Skip to main content

Dr. Christoph Ploß: Wir werden die großen Themen nur europäisch und in europäischer Kooperation angehen können

Redebeitrag zur Deutschen Ratspräsidentschaft

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Dass wir die EU-Ratspräsidentschaft übernehmen, stellt natürlich sowohl für unser Land als auch für Europa insgesamt ein historisches Ereignis dar. Viele sagen in diesen Tagen zu Recht: Wir können jetzt die Weichen der Europäischen Union teilweise neu stellen, die Agenda prägen. – Und ich möchte hinzufügen: Wir können auch am Europa der 1920er- und 1930er-Jahre bauen.

Wenn uns Jugendliche fragen: „Wie sieht denn euer Europa im Jahr 2030 oder 2035 aus?“, dann haben wir da ein klares Bild vor Augen. Wir sagen: Flugzeuge müssen mit klimaneutralen Treibstoffen fliegen, Züge zum Beispiel mit Brennstoffzellen betrieben werden. Pkw fahren autonom zwischen den europäischen Staaten hin und her. Die Mobilität wird immer effizienter, immer leiser, immer klimafreundlicher. Aber wir werden zum Beispiel auch Gesundheitsproblemen als Europäische Union gemeinsam begegnen, auf Epidemien oder Pandemien reagieren, indem wir Daten erheben, digitalisieren und Echtzeitinformationen miteinander austauschen. In der Außenpolitik wird die Europäische Union neben China und neben den USA ein entscheidender Akteur auf der Weltbühne sein.

Wenn wir an diesem Europa arbeiten und zu diesem Europa sagen: „Das ist die Zukunft, die wir uns wünschen“, dann dürfen wir genau das nicht machen, was Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen der AfD, hier mit Ihrem Antrag vorschlagen. Es darf kein Zurück dahin geben, dass wir die großen Themen nur nationalstaatlich angehen und lösen. Das Gegenteil ist der Fall: Wir werden die großen Themen nur europäisch und in europäischer Kooperation angehen können.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und des Abg. Johannes Schraps [SPD])

Dafür nutzen wir auch die deutsche EU-Ratspräsidentschaft, gerade bei den Megathemen Klimaschutz und Wirtschaft. Denn viele in unserem Land und in Europa fragen sich natürlich völlig zu Recht: Übergeben wir den Planeten irgendwann an unsere Kinder und Enkelkinder in einem gesunden, in einem guten Zustand?

(Zurufe von der AfD)

Viele fragen auch: Ist mein Arbeitsplatz sicher nach der Coronakrise? Wie wird sich das in den nächsten Jahren entwickeln? Kann ich noch meine Familie ernähren? Auf diese großen Fragen müssen wir auch im Rahmen der deutschen EU-Ratspräsidentschaft Antworten finden.

Deswegen dürfen wir die Themen Klimaschutz und Wirtschaftspolitik auch nicht als Gegensatz sehen, sondern müssen sie miteinander verbinden, indem wir zum Beispiel am Aufbau einer europäischen Wasserstoffinfrastruktur arbeiten und sagen: Wir wollen hier die Technologien entwickeln, damit Wasserstoff zum Beispiel im Chemiesektor, im Gebäudesektor, bei der Herstellung von Kunststoffen, bei der Herstellung von Kupfer und Stahl zum Einsatz kommt. – Dann können wir Klimaschutz zum Exportschlager machen, hier Hunderttausende neue Arbeitsplätze schaffen und diese Technologien zum Beispiel nach Afrika exportieren, wo dann wiederum mit der Sonne Afrikas Wasserstoff und Ökostrom hergestellt werden, sodass auch dort neue Arbeitsplätze entstehen. Das ist dann Multilateralismus zum Nutzen beider Seiten.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der Abg. Dr. Barbara Hendricks [SPD])

In dem Zusammenhang, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist es natürlich auch wichtig, dass wir Infrastrukturprojekte in Deutschland schneller planen und bauen. Ich kann viele verstehen, die sagen: Es kann doch nicht wahr sein, dass wir für eine neue Bahnverbindung, für ein neues Schienenprojekt im Durchschnitt 20 Jahre benötigen. – Im Durchschnitt! Häufig sind es 25 oder 30 Jahre. So stärken wir weder den Wirtschaftsstandort Deutschland, noch werden wir die Klimaschutzziele erreichen, und wir werden auch die Mobilität der Bürger nicht weiter verbessern. Deswegen müssen wir im Rahmen der deutschen EU-Ratspräsidentschaft auch an internationale Vereinbarungen heran, diese diskutieren und teilweise neu gestalten, zum Beispiel indem wir das Verbandsklagerecht reformieren, um so Infrastrukturprojekte in Deutschland schneller vorantreiben zu können. Auch das wird ein wichtiger Punkt sein.

Zu Beginn der deutschen Ratspräsidentschaft stehen wir vor der entscheidenden Frage: Wollen wir, dass Europa am Ende das Industriemuseum der Welt wird, oder wollen wir, dass die Europäische Union und damit Deutschland der Innovator der Welt wird?

(Zurufe von der AfD)

Wir als CDU/CSU-Fraktion wollen natürlich die Europäische Union zu einem Innovator der Welt machen. Wir wollen die Klimaschutzziele erreichen, wir wollen neue Wirtschaftszweige aufbauen, und wir wollen die Europäische Union zu einem starken außenpolitischen Akteur auf der Weltbühne formen.

(Zuruf des Abg. Norbert Kleinwächter [AfD])

Daran werden wir arbeiten, und ich freue mich, wenn wir dieses alles gemeinsam vorantreiben.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Johannes Schraps [SPD])