner Region – suchen händeringend nach Jugendlichen. Und es gibt große Passungsprobleme zwischen den verfügbaren Ausbildungsplätzen und den Wünschen der Jugendlichen. Auf der anderen Seite steigen die Anforderungen in den Ausbildungsberufen seit Jahren an – nicht nur in den industrienahen technischen Ausbildungsberufen, sondern auch im Handwerk.

Eine wesentliche Ursache hierfür ist die Digitalisierung, die alle Bereiche der beruflichen Bildung und des Arbeitens nachhaltig beeinflusst. In diesem Spannungsfeld stellt sich in vielen Betrieben nun die Frage, wie sie ihren Fachkräftebedarf der Zukunft decken können und welches Rüstzeug junge Auszubildende, aber auch jene, Frau Stumpp, die schon im Betrieb sind, brauchen, um den Anforderungen der Zukunft gerecht zu werden. Ich sehe im Übrigen, Frau Stumpp, das Thema Fort- und Weiterbildung in der Enquete nicht ausgeklammert.

(Beifall bei der CDU/CSU)

In der Enquete-Kommission, die wir heute einsetzen, wird es genau darum gehen.

Aber auch darum wird es gehen: dem Thema berufliche Bildung in der Öffentlichkeit mehr Sichtbarkeit zu verleihen. Diese Sichtbarkeit hat die berufliche Bildung mehr als verdient.

Wir haben es gehört: Im Zuge einer fortschreitenden Akademisierung der Gesellschaft stellt sich die Frage nach der Rolle der beruflichen Bildung und der dualen Ausbildung immer dringender. Es wird viel vom Attraktivitätsverlust der beruflichen Bildung gesprochen. Dabei bildet die berufliche Bildung – darin sind wir uns hier ja alle einig – eine hervorragende Grundlage für ein gutes Leben.

Meine Damen und Herren, die Einsetzung einer Enquete bedeutet im Übrigen nicht, Frau Stumpp, dass wir die Fragen und das Thema „Berufliche Bildung“ seitens der Koalition auf die lange Bank schieben.

(Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das macht ihr immer!)

Union und SPD haben in ihrem Koalitionsvertrag einen ganzen Maßnahmenkatalog zur Stärkung der beruflichen Bildung verabredet, zum Beispiel – auch an Ihre Adresse, lieber Kollege Brandenburg – ein Berufsbildungspaket zur Modernisierung der beruflichen Bildung und der Berufsschulen, die Stärkung der Berufsorientierung, die Stärkung regionaler Ausbildungsmärkte, Verbesserungen beim Aufstiegs-BAföG, die Stärkung der höheren Berufsbildung und des dualen Studiums und natürlich auch die Novelle des Berufsbildungsgesetzes.

All dies dient dazu, die berufliche Bildung aufzuwerten und die duale Ausbildung attraktiver zu machen. Dazu haben wir gestern im Ausschuss im Gespräch mit Professor Esser einige Ideen gehört bzw. entwickelt, beispielsweise eine mögliche Verlängerung der Schulpflicht auf zwölf Jahre, vor allem aber eine mögliche Ausdehnung der Berufsschulpflicht auf das Alter von 21 Jahren – hier ist Bayern im Übrigen vorbildlich –, eine Verbesserung der Ausbildung der Berufsschullehrer, die Erhöhung der Attraktivität des Berufsbildes und die Erhöhung der Ausbildungsbetriebsquote vor allem bei Kleinbetrieben durch neue Anreizsysteme; man könnte hier über steuerliche Anreize oder die bevorzugte Berücksichtigung von Ausbildungsbetrieben bei der Vergabe öffentlicher Aufträge anstelle einer, wie es die Linken vorschlagen, solidarischen Umlagefinanzierung nachdenken. Das sind die Themen, an denen wir gemeinsam arbeiten können.

Im Übrigen freue ich mich, Kollege Brandenburg, dass im Bereich der Internationalisierung immer mehr – Sie haben das Thema angesprochen – junge Berufsschüler an europäischen Austauschprogrammen teilnehmen, auch ohne einen DAAD für die Berufsbildung. Wir setzen uns in Brüssel massiv dafür ein, dass in Zukunft noch mehr junge Menschen die Möglichkeit haben, einen Teil ihrer Ausbildung in einem anderen Mitgliedstaat zu absolvieren. Deshalb ist es richtig, dass der Anteil für den Bereich der beruflichen Bildung im neuen Programm Erasmus+ auf über 5,2 Milliarden Euro erhöht werden soll.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Martin Rabanus [SPD])

Was ist nun zu tun? Einzelne Aspekte, wie beispielsweise die dringend notwendige Digitalisierung unserer Berufsschulen, sind in absehbarer Zeit mit ganz konkreten Maßnahmen – Stichwort „Digitalpakt“ – zu bewerkstelligen. Das werden wir umsetzen. Andere Maßnahmen sind von eher systemischer Natur. Hierfür brauchen wir eine strategische Neupositionierung.

Unter anderem mit solchen systemischen Fragen werden wir uns in der Enquete-Kommission beschäftigen – in einem angemessenen Zeitrahmen mit externen Expertinnen und Experten.

Am Ende soll dann der Weg klar sein, wie wir in Zukunft die Menschen in unserem Land mit beruflicher Bildung fit machen für die Arbeit in einer lernenden Wissensgesellschaft mit dynamischen Produktionslebenszyklen, flexiblen Arbeitsverhältnissen und assistiven Systemen, –

Vizepräsidentin Claudia Roth:

Kommen Sie bitte zum Schluss.

Dr. Stefan Kaufmann (CDU/CSU):

– damit die berufliche Bildung auch in Zukunft ein gutes Rüstzeug für junge Menschen bilden kann. Auf diese spannende Aufgabe und auf die gemeinsame Diskussion freue ich mich.

Danke sehr.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)