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Dr. Michael Meister: "Konflikte in unserer Welt einer Lösung zuführen"

Rede zu Friedensforschung als Grundlage der Politik stärken

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir leben in einer Zeit schwindender Gewissheiten, in einer Zeit, in der die Unübersichtlichkeit zunimmt. Konfliktlinien, die wir in der Vergangenheit gewohnt waren, verschieben sich, sie verwischen. Es kommen auch neue Konfliktlinien hinzu. Das gilt sowohl international als auch in unserer Gesellschaft.

Es wäre mit Sicherheit ein Leichtes, vor diesen Konflikten zu kapitulieren. Aber ich glaube, Politik hat den Auftrag, dafür zu sorgen, dass wir nicht kapitulieren; wir haben vielmehr den Anspruch, zu gestalten. Das heißt im Klartext, dass wir versuchen, Rahmenbedingungen dafür zu schaffen, wie wir mit Konflikten umgehen können, um sie geordnet auszutragen.

Die Bundesregierung hat die Absicht, diese Herausforderungen offensiv anzunehmen. Wir wollen dazu beitragen, dass wir Konflikte besser verstehen. Dazu sind wir auf die Unterstützung der Wissenschaft angewiesen. Und dort, wo Gewissheiten schwinden, sind wir auf neues Wissen angewiesen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Zum Ersten. Wir haben, Herr Kollege Gehring, in Deutschland – und da sind wir uns einig – eine exzellente Friedens- und Konfliktforschung.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Es ist ein Glücksfall für den Standort Deutschland, dass wir sie haben.

(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann fördern Sie die Deutsche Stiftung Friedensforschung!)

Dies hat uns auch der Wissenschaftsrat im Rahmen seiner Evaluierung bestätigt. Deshalb kann man zunächst einmal mit dem Ergebnis der Evaluierung sehr zufrieden sein.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Lachen bei Abgeordneten der AfD – Nicole Gohlke [DIE LINKE]: Das ist jetzt ein bisschen schöngeredet!)

– Ich weiß nicht, ob Sie die Evaluierung gelesen haben.

(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja!)

Das wäre vielleicht hilfreich.

Zum Zweiten. Neben der positiven Bewertung der seitherigen Arbeit werden allerdings auch Empfehlungen ausgesprochen. Wir sind der Meinung, dass wir diesen Empfehlungen des Wissenschaftsrats entsprechen und sie umsetzen sollten. Es werden zielgenaue Maßnahmen vorgeschlagen, damit die Potenziale der Friedens- und Konfliktforschung noch besser genutzt werden können.

Die Bundesregierung ist dabei, diese Empfehlungen zur Umsetzung zu bringen. So steht zum Beispiel ein Förderprogramm zur Stärkung der Friedens- und Konfliktforschung vor der Veröffentlichung. Es soll die Vernetzung fördern – überregional, aber auch international. Es soll Vernetzung zwischen verschiedenen Wissenschaftsbereichen schaffen: Sozialwissenschaften, Naturwissenschaften und Geisteswissenschaften. Wir glauben, dass man durch Vernetzung die Strategiefähigkeit dieses Forschungsfelds deutlich steigern kann.

Wir werden in Zukunft Konflikte erleben, die wir heute noch gar nicht absehen können. Deshalb müssen wir das Forschungsfeld so aufstellen, dass es auch mit heute noch nicht absehbaren Konflikten umgehen kann und uns dazu Ergebnisse liefert.

(Dr. Karamba Diaby [SPD]: Tolle Entscheidung!)

Wir haben für diese Aufgabe in der Ausschreibung 30 Millionen Euro vorgesehen. Ich glaube, das macht deutlich, dass wir die Aufgabe ernst nehmen.

Man muss aber auch sehen: Es gibt die Deutsche Stiftung Friedensforschung. Diese Stiftung finanziert ihre Arbeit aus dem Stiftungskapital. Als Finanzpolitiker weiß ich, dass es momentan mit den Erträgen aus dem Stiftungskapital etwas schwierig ist.

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: „Momentan“ ist gut!)

Deshalb haben wir uns entschieden, die Deutsche Stiftung Friedensforschung mit Projektfördermitteln aus unserem Haus zu unterstützen, damit die Arbeit der Stiftung uneingeschränkt auch in ertragsschwachen Zeiten weitergeführt werden kann.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Wir haben mit den Kollegen vom Auswärtigen Amt abgesprochen, dass das Auswärtige Amt in den nächsten vier Jahren Zustiftungen zum Stiftungskapital vornimmt, sodass wir nicht nur keinen Verzehr, sondern einen kontinuierlichen Aufbau des Stiftungskapitals haben. Das zeigt, dass wir die Deutsche Stiftung Friedensforschung zukunftsfähig und nachhaltig aufstellen wollen.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Ich glaube, wir dürfen den Blick aber nicht nur auf die internationalen Konflikte richten, sondern wir müssen auch die Spannungen in unserer Gesellschaft sehen. Wir müssen schauen, dass wir auch darauf Antworten finden. Deswegen wollen wir das Forschungsinstitut Gesellschaftlicher Zusammenhalt aufbauen. Die Vorbereitungen haben etwa 18 Monate gedauert. Wir stehen kurz vor dem Abschluss. Forschungsthemen des Forschungsinstituts Gesellschaftlicher Zusammenhalt sind zum Beispiel Hasskriminalität, die wir leider in unserer Gesellschaft erleben, der Einfluss neuer Medien, oder verschiedene soziale Milieus, die sich verändern. Die Liste ließe sich lange fortsetzen.

Diesen Fragestellungen wollen wir in dem neuen Forschungsinstitut nachgehen. Wir werden versuchen, die Frage zu beantworten: Wie können in einer pluralen Gesellschaft Konflikte produktiv ausgetragen werden, damit sie zu einem positiven Ergebnis für die Gesellschaft führen? Für diese Aufgabe haben wir 40 Millionen Euro vorgesehen.

Wir wollen deshalb, dass es nicht bei den Empfehlungen des Wissenschaftsrats bleibt, sondern tatsächlich an deren Umsetzung arbeiten. Ich hoffe, dass wir damit einen Beitrag leisten können, auf wissenschaftlicher Basis Konflikte in unserer Welt einer Lösung zuzuführen. Und ich hoffe, dass wir auch einen Beitrag leisten, dass die großen Vereinfacher, die es in dieser Welt gibt, nicht das Fundament bekommen, um mit ihren einfachen Thesen in unsere Welt hineinzugehen. Wir als Bundesregierung wollen sowohl die Empfehlungen umsetzen, als auch die Beratungsleistungen, die wir dann aus der Wissenschaft bekommen, in unsere Arbeit mit aufnehmen.

In diesem Sinne wünsche ich mir eine gute Beratung des Antrags.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)