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Dr. Volker Ullrich: Die internationale Ordnung ist kein Nullsummenspiel

Redebeitrag zum deutschen Vorsitz im UNO-Sicherheitsrat

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Vorsitz Deutschlands im UN-Sicherheitsrat dauert einen Monat, aber er hat bereits mit einem guten Vorzeichen begonnen, nämlich mit der Entschließung, einen weltweiten Waffenstillstand wegen der Coronapandemie herbeizuführen. Und das zeigt, unter welchen Vorzeichen die deutsche Präsidentschaft stehen soll. Es geht uns um die Werte, die uns wichtig sind: um die Geltung der internationalen Rechtsordnung, um das Völkerrecht, um die gemeinsamen Anstrengungen in Sachen Abrüstung und Klimaschutz, aber auch darum, wie wir eine internationale Ordnung gestalten sollen.

Wir wissen, dass Zusammenarbeit nicht bedeutet, dass einer gewinnt, wenn der andere verliert, und dass die einen nur stark sein können, wenn andere schwach sind. Die internationale Ordnung ist kein Nullsummenspiel, sondern sie muss durch gemeinsame Ziele und Interessen geprägt sein, um diese Ordnung voranzubringen. Und da gibt es im Augenblick auch Themen, die wichtig sind, die über den Waffenstillstand, der vereinbart wurde, hinausgehen.

Unsere Blicke gehen nach Hongkong, wo am 1. Juli internationales Recht gebrochen wurde, wo das vereinbarte Abkommen „ein Land, zwei Systeme“ durch das neue Sicherheitsgesetz in Abrede gestellt wird und wo Menschen in Hongkong bang fragen: Kann ich noch Freiheits- und Sicherheitsrechte und den Rechtstaat genießen?

Unsere Blicke gehen aber auch in den Jemen, wo ein furchtbarer Krieg und eine humanitäre Katastrophe drohen, wo wir die humanitäre Hilfe mit dem Welternährungsprogramm aufbessern müssen und wo wir endlich taugliche Friedensverhandlungen brauchen, weil auch dieser Konflikt nicht aus dem Blickfeld der Weltöffentlichkeit verschwinden darf.

(Beifall bei der CDU/CSU – Helin Evrim Sommer [DIE LINKE]: Dem Kriegspartner Saudi-Arabien erst mal keine Waffen liefern!)

Wir wissen auch, dass der UN-Sicherheitsrat ein Instrument ist, welches sich im Augenblick in vielen Bereichen gegenseitig blockiert. Deswegen gibt es keine notwendigen Resolutionen gerade im Hinblick auf einen dauerhaften Frieden in Syrien. Und wir dürfen nicht lockerlassen, diese Frage der Reform des UN-Sicherheitsrates zu adressieren. Es geht darum, dass die internationale Ordnung auch im UN-Sicherheitsrat konstruktiv abgebildet wird.

Da möchte ich mich noch mal an die Kollegen der Linken wenden, die in ihrem Antrag schreiben, die UN möge sich gegenüber der NATO stärker durchsetzen. Das kann nicht unsere Sprache sein.

(Heike Hänsel [DIE LINKE]: UNO statt NATO!)

Zum Ersten stehen wir zur NATO und zur Westbindung, weil nur diese Einbindung in das Bündnis uns stark gemacht hat.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Und zum Zweiten kann es nicht sein, dass wir das Friedens- und Sicherheitskonzept der NATO gegen das Handeln der UN ausspielen. Wir brauchen beides. Deswegen lehnen wir Ihren Antrag ab.

(Beifall bei der CDU/CSU – Zurufe von der LINKEN)