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Florian Hahn: Wir müssen Kraft und Kompromissbereitschaft aufbringen

Ein neuer Aufbruch – Für eine deutsch-französische Reformpartnerschaft

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich war gestern auf dem Kongress der Europäischen Volkspartei in München, bei dem sich gestern und heute Parteivorsitzende, europäische Staatschefs und führende Europapolitiker der EVP-Parteienfamilie, der auch die CSU und die CDU angehören,

(Alexander Graf Lambsdorff [FDP]: Und die Fidesz! – Konstantin Kuhle [FDP]: War Orban auch da?)

getroffen haben, um über die Zukunft Europas zu diskutieren. Neben Kardinal Marx und Botschafter Ischinger waren zahlreiche andere Gäste und Diskussionspartner geladen. Mein Eindruck war, dass allen bewusst ist, was Bundeskanzlerin Merkel in ihrer Rede mit dem Satz „Europa steht am Scheideweg“ beschrieben hat. In der Tat geht es auch meiner Meinung nach darum, Europa zukunftsfest zu machen, weil die europäischen Nationalstaaten in vielen Bereichen nicht groß genug sind – auch Deutschland mit seinen 80 Millionen Menschen nicht –, um nicht zwischen den großen und globalen Akteuren aufgerieben zu werden, und auch zu klein sind, um sich für die massiven Veränderungsprozesse global ausreichend wappnen zu können. Deshalb müssen wir unsere Kräfte dort entsprechend bündeln und politisch an einem Strang ziehen .

Die deutsch-französische Achse ist dabei ein wichtiger Motor. Der französische Präsident hat in seiner vielbeachteten Rede im letzten September seine Vorstellungen zu Europa deutlich und klar definiert. Das war in der Tat ein wichtiger Impuls; das stimmt. Dass hierbei natürlich auch französische Interessen eine große Rolle spielen, sollten wir ihm mit Blick auf sein Amt nicht vorwerfen; aber wir sollten dies bei aller Sympathie für die Rhetorik und den Charme auch nicht übersehen.

Umso dankbarer bin ich, dass die Bundeskanzlerin in den vergangenen Tagen ihre Ideen und unsere Interessen eingebracht hat und so die Reformdebatte voranbringt. Europa müsse den Menschen ein Sicherheitsversprechen geben, sagte sie ihm, und das ist in vielerlei Hinsicht richtig und wichtig; denn es ist genau der Nutzen, den die Bürgerinnen und Bürger von Europa in verschiedenen Dimensionen erwarten: Sicherheit.

Die Bundeskanzlerin hat deshalb fünf Handlungsfelder identifiziert. Erstens: die gemeinsame Außen-, Verteidigungs- und Sicherheitspolitik. Zweitens: die gemeinsame Entwicklungs-, Migrations- und Asylpolitik. Drittens: eine gemeinsame Wirtschafts-, Wissenschafts- und Währungsunion. Viertens: eine Union der Bildung, der kulturellen Vielfalt und der Bewahrung der Schöpfung. Fünftens: die Stärkung der Handlungsfähigkeit der Europäischen Union.

Ich freue mich über die Klarstellung, dass es bei den anstehenden europäischen Reformen nicht nur um die Wirtschafts- und Währungsunion geht; denn hier droht in der Diskussion manchmal der Bogen überspannt zu werden. Solidarität kann nur als Hilfe zur Selbsthilfe gemeint sein, und zwar an diejenigen, die sich redlich bemühen, die Stabilitätsvorgaben und -vereinbarungen einzuhalten. Solidität geht vor Solidarität; dabei muss es bleiben. Europa muss für die Bürger einen echten erkennbaren Mehrwert liefern, indem es sich auf die Felder konzentriert, die es besser erledigen kann, als wenn jeder Mitgliedstaat für sich alleine rumwurschtelt. Verantwortlichkeiten müssen dabei klar benannt und eingehalten werden.

Migration ist das Thema, das die Menschen in unserem Land, das die Menschen in Europa am meisten bewegt. Das Angebot Macrons, im Bereich der Grenzsicherung, der gemeinsamen Asylpolitik und bei der Bekämpfung der Fluchtursachen enger zusammenzuarbeiten, sollten wir deshalb dringend annehmen.

Begrüßen möchte ich auch den mehrfachen Hinweis der Bundeskanzlerin auf die Notwendigkeit der Beteiligung der nationalen Parlamente. Ich bin optimistisch, dass wir die europäischen Herausforderungen der Zukunft gemeinsam werden meistern können. Deutschland und Frankreich müssen die Kraft und die Kompromissbereitschaft aufbringen, die hierfür notwendigen Initiativen gemeinsam zu entwickeln und den europäischen Partnern vorzuschlagen.

Drei Grundprinzipien müssen uns dabei den Weg weisen: das Haftungsprinzip, das Binnenmarktprinzip und das Subsidiaritätsprinzip. Ich freue mich auf die Diskussionen in den nächsten Wochen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)