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Dr. Andreas Nick: Wir wollen das Kosovo auf dem selbst gewählten Weg zu einem demokratischen Staat unterstützen

Rede zur Verlängerung des Mandats in Kosovo (KFOR)

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Fast auf den Tag genau vor 21 Jahren, am 11. Juni 1999, hat der Deutsche Bundestag erstmals dem Mandat für die KFOR-Mission zugestimmt. Verteidigungsminister war damals übrigens einer meiner Vorgänger im Wahlkreis, der SPD-Kollege Rudolf Scharping. Seither leistet die Bundeswehr im Rahmen von KFOR einen wichtigen Beitrag zur Stabilisierung Kosovos und der gesamten Region. Der Einsatz steht unter der operativen Führung der NATO. Seine Grundlage ist allerdings die UN-Resolution 1244, die einen klaren Auftrag erteilt hat, nämlich die Sicherstellung eines friedlichen und sicheren Umfeldes und die Unterstützung der Entwicklung zu einem stabilen demokratischen, multiethnischen und friedlichen Kosovo. Aus rein militärischer Sicht können wir heute von einer soliden Erfüllung dieses erteilten Auftrags sprechen. Daher möchte ich den Zehntausenden deutschen Soldaten herzlich danken, die seit zwei Jahrzehnten im Kosovo ihren Dienst geleistet haben.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Ich will aber ausdrücklich auch an die 29 Toten erinnern, die die Bundeswehr in diesem Einsatz zu beklagen hatte.

Meine Damen und Herren, wesentlicher Bestandteil einer erfolgreichen Mission ist auch eine Strategie zur Beendigung. Seit 1999 wurde die Gesamtpräsenz von KFOR schrittweise von über 50 000 auf 3 500 Soldaten reduziert, und auf diesem Weg fahren wir mit unserem Kontingent fort. Zweifelsohne bestehen im Kosovo zahlreiche Herausforderungen fort: Kriminalität, Korruption, aber auch Herausforderungen bei der Festigung demokratischer und rechtsstaatlicher Strukturen, wie wir es in der jüngsten Vergangenheit erlebt haben. Daher bedarf es weiterhin des Engagements der internationalen Gemeinschaft. Die Aufgaben liegen jetzt aber ganz eindeutig nicht mehr im militärischen, sondern ganz vorrangig im zivilen Bereich. Die Präsenz von KFOR unterstützt daher auch weiterhin das umfangreiche zivile Engagement zur Stärkung der Rechtsstaatlichkeit, etwa mit der EU-Mission EULEX Kosovo.

Kosovo ist über einen Beobachterstatus im Europarat vertreten, und seit 1999 unterstützt der Europarat die Umsetzung der Reformagenda, nicht zuletzt durch umfangreiche Beratungsarbeit der Venedig-Kommission oder jetzt auch durch die Tätigkeit des Kollegen Peter Beyer als Berichterstatter für das Kosovo in der Parlamentarischen Versammlung.

Kosovo lässt sich aber nicht ohne den regionalen Kontext betrachten. Der unter EU-Vermittlung 2013 begonnene politische Normalisierungsdialog Belgrad/Pristina stagniert. Auch deshalb ist KFOR als ein von Serbien und Kosovo gleichermaßen respektierter Garant für Stabilität und Sicherheit weiterhin notwendig. Unser europäisches Ziel bleibt ein Abkommen zur umfassenden Normalisierung der bilateralen Beziehungen, auch als nachhaltige Grundlage für einen möglichen EU-Beitritt beider Länder. In diesem Prozess verdienen der EU-Außenbeauftragte Borrell und der neue Sonderbeauftragte Miroslav Lajcak unsere volle Unterstützung.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Äußerst besorgt sind wir hingegen über die von Vertretern der US-Administration wiederholt geäußerten Gedankenspiele zu einem Gebietsaustausch.

(Dr. Alexander S. Neu [DIE LINKE]: Einmal ein guter Gedanke aus Washington!)

Vor diesem Hintergrund haben wir von der Einladung des Weißen Hauses an die Staatspräsidenten Kosovos und Serbiens für den 27. Juni erfahren. In aller Klarheit: Allein die Idee, in Europa wieder Grenzen anhand von ethnischen Bevölkerungsgruppen zu ziehen, ist eine elementare Gefahr für Frieden und Sicherheit.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Ein solcher Schritt würde für die multiethnische Region des westlichen Balkans die Büchse der Pandora öffnen, etwa mit Blick nach Bosnien-Herzegowina.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD – Dr. Alexander S. Neu [DIE LINKE]: Die ist schon lange offen! Hören Sie auf!)

Umso wichtiger ist, dass wir das Kosovo auf dem selbst gewählten europäischen Weg unterstützen: zu einem demokratischen Staat, einer multiethnischen Gesellschaft, einer unabhängigen Justiz, einer funktionierenden Verwaltung, begleitet von einer kritischen und freien Presse. Diesen Weg unterstützen wir auch mit der Verlängerung des Mandates. Deshalb stimmt die Unionsfraktion dem Mandat zu.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)