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Mark Helfrich: "Der European Green Deal ist ein Vorhaben von historischer Tragweite"

Rede zum Arbeitsprogramm 2020 der Europäischen Kommission

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die größte Herausforderung und Verantwortung Europas besteht darin, alles zu tun, damit unser Planet wieder gesund wird.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Das ist die entscheidende Aufgabe unserer Zeit.

Die Erderwärmung, die Erschöpfung unserer natürlichen Ressourcen und das Aussterben von Tier- und Pflanzenarten gefährden Sicherheit und Wohlstand Europas und der Welt. Der European Green Deal ist Europas Reaktion darauf. Er ist nicht nur eines der sechs Ziele, die die Kommission mit ihrem Arbeitsprogramm ins Auge fasst; er ist das Ziel Europas.

Kernelement des Green Deal ist es, Europa bis 2050 klimaneutral zu machen. Europas Staaten sollen dann nicht mehr Treibhausgase ausstoßen, als sie durch Ausgleichsmaßnahmen binden können. Zu diesen zählen beispielsweise die Aufforstung von Wäldern, die CO2-Speicherung oder, noch besser, die CO2-Nutzung. Deshalb soll Europa aus der Kohlenutzung aussteigen und seinen Energiemix aus erneuerbaren Quellen beziehen.

(Lachen des Abg. Karsten Hilse [AfD])

Auf dem Weg zur Klimaneutralität soll nach den Vorstellungen der Kommission der Ausstoß von Treibhausgasen bis 2030 noch mal deutlich reduziert werden, um 50 bis 55 Prozent gegenüber 1990.

(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist ja eine gute Idee!)

Die angestrebte Klimaneutralität Europas soll durch Maßnahmen flankiert werden, die nicht weniger als einen Komplettumbau von Industrie, Energieversorgung, Verkehr und Landwirtschaft bedeuten. Zu diesen zählen im Bereich der Mobilität strengere CO2– und Abgasgrenzwerte für Flotten sowie eine stärkere Förderung der Elektromobilität.

(Dr. Franziska Brantner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Auch eine gute Idee!)

Was wir jedoch nicht vergessen dürfen: Die Automobilbranche befindet sich in einem Veränderungsprozess, der nicht in einem Strukturbruch enden darf.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Dafür braucht die Branche vor allem Planungssicherheit.

Vizepräsidentin Petra Pau:

Kollege Helfrich, gestatten Sie eine Frage oder Bemerkung des Abgeordneten Hebner?

 

Mark Helfrich (CDU/CSU):

Ich würde gerne weiter ausführen. – Zudem sollen nachhaltige alternative Kraftstoffe wie Biokraftstoffe und Wasserstoff verstärkt im Luft- und Schwerlastverkehr gefördert werden – Anwendungsbereiche, in denen eine Elektrifizierung absehbar nicht möglich ist.

Mir persönlich geht dieser Plan der EU-Kommission nicht weit genug. Vor allem Wasserstoff hat das Zeug, zentraler Baustein der Lösung für das Klimaproblem und für die Energiewende zu werden. Gerade im Mobilitätsbereich können Wasserstoff und daraus hergestellte synthetische Kraftstoffe eine ernsthafte Alternative zur Elektromobilität sein, wenn die europäische CO2-Flottenregulierung angepasst wird.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)

Zudem bietet Wasserstoff die Möglichkeit, Solar- und Windenergie langfristig zu speichern und auch zu importieren.

(Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

– Ja, ich weiß, dass Sie mit dem Thema „gasförmige Energieträger“ ein Problem haben; aber das werden wir heute nicht lösen können.

(Widerspruch beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, Europa kann mit einer wasserstoffbasierten Wirtschaft weltweit führend werden.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Entsprechend sieht der Green Deal vor, die Stahlindustrie bis 2030 auf eine saubere Stahlerzeugung mit Wasserstoff vorzubereiten. Denn wenn im Jahr 2050 die Industrie in Europa sauber sein soll, beginnen bereits heute die letzten Investitionszyklen für eine Umstellung. Aber es darf keinen europäischen Alleingang geben; denn sonst gefährden wir die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie. Diese Gefahr ist real. Wenn es für energieintensive Produzenten zu teuer wird, in Europa zu produzieren, werden diese Unternehmen den Kontinent verlassen. Deshalb braucht die Industrie große und vor allem verlässliche Mengen an erneuerbarem Strom zu international wettbewerbsfähigen Preisen.

(Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Warum verhindern Sie das?)

Wir brauchen einen europäischen Industriestrompreis.

(Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist ja megaabsurd!)

Um eine CO2-bedingte Abwanderung der Industrie zu vermeiden, plant die Kommission zudem einen CO2-Grenzausgleich. Denn wenn außereuropäische Länder Klimaschutz nicht ernst nehmen, muss Wettbewerbsgleichheit eben an der Grenze zu Europa entstehen. Allerdings habe ich Zweifel, ob ein solcher CO2-Grenzausgleich zu realisieren ist. Denn wie will man den CO2-Abdruck Abertausender Produkte aus Indien, China oder den USA realistisch ermitteln? Ich mag mir die CO2-Zollfibel an dieser Stelle wirklich nicht vorstellen.

Meine Damen und Herren, der European Green Deal ist ein Vorhaben von historischer Tragweite.

(Norbert Kleinwächter [AfD]: Er ist historischer Schwachsinn!)

Zwei Jahrhunderte nach dem Ausbruch der industriellen Revolution in Europa stehen wir erneut vor einem Komplettumbau von Wirtschaft und Gesellschaft. Es ist nun an uns, diese Transformation zu gestalten.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)