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Jürgen Hardt: Zur Nachhaltigkeit in der Außenpolitik gehört, dass wir uns noch deutlich mehr dem vernetzten Ansatz zuwenden

Redebeitrag zur Nachhaltigkeit im Bereich Entwicklung und internationale Zusammenarbeit

Danke schön. – Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Da wir hier nicht im römischen Senat sind, werde ich jetzt nicht wie Cato der Ältere auch noch das Lieferkettengesetz bemühen,

(Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Oh! Bitte! – Marianne Schieder [SPD]: Das wäre aber gut! Manchmal waren die gar nicht so schlecht im Senat!)

sondern mich auf drei andere Aspekte aus dem weiten Feld der Nachhaltigkeit im internationalen Bereich konzentrieren.

Zum Ersten. Wir haben heute Morgen im Auswärtigen Amt das European Center of Excellence feierlich eröffnet, das einen Beitrag dazu leisten soll, dass wir in den Ländern, in denen wir gegebenenfalls gegen Unrecht und Gewalt aufgrund einer UN-Resolution einschreiten müssen, deutlich mehr und besser agieren können als nur mit Militär und Polizei; das ist zwar manchmal unvermeidlich, kann aber niemals den Konflikt insgesamt lösen.

Ich glaube, dass zur Nachhaltigkeit in der Außenpolitik gehört, dass wir uns noch deutlich mehr als bisher dem vernetzten Ansatz zuwenden, nämlich der Koordination von zivilen, staatlichen, polizeilichen, zivilgesellschaftlichen, zur Not auch militärischen Instrumenten bei der Friedensbewahrung und Friedensschaffung in der Welt. Da haben wir als Europäer möglicherweise einen längeren Atem als andere in der Welt, und wir sind vielleicht auch ein bisschen uneigennütziger, als das andere große Nationen in dieser Welt sind, wenn sie an anderer Stelle helfen.

Ich glaube, dass wir in der Europäischen Union mittlerweile ein breites Spektrum an Erfahrung und Best Practice haben mit Blick darauf, was man tun kann, um eine Entwicklung in einem Land nachhaltig zum Besseren zu wenden. Dieses Center of Excellence der Europäischen Union in Deutschland wird einen wichtigen Beitrag dazu leisten. Ich hoffe, dass wir seine Arbeit positiv anwenden können, etwa in Mali, im Irak, in Afghanistan. Das wäre meine große Forderung, und wir als Außenpolitiker sollten uns dieser Aufgabe in den nächsten Monaten intensiv zuwenden.

Zum Zweiten. Ich glaube, zu wirksamer, nachhaltiger Außenpolitik gehört auch, dass wir Institutionen haben, die in der Lage sind, die internationalen Regeln zu wahren, gegebenenfalls auch weiterzuentwickeln und durchzusetzen. Zur Nachhaltigkeit in der Politik gehört, dass die Menschen, die Bürger in den Ländern dieser Erde sich darauf verlassen können, dass das Set an verlässlichen Regeln auch tatsächlich eingehalten werden kann. Es ist sowohl für die Umwelt als auch für die soziale, wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung unverzichtbar, dass diese Regeln Bestand haben.

Mit Blick auf die Vereinten Nationen, den Zustand im UN-Sicherheitsrat, habe ich die große Sorge, dass die Möglichkeiten, Vetos einzelner Staaten im Sicherheitsrat zu überwinden, indem man Pakete schnürt und deren Zustimmung dann doch erringt, eigentlich eher kleiner geworden sind und dass wir in den letzten Jahren weniger Kraft der Vereinten Nationen bei der Durchsetzung dieser regelbasierten Weltordnung erleben, als das davor der Fall gewesen ist. Ich glaube, zu nachhaltiger Außenpolitik gehört, dass wir uns dieser konkreten Frage intensiv zuwenden.

Zum Dritten. Wir als Deutschland sind Mitglied der Europäischen Union und wir als Deutsche wissen, was wir von der EU haben. In dieser chaotischen, teilweise auch orientierungslosen Welt mit vielen Völkern, die in ihren Staaten eben noch nicht den Weg zu nachhaltiger, wirtschaftlicher und sozialer Entwicklung gefunden haben, ist die Europäische Union möglicherweise in der Lage, ein großes Vorbild, ein Orientierungsstern zu sein für den Weg, den sie selbst bestreiten wollen. Wenn wir uns zum Beispiel die afrikanische Welt angucken, so stellen wir fest, dass sich die Institutionen der Afrikanischen Union oder der ECOWAS nach dem europäischen Vorbild gebildet haben – zum Machtgewinn in der Region, zum Nutzen der Länder, die sich angeschlossen haben.

Wenn wir in Europa, in der Europäischen Union aber Wochen brauchen, um uns auf 30 bis 40 Namen festzulegen, die wir angesichts der Situation in Belarus oder der Vergiftung von Alexej Nawalny vielleicht mit Personensanktionen belegen, dann ist das kein gutes Vorbild und kein guter Ansporn für die Völker auf anderen Kontinenten, sich in gleicher Weise einer friedlichen und nachhaltigen Konfliktlösung zuzuwenden, wie wir es mit der Europäischen Union für Europa geschaffen haben.

Ich glaube, dass die Europäische Union die Pflicht hat, nicht nur ihre eigenen Dinge ordentlich zu regeln und zum Wohle ihrer Bürger da zu sein, sondern auch als Modell der nachhaltigen Konfliktbewältigung im 21. Jahrhundert für andere Regionen der Erde zu dienen, sodass Menschen in Afrika, in Asien, in Lateinamerika sagen: So, wie die das in Europa nach dem Zweiten Weltkrieg bis in das 21. Jahrhundert hinein gemacht haben, wollen wir das auch machen. – Darauf sollten wir unsere Kraft verwenden.

Wenn am 24./25. September vom EU-Gipfel ein kraftvolles Signal auch in der Außenpolitik ausgeht, dann, glaube ich, wäre das ganz wichtig und richtig, auch im Sinne von Nachhaltigkeit.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)