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Dr. Peter Tauber: Sie waren stets Fürsprecher für unsere Soldatinnen und Soldaten

Rede zum 60. Jahresbericht durch den Wehrbeauftragten

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Herr Wehrbeauftragter, Sie haben es eben in einem Halbsatz gesagt, und deswegen will ich es hier noch einmal etwas deutlicher formulieren: Es ist nicht einfach nur der nächste Jahresbericht, den Sie vorlegen, sondern Ihre Institution, die Sie, lieber Herr Bartels, derzeit repräsentieren, begeht den 60. Jahrestag. Sie ist damit nicht nur für unser Parlament, sondern für unsere Streitkräfte eine wirklich wichtige – ich darf sagen: unverzichtbare – Institution in diesen Jahrzehnten geworden. Deswegen Ihnen und auch allen, die für Sie und mit Ihnen sowie mit Ihren Vorgängern für unsere parlamentarische Armee gestritten haben, ein herzliches Dankeschön.

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wenn man auf diese 60 Jahre schaut, wird man feststellen können, dass die Fragen, mit denen Sie und Ihre Vorgänger sich beschäftigt haben, sich verändert haben. Immer wieder standen andere Aspekte im Fokus. Aber eines hat sich nicht verändert: Sie waren stets Fürsprecher für unsere Soldatinnen und Soldaten und auch Ratgeber für das Ministerium und für das Parlament.

Und auch der aktuelle Bericht tut genau dies: Er legt den Finger in die Wunde. Er mahnt uns, anspruchsvoll zu bleiben bei der Umsetzung der Trendwenden, zu fragen: Geht das nicht noch schneller? Müssen wir ambitionierter sein? Damit betonen Sie das, was auch die Ministerin formuliert hat: Es gibt eben derzeit Licht und Schatten. Wir kommen voran, aber nicht so schnell, wie wir uns das selber wünschen. Und wir müssen uns jeden Tag fragen, was wir besser machen können.

Reicht es, dass jede Woche ein Panzer, jeden Monat ein Luftfahrzeug, jedes Jahr ein Schiff kommt, bei den großen Lücken, die unsere Streitkräfte beim Material und der Ausstattung immer noch verzeichnen? Ich glaube, es ist eine gemeinsame Aufgabe für das Ministerium und das Parlament, sich zu fragen, was wir besser machen können.

Traditionell steht beim Wehrbeauftragten aber nicht das Material, sondern stehen die Menschen in der Bundeswehr im Fokus, unsere Soldatinnen und Soldaten, aber sicher auch die zivilen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Und deswegen ist es gut, dass Sie immer wieder mit uns über das Thema Nachwuchsgewinnung reden. Das Parlament hat jetzt mit dem Gesetz zur nachhaltigen Stärkung der personellen Einsatzbereitschaft der Bundeswehr, dem sogenannten Artikelgesetz, mit dem wir eine höhere soziale Sicherheit für Soldatinnen und Soldaten im Alter anstreben, mehr Anreize für Reservisten setzen wollen, mehr Geld für die freiwillig Wehrdienst Leistenden bereitstellen und bessere Karrierechancen für Unteroffiziere öffnen, einen entsprechenden Weg eingeschlagen. Deswegen hoffen wir auf die Zustimmung dieses Hauses.

Sie haben immer wieder die Bürokratie in der Bundeswehr beklagt. Und auch da werden wir uns fragen müssen: Welche Vorschrift ist noch notwendig? Viele Vorschriften sind in der letzten Zeit abgeschafft worden. Nur: Weniger Vorschriften bedeuten natürlich in der Tat mehr Verantwortung.

Sie haben den Wunsch nach einem Etat für die Kommandeure angesprochen; der wird kommen. Ich glaube, dem Gedanken der Inneren Führung und auch der Auftragstaktik folgend ist es richtig, dass wir jedem auf seiner Entscheidungsebene Verantwortung zutrauen, aber auch zumuten; denn Verantwortung ist etwas Anstrengendes. Ich würde mir wünschen, dass wir unseren Umgang mit jemandem, der einen Fehler macht, egal ob im zivilen oder militärischen Strang unserer Streitkräfte, kritisch prüfen. Haben wir da die richtige Kultur, sodass jemand auch nach dieser Verantwortung greift, sie annimmt, sie fordert? Da bin ich nicht so sicher. Das eine bedingt aus meiner Sicht das andere, das hat auch etwas mit Vertrauen und am Ende mit Innerer Führung zu tun.

Ein Beispiel für das Thema Bürokratieabbau: Wir haben über das Bewerbungsverfahren und die Einstellung in die Streitkräfte immer wieder diskutiert. Der Personalbogen ist inzwischen von 10 auf 4 Seiten reduziert worden, die Bewerbungsunterlagen von 13 auf 7 Seiten. Und wahrscheinlich werden wir uns das bei Gelegenheit wieder anschauen müssen: Vielleicht finden wir noch eine weitere halbe Seite, die wir herausstreichen können. Das nur als Beispiel für das, was wir künftig auf den Weg bringen wollen.

Es gäbe noch viel zu sagen zu Ihrem Einsatz gegen Extremismus in unseren Streitkräften. Ich bin froh und dankbar, dass wir uns einig sind, dass 99 Prozent unserer Soldatinnen und Soldaten treu und ihrem Eid gemäß dienen. Ich bin froh und dankbar, dass Sie Ansprechpartner sind, nicht nur für die Männer und Frauen in den Streitkräften, sondern auch für das Ministerium und das Parlament, für die gesamte Regierung, auch für den Finanzminister, wenn es um die Frage geht, ob wir genügend finanzielle Mittel bereitgestellt bekommen, um unseren Auftrag zu erfüllen.

Am Ende – und das ist mein letzter Satz – verkörpern Sie, wie ich persönlich finde, einen wesentlichen Gedanken der Inneren Führung. Baudissin hat es so formuliert: Der Soldat muss in den Streitkräften das erleben, was er tapfer verteidigen soll. – Sie sind ein Baustein der freiheitlichen Demokratie, der offenen Gesellschaft, der Werte und der Art, wie wir leben, die unsere Soldatinnen und Soldaten jeden Tag bereit sind zu verteidigen. Und deswegen danke ich Ihnen sehr für Ihre Arbeit.

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)