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Dr. Johann David Wadephul: Diese Bundesregierung verfolgt eine Politik der Kooperation mit Russland

Rede zur Russlandpolitik

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Antrag der Fraktion der AfD entspricht nicht unserem Blick auf unser Verhältnis zu Russland. Aber er ist ein guter Anlass – das begrüßen wir –, über unser Verhältnis, das deutsche und das europäische, zu Russland miteinander zu diskutieren.

Ich will auf die Überschrift zu sprechen kommen. Sie benutzen die beiden Worte „Konfrontation“ und „Kooperation“. Es ist deutsche und europäische Politik, es ist die Politik der Bundeskanzlerin, es ist die Politik des Bundesaußenministers Heiko Maas, auf Kooperation zu setzen. Es werden regelmäßig intensive Gespräche geführt. Ich glaube, kaum ein Staatsführer spricht mehr mit Wladimir Putin als Angela Merkel, kaum ein Außenminister spricht mehr mit Sergej Lawrow als Heiko Maas. Diese Bundesregierung verfolgt eine Politik der Kooperation mit Russland.

(Armin-Paulus Hampel [AfD]: Sagen Sie das den deutschen Firmen!)

Diese unterstützen wir, und diese sollten wir fortführen, meine lieben Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Aber wir müssen natürlich auch auf die Dinge blicken, die schlecht laufen. Wir waren 2012 schon sehr viel weiter. Moskau hat aus Angst vor einer Demokratiebewegung innerhalb des eigenen Landes vieles zurückgedreht. Russische NGOs können dort nicht mehr frei arbeiten. Ich möchte von einer Kollegin aus dem Petersburger Dialog berichten; ich bin dort selber im Vorstand. Die Kollegin Stefanie Schiffer, die in Russland eine NGO leitet, ist mit einem Einreiseverbot nach Russland belegt worden, kann dort nicht mehr arbeiten. Der Kollege Wiese kümmert sich intensiv darum.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Wir müssen Russland an dieser Stelle klar sagen – ich komme gleich auf das außenpolitische Verhalten –: Wir schauen auf Russland, wie es im Innern mit NGOs, mit dem Recht auf Meinungsfreiheit umgeht. Wir erwarten, dass sich unsere NGOs ebenso wie russische NGOs und die Zivilgesellschaft dort wieder frei verhalten können und NGOs nicht verboten, nicht mit Prozessen überzogen werden. Daran wird Russland gemessen werden. Dafür setzen wir uns gegenüber der russischen Regierung mit Klarheit und Deutlichkeit ein, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

Wir dürfen auch nicht verkennen – das ist in Ihrer Rede überhaupt nicht vorgekommen –, dass Russland seit 2014 fortgesetzt internationale Standards und Vereinbarungen verletzt, und zwar auf eklatante Art und Weise. Das hat begonnen mit militärischen Aktionen in Transnistrien und der Republik Moldau,

(Zuruf des Abg. Armin-Paulus Hampel [AfD])

hat sich fortgesetzt in Georgien, hat sich fortgesetzt mit der völkerrechtswidrigen Annexion der Krim, setzt sich jeden Tag fort in der Ostukraine, hat sich fortgesetzt in dem Abschuss des Passagierflugzeuges MH17, setzt sich fort in der rechtswidrigen Blockade der Straße von Kertsch und der Verhaftung von 24 ukrainischen Seeleuten, hat sich fortgesetzt in dem Giftgasangriff auf Herrn Skripal und seine Tochter,

(Armin-Paulus Hampel [AfD]: Das ist widerlegt!)

setzt sich jeden Tag auch gegenüber Deutschland in Cyberattacken fort – gegen deutsche Institutionen, gegen das Auswärtige Amt, gegen den Deutschen Bundestag –, hat sich fortgesetzt in militärischen Aktionen in Syrien, die mit dem Kriegsvölkerrecht nicht mehr vereinbar waren – Bombardierung von Krankenhäusern, von ziviler Bevölkerung –, und setzt sich offensichtlich fort in dem Bruch des INF-Abrüstungsvertrags.

Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, es ist nicht eine Frage der fehlenden Empathie für die russische Seele bzw. für russische Interessen, wie Sie geschrieben haben; darüber müssen wir selbstverständlich nachdenken. Aber man darf hier nicht den Bock zum Gärtner machen. Russland verletzt fortgesetzt internationale Regeln und internationale Standards. Wir dürfen dies aus grundsätzlichen, prinzipiellen Erwägungen nicht einfach hinnehmen, sondern müssen es adressieren und geschlossen als Westen beantworten, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)

Natürlich wissen wir, dass das eine – aus unserer Sicht falsche – Reaktion Russlands darauf ist – Präsident Putin hat das vor der Münchener Sicherheitskonferenz, wie ich finde, sehr bemerkenswert herausgekehrt –, dass die ­Sowjetunion zusammengebrochen ist, aus seiner Sicht die größte Katastrophe des 20. Jahrhunderts. Aus deutscher Sicht gab es eine größere Katastrophe, auch wenn Sie diese Auffassung möglicherweise nicht teilen. Natürlich wissen wir, dass in Moskau die Erweiterung der Europäischen Union und der NATO in Richtung Osten als Gefahr verstanden wurde. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir müssen auf der einen Seite Verständnis für diese Sichtweise Moskaus haben, aber wir müssen auf der anderen Seite klar sagen: Wenn die baltischen Staaten sich der Europäischen Union und der NATO angeschlossen haben, dann ist das schlicht und ergreifend zunächst einmal die Ausübung ihres Selbstbestimmungsrechts. Das haben wir zu wahren, und das haben wir zu verteidigen. Das ist kein feindlicher Akt gegenüber Moskau bzw. Russland, sondern das Selbstbestimmungsrecht dieser Völker. Deutschland muss dafür eintreten, dass dieses Recht wahrgenommen werden kann.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Vizepräsident Thomas Oppermann:

Herr Wadephul, gestatten Sie eine Zwischenfrage von der AfD?

Dr. Johann David Wadephul (CDU/CSU):

Ich würde gerne fortfahren. – Ich glaube, das verhöhnt auch die Opfer, auf deren Seiten wir stehen müssen, die sich für Demokratie und Freiheit in den östlichen Mitgliedstaaten der Europäischen Union und der NATO eingesetzt haben. Deswegen müssen wir diese europäische Nachkriegsordnung miteinander verteidigen.

Wir wollen aber eine Verbesserung der Beziehungen zu Russland. Wir wollen, dass Russland sich auch wirtschaftlich besser entwickelt. Herr Kollege Trittin hat kürzlich in einem Interview die Befürchtung geäußert, dass der eine oder andere im Westen die Vorstellung haben könnte, man könne Russland totrüsten – ich zitiere Sie jetzt einmal frei –, und hat daraufhin gesagt: Wir, Deutschland, der Westen kann kein Interesse daran haben, dass dort sozusagen ein Failed State entsteht. – Das kann man in der Tat nur unterstreichen. Wir haben ein Interesse daran, dass Russland wirtschaftlich und politisch stabiler und keinesfalls instabiler wird. Aber dazu gehört, dass Russland sich öffnet, dass es bereit ist, politische Reformen durchzuführen; denn nur mit politischen Reformen werden dieses politische System, der Staat stabiler werden. Dazu muss Russland bereit sein, um wirtschaftlich eine andere Kooperation mit uns einzugehen.

Wir sind bereit, der russischen Wirtschaft zu helfen. Sie braucht dringend technologische und wirtschaftliche Beiträge aus dem Westen; dazu ist Deutschland bereit. Aber dazu braucht es die Reformen in Russland selber. Wer in Moskau meint, durch die Kreierung immer neuer Konflikte in Nachbarstaaten das russische System zu stabilisieren, hat sich getäuscht. Wir erwarten ein Umdenken in Moskau. Wir sind bereit, zusammenzuarbeiten; wir sind bereit zur Kooperation. Wir sind bereit zu einer Lösung der Konflikte, nicht nur in der Ukraine, sondern auch in Syrien und in anderen Teilen; aber Russland muss an dieser Stelle umdenken. Russland muss in die Völkergemeinschaft zurückkehren und das Völkerrecht und die internationale Ordnung einhalten. Wenn dazu die Bereitschaft besteht, gibt es jede Chance für eine optimale Kooperation.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU – Armin-Paulus Hampel [AfD]: Halten Sie die gleiche Rede zu China! – Zuruf von der LINKEN: Verlogene Rede!)