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Michael Brand: "Wir müssen mit Russland Klartext reden"

Konsequenzen der Bundesregierung aus den jüngsten gewaltsamen, willkürlichen und repressiven Entwicklungen

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Natürlich müssen wir mit Russland reden. Aber wir müssen mit Russland jenseits der Kooperation endlich auch Klartext reden.

Zu Recht hat sich die Welt aufgeregt über den perfiden Mordanschlag von Putins Schergen auf seinen Kritiker Nawalny. Zu Recht gab es Sanktionen, als Putin zum ersten Mal seit Ende des Zweiten Weltkrieges ein fremdes Land überfallen hat und bis heute Teile davon dauerhaft besetzt hält. Zu Recht reagieren wir auf Putins politische Repression in Russland. Selbst Menschenrechtsorganisationen werden inzwischen offiziell als „ausländische Agenten“ eingestuft. NGOs werden in Putins System sogar aufgelöst. Das dient der Diskreditierung, der Einschüchterung, der Ausschaltung jeglicher kritischer Geister.

Aber: Russland ist nicht gleich Putin. Eine neue, junge Generation geht mutig auf die Straße, so wie wir das in diesen Tagen sehen. Andere reihen sich ein – gegen das Regime. Nawalny hat in Russland die gefährliche Wahrheit in die Öffentlichkeit gebracht. Gerade das macht ihn populär und das Regime so unpopulär und für Putin Nawalny so gefährlich.

In Russland hat der ehemalige KGB-Agent an fast allen wichtigen Schaltstellen des Staates und der Wirtschaft alte, korrupte Kameraden installiert. Was noch gefährlicher ist als diese inneren Entwicklungen, ist Putins unerklärter Krieg gegen Demokratie und Menschenrechte in seinem eigenen Land und Putins digitaler Krieg gegen die westlichen Demokratien. Es geht um einen, wie es im militärischen Jargon heißt, „all-out war“, um einen „totalen Krieg“ gegen die Demokratie, die er hasst. Wir müssen also diesem totalen Krieg gegen Demokratie und Menschenrechte vor allem eines entgegensetzen: eine unzweideutige, klare Haltung.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Wir haben Demokratie und Freiheit in den Zeiten des Kalten Krieges nicht deshalb bewahrt und ihn am Ende auch gewonnen, weil wir durch Feigheit und mangelndes Rückgrat aufgefallen wären. Rückgrat ist hier auch im Parlament nicht jedermanns Sache. Die Fraktion Die Linke versucht, selbst im Fall Nawalny Moskau weißzuwaschen – in Person von Herrn Gysi –, ausgerechnet Putin in Schutz zu nehmen und Verschwörungen zu wittern.

Und da treffen sie sich mit den Genossen hier auf der rechten Seite, mit der AfD. Bei diesem Versuch, Putins Destabilisierungsstrategie, wollen sie natürlich dabei sein; das ist doch klar.

(Zurufe von der AfD)

Da ist Herr Hampel: Wie ein Zwerg lässt er sich vom Außenminister in Russland feiern. Wenn es nicht so bitter wäre, müsste man darüber lächeln. Aber eines muss man natürlich sagen: Wir wissen auch über die Finanzflüsse aus Moskau nach Deutschland zur AfD.

(Lachen bei der AfD – Armin-Paulus Hampel [AfD]: Witzbold!)

Deswegen ist eins wahr: Eine Gruppe von Agenten, die Putin in Deutschland bezahlt, heißt AfD.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Auch deshalb steht sie völlig zu Recht unter dem Verdacht, eine fünfte Kolonne Moskaus zu sein. Ihre Reaktionen zeigen das ja: Getroffene Hunde bellen!

Das muss man sich mal klarmachen: den Zynismus Putins und seine Entschlossenheit im Kampf gegen die westlichen Demokratien, dabei hat der Ex-Agent null Schmerzen, deutsche und europäische Rechtsextremisten zu finanzieren.

Der neue amerikanische Präsident Joe Biden hat in der letzten Woche endlich Klartext gesprochen, den Putin versteht. Und wir haben hoffentlich auch verstanden. Wir sind längst in einem Wettkampf um eine neue Ordnung, um Demokratien oder autoritäre Staaten. Es ist Zeit, endlich mit Klarheit statt mit Opportunismus zu agieren. Die Formel lautet: Kooperation, wo möglich, Konfrontation, wo nötig. Biden macht es vor.

(Lachen bei der AfD)

Man darf Aggression nicht ohne Konsequenzen durchgehen lassen. Annexion Krim, Ukraine, Nawalny, Auftragsmord im Tiergarten, Hackerangriffe gegen den Bundestag, aktuell Ausweisungen gegen EU-Diplomaten – das ist eine ganze Reihe von gezielten Aggressionen gegen uns und andere. Deswegen, liebe Kolleginnen und Kollegen, darf man auch beim Thema Nord Stream 2 gerade jetzt nicht einfach nur weitermachen, als ob nichts gewesen wäre.

(Beifall bei der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ja, Gesprächsfäden zu nutzen, das ist absolut richtig, Russland die Chance geben, Verhalten zu ändern, ja. Aber alles das spricht für ein Moratorium, bis geklärt ist, ob Russland uns als nützliche Idioten missbraucht, damit wir Putins aggressive Ziele auch noch finanzieren – gegen unsere Partner und Alliierten in Osteuropa, gegen unsere Partner in Südosteuropa und gegen uns direkt.

(Pascal Meiser [DIE LINKE]: Die Amerikaner!)

Man muss sich das einmal vorstellen – ich kann es Ihnen, dem SPD-Koalitionspartner, auch nicht ersparen –: eine landeseigene Umweltstiftung, zu 99 Prozent finanziert von Nord Stream 2 AG, das heißt Gazprom, und das heißt am Ende auch über 50 Prozent russischer Staat. Wer da noch behauptet, es würde sich um ein rein privatwirtschaftliches Projekt handeln, der will die Leute für dumm verkaufen.

(Beifall bei der CDU/CSU, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Pascal Meiser [DIE LINKE]: Das ist die Wahrheit! Sie haben zugestimmt!)

Wenn Frau Schwesig sich da noch unverschämterweise hinstellt – ich muss es sagen; Herr Schröder lässt grüßen –, kann man natürlich eines sagen: Diese Räder sind nun wirklich gut geschmiert.

(Helin Evrim Sommer [DIE LINKE]: Sie haben doch zugestimmt! Das ist nun wirklich unverschämt!)

Abschließend: Gemeinsam mit Joe Biden müssen wir in diesem und in den kommenden Jahren Putin den Preis zeigen, den er für seine Morde und seine immer aggressiveren Aktionen zu zahlen hat. Das, liebe Freunde, ist die einzige Sprache, die er versteht. Die Zivilgesellschaft in Russland hat eine Erwartung an uns: dass wir nicht faule Kompromisse machen, für die die Mutigen in Russland den Preis zahlen.

Danke.

(Beifall bei der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Pascal Meiser [DIE LINKE]: Nawalny ist ein Rechtsextremer, den Sie beschützen! – Zurufe von der AfD: Das war Ihre Regierung! – Sechs, setzen!)