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Bernhard Loos: Statt einer emotional geführten Debatte ist eine sachliche, an Fakten orientierte Analyse notwendig

Rede in der Aktuellen Stunde zu erneuten Steigerungen bei Rüstungsexporten

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn man neu ist, hat man einen ganz großen Vorteil: Man erkennt mit natürlichem Verstand, dass hier mancher Stuss erzählt wird.

(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD – Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Bei der ersten Rede haben wir auch schon Besseres gehört!)

– Gerade diese Fraktion hat es nicht gelernt, einmal zuzuhören.

(Katharina Dröge [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Doch! Deshalb kommentieren wir Sie ja!)

Ein bisschen staad sein, wäre nicht schlecht. Sie müssen einfach einmal lernen, zuzuhören.

Diese Aktuelle Stunde erinnert an den bekannten Loch-Ness-Effekt, nur dass von der Linken heute versucht wird, anstatt Nessie ein Rüstungsungeheuer Deutschland auftauchen zu lassen, das es, wie Nessie, bei genauerem Hinsehen gar nicht gibt.

(Katja Keul [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Na, an den Stuss haben Sie sich ja schnell gewöhnt!)

Wie ich feststellen muss, reichen sich hier die Fraktionen ganz links und ganz rechts die Hände. Das ist ein doch zu durchsichtiges Vorgehen, das allein dazu dient, auf populistische Art und Weise Aufmerksamkeit zu erregen.

(Zuruf von der LINKEN: Ja, klar doch! – Katharina Dröge [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Können Sie sich mal mit der Sache beschäftigen?)

Meine Damen und Herren von der Opposition, statt einer emotional geführten Debatte ist eine sachliche, an Fakten orientierte Analyse notwendig.

(Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann fangen Sie mal damit an! – Katharina Dröge [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Fakten haben wir von Ihnen noch nicht gehört!)

– Ich habe Ihnen schon gesagt: Ein bisschen staad sein und zuhören, schadet manchmal nicht.

Die Ausfuhr aller Rüstungsgüter ist genehmigungspflichtig. Bei allen Ausfuhrgenehmigungen werden von der Bundesregierung die öffentlich bekannten außen-, sicherheits- und menschenrechtspolitischen Aspekte im Rahmen des Kriegswaffenkontrollgesetzes, der Außenwirtschaftsverordnung, der Politischen Grundsätze der Bundesregierung und des Gemeinsamen Standpunktes des Rates der EU sorgfältig abgewogen. Die Vorlage des Rüstungsexportberichts 2016 sowie des Zwischenberichts für die ersten vier Monate des Jahres 2017 sorgen für eine besondere Transparenz der Rüstungsexportpolitik – ein hohes Gut der parlamentarischen Kontrolle.

Der erträumte außenpolitische Idealzustand wäre sicherlich eine Welt, in der kriegerische Auseinandersetzungen allein durch politische Lösungen auf dem Verhandlungswege ersetzt würden. Wir alle wollen in einer friedlichen Welt leben. Die Realität zeigt jedoch – und das jeden Tag –: Frieden ist ohne Sicherheit und damit in der Konsequenz ohne wirksame Abschreckung mit Waffen reine Utopie.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Innerhalb der NATO und der EU arbeitet Deutschland eng mit seinen Partnern für Sicherheit, Frieden und Freiheit zusammen. Aber Sicherheitspartnerschaften beruhen auf Gegenseitigkeit. Das bedeutet auch, dass man gegenseitig Verteidigungstechnologien nutzbar macht. Um dies umzusetzen, sind Rüstungsexporte aus Deutschland an EU-, NATO- und NATO-gleichgestellte Länder für uns selbstverständlich und notwendig.

In Zahlen heißt dies, dass 46,4 Prozent der 2016 erteilten Einzelgenehmigungen mit einer Gesamthöhe von 6,85 Milliarden Euro an Verbündete geliefert wurden und 3,67 Milliarden Euro auf Drittländer entfielen. Die Gesamthöhe war 13 Prozent niedriger als 2015. Im ersten Drittel des Jahres 2017 wurden Einzelgenehmigungen in einer Höhe von 2,42 Milliarden Euro erteilt – im Vergleich zum Vorjahreszeitraum fast 30 Prozent weniger, bei einer ähnlichen Drittländerquote von 54,3 Prozent. Laut dem Stockholmer Friedensforschungsinstitut SIPRI sind die Rüstungsexporte Deutschlands im globalen Vergleich im Zeitraum 2012 bis 2016 um sage und schreibe 36 Prozent zurückgegangen, während – das muss man dagegensetzen – das globale Rüstungsexportvolumen um 8,4 Prozent zunahm. Unter den 20 größten export­orientierten Nationen fiel der Anteil Deutschlands an den globalen Rüstungsexporten in den vergangenen Vergleichszeiträumen von 9,4 Prozent auf 5,6 Prozent. Die Tatsache, dass laut dem gleichen Bericht der Genehmigungswert einer Fregatte für Algerien mehr als ein Viertel des gesamten Jahresgenehmigungsvolumens für Drittländer ausmacht, zeigt, wie trügerisch der einfache Blick auf statistische Zahlen ist.

Andere Beispiele aus der Vergangenheit machen ebenso deutlich, worum es eigentlich geht. Ich denke durchaus auch an den Krieg in Syrien. So half und hilft zum Beispiel die Lieferung von Waffen an die Peschmerga im Kampf gegen die Terrororganisation IS in Syrien und im Irak und konnte dort Hunderttausende Jesiden und andere Menschen vor Versklavung und Tod retten.

Die künftigen restriktiven Maßnahmen, die wir im Bereich Rüstungsexport ergreifen, zeigen ganz klar, in welche Richtung wir gehen. Im Koalitionsvertrag steht – das möchte ich am Schluss zitieren –:

Wir schränken die Rüstungsexporte für Drittländer weiter ein, die weder NATO noch Mitgliedsländer sind, noch diesen gleichgestellt. Ergänzend zu den Kleinwaffengrundsätzen vom Mai 2015 sollen Kleinwaffen grundsätzlich nicht mehr in Drittländer exportiert werden. Wir schärfen noch im Jahr 2018 die Rüstungsexportrichtlinien aus dem Jahr 2000 und reagieren damit auf die veränderten Gegebenheiten.

Ganz zum Schluss: Es kommt also darauf an, eine verantwortungsbewusste Rüstungsexportpolitik zu betreiben, die einen Ausgleich schafft zwischen notwendiger strenger Exportkontrolle, der Wahrung der außen- und sicherheitspolitischen und wehrtechnischen Interessen unseres Landes sowie der Wahrnehmung der wachsenden sicherheitspolitischen Verantwortung Deutschlands in der Welt. Dieser Verantwortung werden wir gerecht.

Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Florian Post [SPD])