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Roderich Kiesewetter: Wir sehr ehrlich und offen mit der israelischen Lage umgehen

Redebeitrag zur Nahostpolitik

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst danke ich für die sehr ausgewogene und inhaltsreiche Debatte. Worüber wir heute sprechen und nachher auch abstimmen, muss uns bewegen; denn wir leben in der Gunst eines großen Geschenks: Das ist die deutsch-israelische Freundschaft, die uns Israel gewährt – trotz der Shoah. An dieser Stelle gilt, dass wir auch der neuen israelischen Regierung, die nach langem Ringen endlich zustande kam, gratulieren und ihr nur das Allerbeste wünschen. Meine letzte Reise nach Israel endete am 1. März, am Vortag der Wahlen. Wir alle haben das Ringen um Mehrheiten in Israel in den letzten Monaten erlebt.

Gerade dieses Geschenk der Freundschaft muss uns auch bewegen in der Frage: Was bedeutet die israelische Sicherheit für uns, und was bedeuten die möglichen Annexionspläne für Israels Sicherheit? Jürgen Hardt hat es vorhin angesprochen: Wir müssen uns als engste Freunde in Europa und vielleicht auch in der Welt intensiv Gedanken machen und sehr ehrlich und offen mit der israelischen Lage umgehen. Eine Annexion der Westbank würde geltendes Völkerrecht brechen; das haben wir hier sehr klar angesprochen. Es würde aber auch die Sicherheit Israels gefährden, und es würde die Sicherheit Jordaniens gefährden. Wir können es auch nicht zulassen, dass Jordanien aus innenpolitischen Verwerfungen daran zerbricht. Dann wäre auch die Sicherheit Israels gefährdet.

Wir wollen doch, dass Israel als demokratischer und jüdischer Staat in sicheren und anerkannten Grenzen eine Perspektive hat. Diese Perspektive zu schaffen, ist in erster Linie Angelegenheit Israels. Dies zu unterstützen, ist auch unsere Aufgabe, weil wir für Sicherheit in der Region sorgen müssen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wir sollten auch in dieser gespaltenen israelischen Gesellschaft immer wieder deutlich machen, dass das internationale Recht eine Stärkung von Israels Sicherheit bedeutet.

Deshalb möchte ich abschließend drei Appelle richten: erstens an die israelische Regierung, an der verhandelten Zweistaatenlösung festzuhalten und keine einseitigen Schritte vorzunehmen und zugleich auf die palästinensischen Behörden zuzugehen.

Meinen zweiten Appell richte ich an die palästinensischen Behörden, dass sie an einer friedlichen Konfliktlösung interessiert sind, dass sie auf die extremistischen Kräfte in ihren Reihen einwirken und alles tun, dass die palästinensischen Repräsentanten wieder Legitimität gewinnen, dass Wahlen vorbereitet werden, sodass von keiner Seite mehr die Prozesse, die notwendig sind, um Wahlen in den palästinensischen Gebieten durchzuführen, verhindert werden können. Die Palästinenser sind auch aufgefordert, nicht nur oberflächliche Kurzpapiere vorzulegen, sondern eigene Vorschläge und Pläne zur Friedenslösung. Das ist das A und O. In den Gesprächen mit Erekat und Schtajjeh wurde zwar immer deutlich, in welcher Resignation sie leben, aber jeder von uns, der die beiden und andere auf der palästinensischen Seite trifft, muss klarmachen, dass Schuldzuweisungen nicht helfen, sondern die Palästinenser auch selber tätig werden müssen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Der dritte Appell – unser Außenminister hat es sehr klar angesprochen – geht schon in Richtung Exekutive und ist eine Mahnung. Unser Antrag heute enthält nicht nur zwischen den Zeilen sehr viele konkrete Vorschläge. Unsere Bitte ist, dass die Bundesregierung diese auch von vielen Kolleginnen und Kollegen außerhalb der Koalitionsfraktionen mitgetragenen Vorschläge eins zu eins umsetzt, und das nicht nur in der EU‑Ratspräsidentschaft und im Weltsicherheitsrat, sondern dauerhaft. Das wäre eine wahre Leistung, die wir erbringen, um uns der Freundschaft Israels würdig zu erweisen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)