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Anja Karliczek: Die Forschung ist für die Innovationskraft unserer ganzen Wirtschaft wichtig

Haushaltsgesetz 2018 - Bundesministerium für Bildung und Forschung

Sehr geehrte Frau Bundestagspräsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ein fester Vorsatz ist das wichtigste Instrument für Erfolg. Und ich habe einen festen Vorsatz: Ich möchte die Menschen und unsere Wirtschaft in Deutschland fit für die Zukunft machen; wir sprachen schon darüber. Dabei geht es mir einerseits um den Menschen selbst, um seine individuelle Persönlichkeit und um seine Möglichkeiten, am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben. Eine gute Ausbildung gibt hierzulande jedem die Chance, sich das gewünschte Leben aufzubauen. Andererseits geht es mir bei guter Bildung um Sachinhalte, um Know-how für den Beruf.

Bereits Kinder haben heute ein Smartphone als ständigen Begleiter dabei. Mit Google Maps, Park-App und Banking-App bewegen wir uns durch den Alltag. Wir starten in eine neue Arbeitswelt: Azubis lernen mit Datenbrillen die Montage, fahrerlose Transporter erledigen Logistikaufgaben, Bauteile lösen selbstständig den Reparaturauftrag aus. In allen Bereichen erreichen wir neue technologische Möglichkeiten. Das ist Fakt und unaufhaltsam. Und nur mit Menschen, die bereit sind, hier mitzugehen, bleiben wir als mündige Bürgergesellschaft und als Wirtschaftsnation am Ball. Nur so können wir an der Weltspitze bei Forschung und Innovation bleiben.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Wir brauchen digitale Bildung in den Schulen, in den Berufsschulen, den Hochschulen und darüber hinaus. „Lebenslanges Lernen“ ist mehr als ein Schlagwort. Es ist zur Notwendigkeit des privaten und beruflichen Alltags geworden.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Wenn mich eine Rentnerin anspricht, dass ihr der ganze technische Schnickschnack zu viel wird, dann möchte ich entgegnen können: Keine Sorge, da gibt es jede Menge gute Unterstützung. Wenn mich ein Lehrer fragt, wie er die Jugendlichen auf den neuen Arbeitsmarkt vorbereiten soll, dann möchte ich auf gut ausgerüstete Schulen, einen zukunftsfesten Lehrplan und passende didaktische Lehrmaterialien verweisen können. Deswegen ist – er ist schon angesprochen worden – mir der DigitalPakt so wichtig. Deswegen müssen wir jetzt das Grundgesetz ändern. Deswegen müssen wir jetzt den Nationalen Bildungsrat auf den Weg bringen. Wir brauchen ein Bildungssystem, das MINT-Kenntnisse und kognitive Kompetenzen fördert.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Gute Chancen für unsere jungen Menschen entstehen aus persönlicher Leidenschaft und passenden Rahmenbedingungen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, das sind nur einige wichtige Leitlinien, die ich mit dem Etat des Bundesministeriums für Bildung und Forschung verwirklichen möchte, einem Etat, der in den letzten Jahren beachtliche Aufwüchse erfahren hat. Mit rund 17,6 Milliarden Euro im Jahr 2018 ist er der viertgrößte im Bundeshaushalt. Das zeigt: Wir als Bundesregierung investieren kontinuierlich und verlässlich in Bildung und Forschung und damit in die Zukunft Deutschlands.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Denn Bildung und Forschung benötigen keinen Aktionismus, sondern einen langen Atem, wie wir ihn seit 2005 beweisen und wie ihn auch der Koalitionsvertrag für die kommenden Jahre vorzeichnet. Mir geht es nicht darum, jedes Jahr mehr Geld ausgeben zu können. Mir geht es darum, die Aufgaben, die mit dem Etat verbunden sind, gut erfüllen zu können. Der Staat muss ein verlässlicher Partner sein für die Bürger, die Institutionen und die Unternehmen. Dafür ist der Hochschulpakt, den wir, Bund und Länder, gemeinsam finanzieren, ein gutes Beispiel.

(Nicole Gohlke [DIE LINKE]: Total unterfinanziert!)

