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Paul Ziemiak: Wir brauchen jetzt weiter internationalen Druck

Redebeitrag in der aktuellen Stunde zum Kampf der Menschen für Demokratie und nationale Souveränität in Belarus

Herr Herdt, erst einmal kann ich Ihnen eine gute Nachricht überbringen: Ich werde mich persönlich bei Herrn Putin dafür einsetzen, dass Sie in diesem Jahr den Sonderpreis für die beste Auslandspropaganda für den Kreml bekommen; den haben Sie sich verdient.

(Dr. Alexander Gauland [AfD]: Herr Ziemiak, das ist doch Schwachsinn! Die Rede war nicht so!)

– Herr Gauland, ja, Sie haben eine harte Konkurrenz: Viele Beiträge der Linksfraktion sind auch bereits nominiert worden für diesen Preis. Insofern können Sie vielleicht eine gemeinsame Reise nach Moskau unternehmen, AfD und Linksfraktion Hand in Hand, und dann Ihren Dank und Lob und Preis abholen im Kreml.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Michel Brandt [DIE LINKE]: Haben Sie auch etwas zur Sache zu sagen oder nur solchen Käse?)

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe vor einigen Wochen Swetlana Tichanowskaja in Vilnius getroffen. Ich habe – dieses Treffen hat mich tief bewegt – eine Frau getroffen, die vom Diktator Lukaschenko ins Exil getrieben wurde. Ich habe eine Mutter getroffen, die einfach in Sorge ist um ihre beiden kleinen Kinder. Ich habe eine Ehefrau getroffen, die Ehefrau eines friedlichen Demokraten, der auf die Straße gegangen ist, um für Freiheit und Demokratie zu werben, und der in den Folterkellern von Lukaschenko gelandet ist. Gleichzeitig habe ich eine mutige Frau getroffen, die voller Hoffnung und Zuversicht ist, dass wir – wir alle in der internationalen Gemeinschaft – dieses Land Belarus nicht aus den Augen verlieren und die Menschen dort dabei unterstützen, sich für Frieden und für Freiheit, Demokratie und Menschenrechte einzusetzen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Wir haben in diesen Tagen – das bewegt uns alle – in der Berichterstattung gesehen, wie sich Nina Baginskaja, eine 73 Jahre alte Frau, für Menschenrechte und für Freiheit mutig einsetzt, schon seit 1988, friedlich mit der weiß-rot-weißen Fahne. Und der Außenminister hat Marija Kolesnikowa erwähnt, eine mutige Frau – wie viele Frauen übrigens jetzt zum Gesicht dieser Bewegung in Belarus geworden sind –, die am helllichten Tage verschleppt wurde und in die Ukraine ausgewiesen werden sollte und ihren Pass zerriss, um im Land zu bleiben, und dann im Gefängnis landete. Sie hat einer deutschen Zeitung gesagt – mit Erlaubnis der Präsidentin darf ich zitieren –:

Der Mauerfall in Deutschland hat der ganzen Welt bewiesen, wie eine Diktatur gestoppt werden kann und wie groß die Kraft des friedlichen Protests ist. Wir wollen das in Belarus mit friedlichen Demonstrationen ebenso schaffen.

Deswegen ist es richtig und wichtig, dass wir heute in dieser Aktuellen Stunde über Belarus, über die Vorkommnisse, die es dort gibt, sprechen.

Es ist wichtig, dass wir internationale Aufmerksamkeit schaffen. Wir brauchen Solidarität. Aber nur Gesten der Solidarität sind zu wenig, es braucht entschlossenes Handeln. Deswegen war es richtig, dass der Europäische Rat die Wahl Lukaschenkos nicht anerkannt hat. Wahlfälscher dürfen keine Wahlsieger sein!

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Deswegen brauchen wir jetzt weiter internationalen Druck, das heißt auch Sanktionen gegen diejenigen, die verantwortlich sind für die Gewalt, für das Umfeld von Lukaschenko. Ich bitte die Bundesregierung, hier Druck zu machen in den kommenden Tagen. Herr Außenminister, auch Herr Lukaschenko gehört auf diese Liste; das will ich hier im Plenum ganz deutlich sagen.

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es gibt einige Reaktionen, die mich doch sehr verwundern, zum Beispiel eine Pressemitteilung von Andrej Hunko von der Linksfraktion vom 11. August, in der er sagt – mit Erlaubnis der Präsidentin darf ich zitieren –:

Es ist beschämend, dass den Expertinnen und Experten für Außenpolitik von Union, SPD, Grünen und FDP nicht mehr einfällt, als immer neue EU-Sanktionen zu fordern.

(Beifall des Abg. Andrej Hunko [DIE LINKE])

– Sie klatschen auch noch! – Wissen Sie, was beschämend ist? Dass Sie keine Antwort darauf haben, wenn Menschen verschleppt werden, gefoltert werden, wenn ein Unrechtsregime gegen friedliche Demonstranten vorgeht. Und dann sagen Sie: Beschämend ist es, diese Menschen zu sanktionieren. – Herzlichen Glückwunsch! Wissen Sie was – ich muss es leider sagen in Richtung der Grünen und auch der SPD –: Sie wollen tatsächlich mit dieser Partei in Zukunft koalieren; das ist Ihr großer Wunsch. Wenn Sie das tun würden, wenn Sie wirklich mit diesen Leuten koalieren würden:

(Zuruf des Abg. Frank Schwabe [SPD])

Das wäre eine außenpolitische Insolvenzerklärung der Bundesrepublik Deutschland.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Widerspruch bei der LINKEN)

– Jetzt regen Sie sich auf, Sie von der Linksfraktion. Ja, Sie haben mehr kritische Worte für deutsche Polizistinnen und Polizisten über als für die Sicherheitskräfte von Herrn Lukaschenko.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)

Schauen Sie sich mal Ihre Pressemitteilungen an!

Wir brauchen Dialog, selbstverständlich brauchen wir Dialog. Und natürlich brauchen wir auch Dialog mit Russland. Aber wir brauchen auch klare Vorstellungen, wofür wir uns einsetzen. Lukaschenko und sein Regime – übrigens auch viele im Kreml –, die fürchten doch nicht den Westen, die fürchten doch auch nicht die NATO. Das Schlimmste, wovor sie am meisten Angst haben – übrigens auch eine Parallele zu früher, zum Politbüro der SED usw. –, sind für sie freie Wahlen ihrer eigenen Bevölkerung. Insofern gibt es ja auch bei der AfD eine Parallele mit Belarus.

Vizepräsidentin Petra Pau:

Kollege Ziemiak, achten Sie bitte auf die Zeit.

 

Paul Ziemiak (CDU/CSU):

Auch Sie sprechen nicht für die Mehrheit der Bevölkerung.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Dr. Alexander Gauland [AfD]: Sie waren schon mal besser, Herr Ziemiak! Ich kannte Sie schon mal viel besser!)