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Axel Müller: "Die Weitergabe von Bestandsdaten brauchen eine eigene Rechtsgrundlage"

Rede zur Regelungen über die Bestandsdatenauskunft

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Anders als der Kollege Dr. Wirth von der AfD möchte ich keine Büttenrede halten, sondern mich in der Debatte über die Anpassung der Bestandsdatenauskunft an die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 27. Mai des vergangenen Jahres auf vier Punkte beschränken: Erstens. Was ist da geschehen? Zweitens. Aus welchem Grund ist es geschehen? Drittens. Was muss beachtet werden? Viertens. Erreichen wir das mit dem vorgelegten Gesetzentwurf?

Das Erste – die Kollegin Warken hat es schon erläutert –: Das Bundesverfassungsgericht hat in dieser Entscheidung § 113 des Telekommunikationsgesetzes und verschiedene Fachgesetze, die die Nachrichtendienste und Sicherheitsbehörden begünstigen, für verfassungswidrig erklärt. Es geht dabei um den Zugriff auf die sogenannten Bestandsdaten, die einerseits das Vertragsverhältnis zwischen Nutzer und Anbieter betreffen und andererseits die beweglichen IP-Adressen, die insbesondere bei strafrechtlichen Ermittlungen von großer Bedeutung sind.

Daher liegt nun ein Gesetzentwurf vor, der „Reparaturgesetz“ genannt wird. Ich finde, das ist ein guter Begriff, Herr Kollege von Notz; denn wir haben es nicht mit einem Totalschaden zu tun, wie Sie ihn hier dargestellt haben.

(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nur mit einem kaputten Gesetz!)

Vielmehr sagt das Bundesverfassungsgericht, bei den begehrten Auskünften handele es sich um ein Auskunftsrecht von „gemäßigtem Eingriffsgewicht“.

Warum ist das bisherige Gesetz für verfassungswidrig erklärt worden? Die Kollegin Warken hat auch darauf hingewiesen, dass wir seit dem Volkszählungsurteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahre 1983 wissen, dass das allgemeine Persönlichkeitsrecht in Verbindung mit dem Grundrecht auf den Schutz der Menschenwürde auch die Selbstbestimmung des Menschen beinhaltet, über seine Daten selbst zu entscheiden, also darüber, ob er sie preisgibt oder der Verwendung zugänglich macht, spezialgesetzlich geregelt gemäß Artikel 10 des Grundgesetzes über das Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis. Der bisherige § 113 TKG und die genannten Fachgesetze haben das zu wenig berücksichtigt; das war nicht ausreichend. Die Weitergabe von Bestandsdaten bzw. ein Auskunftsanspruch der Sicherheitsbehörden brauchen eine eigene Rechtsgrundlage, die sich am Maßstab des betroffenen Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung orientiert.

Was muss man also bei der Reparatur beachten? Da hat das Bundesverfassungsgericht eine ganz konkrete Reparaturanleitung gegeben. „Anlass, Zweck und Umfang des jeweiligen Eingriffs sind … durch den Gesetzgeber bereichsspezifisch, präzise und normenklar festzulegen“, heißt es in der Entscheidung. Deshalb muss man auch nicht darüber hinausgehen, Herr Kollege Höferlin, sondern man muss sich an diese Vorgabe halten. Das Ganze muss natürlich verhältnismäßig sein.

Wir sind vom ursprünglichen Zweck des Bestandsdatengesetzes natürlich abgewichen – das muss man wissen –; denn die Daten zur Gestaltung des Vertragsverhältnisses sind ja weniger als das, was wir wollen. Wir wollen darüber hinausgehend Informationen für die Sicherheitsbehörden gewinnen. Das heißt dann ganz konkret, dass man sich hinsichtlich des Eingriffsanlasses auf tatsächliche Anhaltspunkte stützen muss, um diese Auskünfte einholen zu können. Einen Datenvorrat ohne einen konkreten Verdacht, eine konkrete Gefahr darf es nicht geben. Es ist deshalb in diesen Neufassungen die konkrete Gefahr benannt, die bestehen muss, um einen Eingriff vorzunehmen. Es muss bei einer Straftat ein Anfangsverdacht bestehen.

Nun die Schlussfrage: Erreichen wir das alles mit dem vorgelegten Gesetzentwurf? Ich habe es bereits beantwortet: Ja, das machen wir. TKG und Fachgesetze schaffen nun die Grundlage für eine verfassungskonforme Anwendung. Das gilt auch für das hier bereits genannte und gescholtene Gesetz zur Bekämpfung des Rechtsextremismus und der Hasskriminalität.

Es bedarf dazu auch keines zweistufigen Verfahrens, wie die Grünen das wollen. Das geht an der Praxis auch vorbei, da ein solches zweistufiges Verfahren wegen der in Anspruch genommenen Dauer zu einem unwiederbringlichen Verlust an Informationen und Daten führen würde.

Dazu kann ich nur den Schlusssatz anmerken. Herr Habeck hat auf der letzten Klausur der Grünen gesagt, dass man einen Staat wolle, in dem sich die Menschen wohlfühlen – einen Wohlfühlstaat wollen die Grünen. Dazu möchte ich angesichts dieser Gesetzesfassung, die Ihnen vorschwebt, sagen: Vielleicht hat er da ganz unbewusst leider Gottes auch die Straftäter einbezogen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)