So konnten seit 2007 über 900 000 zusätzliche Studienplätze geschaffen werden. Wir haben damit die Hochschulen unterstützt, die doppelten Abiturjahrgänge abzufedern. Jetzt gilt es, den Hochschulpakt mit neuer Intention fortzusetzen. Genügend Kapazitäten in den Hochschulen sind vorhanden. Jetzt setzen wir auf Qualität.

(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Hochschulen sind immer noch unterfinanziert!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen aus dem Ausschuss für Bildung und Forschung und aus dem Haushaltsausschuss, ich danke ganz herzlich dafür, dass Sie bei allen unterschiedlichen Interessen, die wir diskutieren, immer das Ziel vor Augen haben, dass jeder Euro für Bildung und Forschung eine gute Investition in die Zukunft unseres Landes ist.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Bildung und Forschung brauchen genau diesen Grundkonsens und Ihre Unterstützung. Sie können gewiss sein, dass wir als BMBF das uns anvertraute Geld in wirksame Maßnahmen umsetzen.

Lassen Sie mich einige Belege nennen. Eines meiner wichtigsten Anliegen ist es, die berufliche und akademische Bildung als gleichwertige Bildungswege nebenei­nanderzustellen, –

(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Oliver Kaczmarek [SPD])

strukturell und finanziell, aber auch in der Ausstattung. Denn wenn wir es ernst damit meinen, dass jeder junge Mensch den Weg gehen soll, der zu seinen Fähigkeiten und Wünschen passt, dann ist es jetzt höchste Zeit, Aufstiegswege in der beruflichen Bildung zu definieren und zu fördern.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wie wollen wir das machen?

(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das frage ich mich auch!)

Strukturell, indem wir – erstens – die Berufsbildung an Digitalisierungsanforderungen anpassen, – zweitens – die Aus- und Weiterbildung besser miteinander verzahnen

(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie?)

und – drittens – erfolgreiche Aufstiege und Karrieren in der beruflichen Bildung fördern.

(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie?)

Finanziell, indem wir – erstens – einen deutlichen Ausbau des Aufstiegs-BAföG vornehmen, – zweitens – mit einer Palette neuer Initiativen starten, die von einem Bundeswettbewerb zu Innovationsclustern „Berufsbildung“

(Beifall bei der CDU/CSU)

bis hin zu Maßnahmen zur Digitalisierung der Berufsbildung reichen, und – drittens – bewährte Initiativen fortsetzen, die zur Durchlässigkeit beruflicher Bildung in beide Richtungen beitragen, etwa auch Studienabbrecher für die Berufsbildung zu gewinnen.

Wenn ich von Modernisierung der Ausbildung spreche, so darf ein Kernpunkt nicht fehlen, nämlich die Qualifizierung derjenigen, denen wir unsere Kinder anvertrauen. Wir unterstützen die Länder, ihrer Pflicht zur Lehrerweiterbildung nachkommen zu können. Damit machen wir die angehenden Lehrerinnen und Lehrer digital fit und setzen einen Schwerpunkt bei der Berufsschule.

Es ist mir ein persönliches Anliegen, dass unsere Lehrerschaft nicht nur gut aus- und weitergebildet wird, sondern dass ihre Arbeit auch den notwendigen Respekt und Rückhalt durch die politisch Verantwortlichen, aber auch durch die ganze Gesellschaft erfährt.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Doch auch Forschung und Innovation haben wir natürlich im Blick. Mit Förderprogrammen von der Mikroelektronik über die IT-Sicherheit bis hin zur künstlichen Intelligenz

(Dr. Anna Christmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dafür ist doch gar kein Geld da!)

sorgen wir dafür, dass hierzulande die Forschung in Schlüsseltechnologien vorangebracht wird. 910 Millionen Euro stecken wir mit diesem Haushalt in neue Technologien. Das ist ein Plus von über 20 Prozent gegenüber 2017.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Nur wer bei diesen Themen die Nase vorn hat, Innovationen entwickelt, Experten ausbildet und – wichtig – Standards setzt, sichert wirtschaftliches Wachstum, Arbeitsplätze und Lebensqualität.

Ein gutes Beispiel ist insbesondere die Forschungsfabrik Mikroelektronik, die die deutsche und europäische Halbleiter- und Elektronikindustrie im globalen Wettbewerb stärkt. Eine enge Zusammenarbeit zwischen Forschung und Wirtschaft schafft Schnelligkeit und Innovationskraft und stärkt damit die Wettbewerbsfähigkeit.

