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Dr. Astrid Mannes: "Wissenschaft benötigt Flexibilität und passende Spielräume"

Rede zu Befristungen in der Wissenschaft

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, in dem Wunsch nach möglichst vielen unbefristeten Stellen im Bereich der Wissenschaft sind wir uns generell einig. Jede Stelle, deren Befristung nicht begründbar ist, sollte auch nicht befristet sein. Denn ein unbefristeter Arbeitsvertrag bedeutet für die Arbeitnehmer Verlässlichkeit und Planbarkeit, sowohl für den weiteren beruflichen Weg, aber auch privat und familiär. Das ist wichtig und hat mit Lebensqualität zu tun.

Zudem geht es heutzutage auch darum, im internationalen Wettbewerb um gute Wissenschaftler mitzuhalten. Es geht darum, gute Wissenschaftler für die deutschen Forschungsprojekte zu gewinnen, für unsere Universitäten und Forschungseinrichtungen. Das geht nur mit attraktiven Bedingungen. Von daher liegt es im ureigenen Interesse der Universitäten und der anderen Forschungseinrichtungen, keine unattraktiven Verträge auszugeben.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

Ende 2015 wurde das Wissenschaftszeitvertragsgesetz novelliert, um einen besseren Ausgleich zwischen der notwendigen Flexibilität für die Forschungseinrichtungen auf der einen Seite und der Verlässlichkeit für die Arbeitnehmer auf der anderen Seite zu erreichen. Die zeitliche Befristung von Stellen für Daueraufgaben wurde abgeschafft, und gewisse Fehlentwicklungen wurden entsprechend angegangen.

Nur ist es auch nicht zielführend, Befristungen im wissenschaftlichen Bereich grundsätzlich infrage zu stellen.

(Beifall des Abg. Mario Brandenburg [Südpfalz] [FDP])

Wissenschaft benötigt Flexibilität und auch passende Spielräume, um zu optimalen Ergebnissen zu kommen und um im Wettbewerb bestehen zu können.

(Dr. Götz Frömming [AfD]: Sehr richtig!)

Universitäten ermöglichen wissenschaftliche Qualifikation durch Promotionen, durch Postdoc-Phasen und Habilitationen. Die Stellen sind in der Regel auf drei Jahre plus zwei Jahre befristet, plus eventuelle Zeiten für bestimmte familiäre Situationen.

Herr Dr. Frömming hat bereits die Bayreuther Erklärung der deutschen Unikanzler genannt, die hervorhebt, dass die wissenschaftliche Qualifikation, die im Rahmen von befristeten Beschäftigungsverhältnissen erworben wird, zum Wesen des Beschäftigungssystems Hochschule gehört.

(Nicole Gohlke [DIE LINKE]: Das ist aber ein großer Irrtum!)

Es ist in der Wissenschaft auch oftmals schwierig, unbefristete Verträge auszugeben, da Forschung zu großen Teilen über Drittmittel finanziert wird.

(Dr. Kirsten Tackmann [DIE LINKE]: Das ist ja auch eines der Probleme! Das wissen wir alle, dass es so nicht funktioniert!)

Hochschulen finanzieren sich auch über zeitlich befristete Mittel aus dem Hochschulpakt, dem Qualitätspakt Lehre usw.

Wir dürfen übrigens an dieser Stelle die Länder bei der Diskussion nicht aus der Verantwortung entlassen. Die Landesregierungen sind aufgefordert, eine angemessene Grundfinanzierung für ihre Hochschulen zu ermöglichen, und mein Bundesland Hessen hat im letzten Koalitionsvertrag eine höhere Grundfinanzierung verankert.

Auf die Programme und Anstrengungen des Bundes hat Frau Kemmer ja schon ausreichend hingewiesen. Wir dürfen aber nicht den Fehler machen, befristete Arbeitsverhältnisse im wissenschaftlichen Bereich grundsätzlich mit prekären Beschäftigungsverhältnissen gleichzusetzen. Wir müssen den idealen Weg finden, so viele unbefristete Stellen wie möglich zu haben, ohne die Forschung ihrer notwendigen Flexibilität zu berauben und ohne das Wesen der Projektbezogenheit in der Wissenschaft zu ignorieren.

Die Bundesregierung hat die Evaluierung des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes bereits in Auftrag gegeben; darauf haben die Kolleginnen der Regierungskoalition ja schon hingewiesen. Das heißt, wir sollten jetzt die Ergebnisse abwarten und dann schauen, ob und wie wir reagieren müssen. Die Ergebnisse werden ja von neutraler Stelle mit, so denke ich mal, ideologiefreiem Blick erstellt, und das ist gut so. Es macht von daher wenig Sinn, diesen Ergebnissen jetzt vorzugreifen.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Dagmar Ziegler [SPD])