Skip to main content

Jürgen Hardt: Vorsicht und Fairness müssen sein, damit auch andere ihren Beitrag leisten

Rede zum Friedensprozess zwischen Äthiopien und Eritrea

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte zu dem Thema „Ausstattung der humanitären Hilfe“ anmerken, dass wir in den letzten Jahren aus der bitteren Erfahrung der Jahre 2015 und davor gelernt haben. Damals hatten wir tatsächlich eine Situation, in der Flüchtlinge in Flüchtlingslagern das Gefühl gewinnen mussten, es wird ihnen in den Flüchtlingslagern zukünftig schlechter gehen als zum damaligen Zeitpunkt. Der damalige Zustand war schon unbefriedigend genug; aber sie hatten sich damit arrangiert. Dass das ein ganz wesentlicher Antrieb für Überlegungen dieser Menschen war, sich auf den Weg nach Europa zu machen, das wissen wir.

(Alexander Graf Lambsdorff [FDP]: Es geht ihnen ganz real schlechter!)

Deswegen darf das nie wieder passieren.

Wir haben in den letzten Jahren regelmäßig die Mittel zur Verfügung gestellt, die notwendig waren, um diesen Fehler zu vermeiden. Ich finde nur, die Bundesregierung ist klug beraten, wenn sie mit der Völkergemeinschaft so verhandelt, dass nicht der Eindruck entsteht: Die Deutschen zahlen eh am Ende alles. – Vorsicht und Fairness müssen sein, damit auch andere ihren Beitrag leisten. Aber am Ende wird es nicht daran scheitern, dass Deutschland zu wenig Mittel einsetzt. Ich glaube, die Erfahrung der letzten Jahre zeigt, dass wir dieses Wort auch halten können.

Vizepräsident Dr. Hans-Peter Friedrich:

Herr Kollege Hardt, ist eine Zwischenfrage des Kollegen Liebich gestattet?

Jürgen Hardt (CDU/CSU):

Ja, bitte, Herr Liebich.

Vizepräsident Dr. Hans-Peter Friedrich:

Bitte schön, Herr Liebich.

Stefan Liebich (DIE LINKE):

Herr Hardt, da muss ich an die Frage der Kollegin Bause noch einmal anknüpfen.

Wir haben das gleiche Spiel im Auswärtigen Ausschuss erlebt. Sie sagen jetzt, Sie hätten aus der Vergangenheit gelernt. Effektiv aber werden uns von der Regierung weniger Mittel vorgelegt, als in der letzten Zeit ausgegeben wurden. Daher stellen wir, die Grünen und die FDP den Antrag, dass Sie diese Mittel erhöhen mögen, aber Sie lehnen das ab. Wie passt das denn zusammen?

Jürgen Hardt (CDU/CSU):

Das passt insofern zusammen, als wir einerseits von den tatsächlich verausgabten Mitteln am Ende einer Haushaltsperiode sprechen. Andererseits sprechen wir jetzt über die Zahlen, die wir im Haushalt 2019 ansetzen.

Ich habe, glaube ich, gerade eben deutlich ausgeführt, dass ich es schon klug finde, dass wir im Haushalt die Zahl berücksichtigen, zu der wir uns aufgrund internationaler Vereinbarungen verpflichtet fühlen, und dass wir der Regierung dann den Spielraum geben, darüber hinausgehend zu verhandeln und sicherzustellen, dass die Aufgabe gelöst wird. Ich halte nichts davon, eine Zahl ins Schaufenster zu stellen; denn am Ende halten sich andere mit ihren Zuschüssen, mit ihren Einzahlungen entsprechend zurück. Das wäre für den deutschen Steuerzahler und für die Betroffenen sicherlich keine gute Lösung.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Alexander Graf Lambsdorff [FDP]: Das ist doch absurd! Wie können denn die Vereinten Nationen so planen! – Abg. Ulrich Lechte [FDP] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

– Ich würde jetzt gerne zum eigentlichen Gegenstand der Debatte kommen und deswegen vielleicht die Zwischenfrage des Kollegen Lechte nicht zulassen wollen.

Ich möchte noch einige Aspekte des Themas „Äthiopien und Eritrea“ ansprechen, die vielleicht noch nicht entsprechend gewürdigt worden sind. Wir sprechen immer darüber, was wir Deutschen, was wir Europäer tun können. Beim Compact with Africa haben wir einen starken Ansatz, der von Clustern ausgeht. Bestimmte afrikanische Länder werden dabei von bestimmten europäischen Ländern in einem nachhaltigen, langfristigen und umfassenden Prozess begleitet, damit die Entwicklung vorangeht.

Ich finde, wir sollten ganz besonders ein Augenmerk darauf richten, dass wir innerhalb Afrikas zunehmend wachsende und funktionierende Strukturen haben und Afrika auf multilateraler Ebene selbst in der Lage ist, solche Prozesse sinnvoll zu begleiten. Das gelingt vielleicht nicht ohne Unterstützung von außen, aber eben im Sinne des Ownership, wie man das neudeutsch nennt, durch Afrika selbst. Das gelingt gemeinsam mit der Afrikanischen Union, die sich in den letzten Jahren deutlich fortentwickelt hat. Das gelingt auch gemeinsam mit der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit – Stichwort COMESA – im östlichen und südlichen Afrika.

Ich glaube, dass wir als Deutsche und als Europäer gut beraten wären, gerade diese Institutionen zu stärken, weil wir aus unserer europäischen Erfahrung heraus wissen, dass dieser multilaterale Ansatz für die Lösung von solchen Konflikten ganz entscheidend ist. Deswegen würde ich mir wünschen, dass die regionalen und kontinentalen Strukturen Afrikas zur multilateralen Konfliktbewältigung genutzt werden.

Ich habe den Außenminister so verstanden, dass die Idee, dass die Europäische Union ein Forum bieten könnte, in dem die Staaten der Region begleitet werden bei ihrem Prozess, eine Aussöhnung in Äthiopien und Eritrea zu erreichen, funktionieren könnte. Dabei müssen aber die Interessen der Nachbarstaaten Somalia, Sudan und Südsudan, die alle große Probleme haben, berücksichtigt werden.

Ich möchte zum Schluss noch das, was der Kollege Schmidt gesagt hat, ganz deutlich unterstreichen. Die Menschenrechtslage in Äthiopien und Eritrea ist sehr unterschiedlich. Sie ist in beiden Staaten unbefriedigend, aber in Eritrea sehen wir eindeutig die größeren Defizite. Es darf natürlich jetzt keine umgekehrte Entwicklung eintreten, dass nämlich durch eritreischen Einfluss der Menschenrechtsstandard insgesamt weiter abgesenkt wird. Im Gegenteil: Die Bereitschaft der eritreischen Führung, an diesem Prozess teilzuhaben, muss einhergehen mit einem grundsätzlichen Wandel in der Menschrechtspolitik und auch mit einem grundsätzlichen Wandel im Bereich der Wehrdienst- bzw. Dienstpflichtenpolitik. Wir wissen, dass eine vierstellige Zahl von Asylanträgen in Deutschland allein deshalb bewilligt wird, weil die Praxis in Eritrea so ist, wie sie ist. Ich glaube, dass wir da hohe Maßstäbe ansetzen müssen.

Ich glaube aber auch, dass der Außenminister mit sehr viel Wohlwollen dem Wunsch von Äthiopien und Eritrea nach Aufhebung der Sanktionen gegenüber Eritrea in der UN begleiten sollte. Das wäre ein angemessener Schritt und ein guter Startschuss für eine Integration dieser Staaten in die Weltwirtschaft.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)