Wichtig ist mir auch die Gesundheitsforschung; denn Gesundheit betrifft jeden Menschen. Wenn beispielsweise kein Antibiotikum mehr wirkt, dann stehen wir vor riesengroßen Problemen. Deshalb stecken wir gerade so viel Geld in die Gesundheitsforschung. Dazu gehört unter anderem die Krebsforschung; denn diese Krankheit belastet beispielsweise ganze Familien über sehr, sehr lange Zeiträume.

Forschung ist also für den Einzelnen wichtig, aber auch für die Innovationskraft und damit für die Wettbewerbsfähigkeit unserer ganzen Wirtschaft. Deutschland zählt zu den innovativsten Ländern der Welt. Im letzten Global Innovation Index lag die Bundesrepublik auf Rang neun. Nachweislich sind die Entwickler hierzulande kreativ und leistungsfähig. Doch Fakt ist auch: Die Innovationskraft ist regional unterschiedlich ausgeprägt. Im Mittelstand muss sie gestärkt werden. Und: Wir entwickeln hierzulande hauptsächlich inkrementelle Innovationen. Deshalb brauchen wir mehr Dynamik, mehr Mut. Das ist eben nicht nur eine Frage von monetärer Förderung, sondern ganz klar auch von kluger Strategie und Kulturwandel.

(Beifall bei der CDU/CSU)

2019 werden wir deshalb eine Agentur für Sprunginnovationen einrichten, um bei der Innovationskraft unseres Landes mehr PS auf die Straße zu bringen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Christoph Meyer [FDP]: Aha!)

Denn um neue Märkte zu erschließen, brauchen wir mehr große technologische Sprünge statt kleiner Schritte.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Lieber Herr Sattelberger, vor kurzem haben Sie etwas despektierlich davon gesprochen, dass wir uns in Deutschland mit den Forschungseinrichtungen „fette Katzen“ herangezüchtet hätten. Dem möchte ich ganz deutlich widersprechen. Die „Katzen“ Leibniz, Max Planck, Fraunhofer und Helmholtz sind äußerst beweglich und innovativ. Die dürfen wir nicht auf Diät setzen. Mit der Agentur für Sprunginnovationen wollen wir vielmehr einen Schnüffelhund freilassen, der über die klassische Forschungsleistung hinaus visionäre Ideen verfolgen kann: durch mehr Freiräume und durch zusätzliche Mittel.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Ein weiteres wichtiges Zukunftsthema ist die künstliche Intelligenz. Wenn Roboter und intelligente Software immer mehr Aufgaben für die Menschen übernehmen, hat das enorme Auswirkungen auf die Wertschöpfung und auf den Arbeitsmarkt. In der Grundlagenforschung der künstlichen Intelligenz ist die deutsche Wissenschaft dank dem DFKI und den oben genannten „Katzen“ schon weit vorangeschritten. Jetzt erarbeiten wir gerade eine Gesamtstrategie für künstliche Intelligenz.

(Dr. h. c. Thomas Sattelberger [FDP]: Das saß offensichtlich!)

Das heißt: gemeinsam Projekte definieren, Einrichtungen vernetzen und Transferstrukturen schaffen. Dabei stimmen wir uns eng mit den europäischen Partnern ab, insbesondere mit Frankreich.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, seit über einem Jahrzehnt genießt die deutsche Bildungs- und Forschungspolitik hohe Priorität. Deshalb steht Deutschland hervorragend da.

(Lachen des Abg. Jürgen Braun [AfD])

Doch der innovative Wettbewerb weltweit geht weiter. Wichtig ist, dass die Innovationspipeline im Land immer gut gefüllt bleibt. Das heißt, dass wir noch schneller und noch besser werden müssen. Das heißt, dass wir viel investieren müssen. Dabei geht es aber nicht immer nur um staatliches Geld. Wir brauchen das Miteinander von Wissenschaft und Wirtschaft. Investitionen in Bildung und Forschung schaffen genau den Mehrwert, den unsere Gesellschaft jetzt braucht. Unser Haushalt – mein Fachbereich – ist eine solide Grundlage, um diese Themen zu gestalten.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)