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Christian Schmidt: Da ist nicht das Paradies auf Erden

Rede zur Einsetzung einer Enquete-Kommission zum Afghanistan-Engagement

Christian Schmidt (Fürth) (CDU/CSU):

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist sehr viel Richtiges – auch über die Entwicklung in den letzten 17 Jahren – gesagt worden, sei es vom Kollegen Frei oder vom Kollegen Juratovic. Es gab viele Erfolge. Natürlich kann man angesichts der letzten 17 Jahre von einem Programm der Veränderung sprechen. Wir haben völlig unterschiedliche Erfahrungen gemacht. Aber eines muss uns doch sehr klar sein: Das ist kein Werkstück, das man betrachtet, bewertet und ausmisst, um festzustellen, ob es reicht oder nicht für die Fortsetzung. Wir sind hier in einem Prozess, und zwar nicht in vitro, in einem Reagenzglas. Hier geht es vielmehr um die Stabilität einer Region in der Welt.

Ich stimme zu, Omid Nouripour: Natürlich müssen wir untersuchen, was die Konsequenzen sind. Wenn ich aber den Blick auf uns selbst richte, stelle ich fest, dass wir politische Entscheidungen keiner Kommission überlassen können. Diese müssen wir treffen. Welche Fraktion im Deutschen Bundestag hätte denn mehr zu berichten als die Grünen, die sich, von einer rein pazifistischen Position kommend, unter vielen Windungen, Häutungen und Schwierigkeiten mit großer Mehrheit dafür entschieden haben, einen militärischen Einsatz zu unterstützen, bei aller Zurückhaltung – diese hatten wir alle in diesem Haus – gegenüber einer strategischen Entwicklung? Ich will das nur feststellen; denn das zeigt, dass die Entwicklung von 2001 bis heute andere Fragen aufwirft. Natürlich sind welche dazugekommen. Aber zu sagen: „Wir machen eine politische Evaluierung, und ich weiß sowieso schon vorher, dass das alles falsch war“, hilft uns überhaupt nicht weiter.

Wir müssen bei der Frage, wie sich die Sicherheit in Afghanistan entwickelt, differenzieren. Es gibt natürlich Regionen, in die – bei allem Respekt vor der afghanischen Kollegin – abgeschoben werden kann.

(Omid Nouripour [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Eine nennen!)

Da ist nicht das Paradies auf Erden. Aber wir dürfen schon die Frage stellen, wo diejenigen sind, die helfen sollen, das Land aufzubauen. Das sind wir auch denen schuldig, die sich als Deutsche, als deutsche Soldaten und Entwicklungshelfer und wir in der Politik, eingebracht haben, um die Situation in Afghanistan zu verbessern.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Wir haben kein Nullsummenspiel. Das ist kein Wahl-O-Mat, bei dem das Richtige unten rauskommt. Wir müssen feststellen, dass wir manche Dinge falsch verstanden und falsch reagiert haben. Ein Beispiel: Als sich der Konflikt zum Krieg entwickelt hat, war es die Entscheidung des damaligen Bundesverteidigungsministers Franz Josef Jung, zu sagen: Kein deutscher Soldat geht mehr in einem ungeschützten Fahrzeug aus dem Feldlager heraus – zu Zeiten, als andere Staaten das noch getan haben. Das waren Entwicklungen, die auch zum Schutz unserer Soldaten notwendig waren.

Ein weiterer Punkt, der mir aufstößt, ist, dass wir hier reden, als ob es allein eine deutsche Entscheidung wäre, ob evaluiert werden soll oder nicht. Nein, wir sind Teil einer internationalen Entwicklung. Wir sind eingebunden in internationale Entscheidungen und beschreiten gemeinsam den Weg nach Afghanistan. Diesen müssen wir auch gemeinsam bewerten. Ich bin für Bewertungen. Aber ich bin dagegen, dass wir uns mithilfe von Kommissionen politische Entscheidungen zurechtlegen, die wir selbst treffen müssen.

Herr Präsident, das beendet meine Rede.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)