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Alois Rainer: "Im Bestellmarkt lockern wir für die Taxen die Tarifpflicht"

Modernisierung des Personenbeförderungsrechts

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir beschließen heute eines der bedeutendsten Gesetzesvorhaben im Verkehrsbereich in dieser Legislaturperiode. Und es war auch ohne Zweifel das aufwendigste.

Vor ungefähr zwei Jahren haben die Gespräche zur Novelle des Personenbeförderungsgesetzes begonnen. Zeitgleich fanden in vielen Teilen unseres Landes Proteste und Autokorsos statt. Eine überparteiliche Findungskommission wurde von Bundesminister Scheuer eingerichtet. Diese Kommission hat über ein Jahr getagt und gute Ergebnisse geliefert. Es wurden zahlreiche Gespräche geführt und Experten gehört. Es wurde leidenschaftlich und gut diskutiert – noch bis zuletzt. Unser gemeinsames Ziel war, ein modernes und attraktives Personenbeförderungsrecht zu schaffen, das Innovationen ermöglicht und Bewährtes erhält. Dabei haben wir versucht, die zum Teil sehr unterschiedlichen Interessen und Forderungen aus den verschiedensten Branchen miteinzubeziehen. Ich bin überzeugt: Es war eine Gemeinschaftsleistung, und es ist auch gelungen.

Wir sorgen dafür, dass neue, digitalbasierte Mobilitätsangebote und Geschäftsmodelle rechtssicher ermöglicht werden. Wir sorgen auch dafür, dass keine Wettbewerbsnachteile für die bisherigen Anbieter entstehen. Die Länder und Kommunen erhalten dazu entsprechende Steuerungsmöglichkeiten.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

Eine zentrale Neuerung ist, dass es künftig im Personenbeförderungsgesetz die Mobilitätsform „Pooling“ geben wird – innerhalb und außerhalb des ÖPNV. Bedarfsgesteuerte Pooling-Dienste erfüllen für die Verkehrswende eine wichtige Funktion an der Schnittstelle zwischen Individualverkehr und ÖPNV. Bisher konnten Pooling-Anbieter wie zum Beispiel MOIA oder CleverShuttle nur auf Grundlage von Ausnahmegenehmigungen fahren. Ohne eine rechtssichere Grundlage für ihre Zulassung wäre es für sie schwierig geworden, und sie hätten Ende des Jahres den Betrieb einstellen müssen.

Im Mietwagenbereich zum Beispiel bleibt die Rückkehrpflicht für auftragslose Fahrzeuge bestehen. Das ist unter anderem ein Teil des Kompromisses in der Findungskommission. Aber in flächenmäßig großen Kommunen sind die Kommunen etwas freier bei der Ausgestaltung der Rückkehrpflicht. Sie können anstelle nur eines Betriebssitzes mehrere geeignete Abstellorte für Mietwagen zulassen. Was es nicht geben wird, ist eine Vorbestellfrist für Mietwagen. Dies wäre eine zusätzliche Belastung des Mietwagenverkehrs.

Das Recht, Kunden spontan aufzunehmen, bleibt den Taxen vorbehalten. Das betrifft den sogenannten Wink- und Wartemarkt. Im Bestellmarkt lockern wir für die Taxen die Tarifpflicht; das heißt, Kommunen können hier einen Tarifkorridor mit Mindest- und Höchstpreisen festlegen – oder Festpreise für bestimmte Strecken, zum Beispiel zum Flughafen oder zum Bahnhof. Auch die Ortskundeprüfung für Taxifahrer entfällt. Sie ist in Zeiten von guten Navigationssystemen und anderen digitalen Systemen einfach nicht mehr zeitgemäß.

Mit dieser Novelle schaffen wir auch eine Grundlage dafür, dass Anbieter von Personenbeförderungsleistungen und Plattformbetreiber Mobilitätsdaten zu ihren Dienstleistungen bereitstellen müssen. Diese Datenbereitstellungspflicht gilt aber nur für den klassischen Linien- und Gelegenheitsverkehr; dies haben wir auch klargestellt. Schüler- und Theaterfahrten, aber auch Ausflugsfahrten und Fernzielreisen sind davon nicht betroffen. Dies gilt auch für Einzelunternehmer.

Insgesamt, meine Damen und Herren, bin ich überzeugt, dass wir mit dieser Gesetzesnovelle einen fairen Ausgleich zwischen den unterschiedlichen Mobilitätsplattformen schaffen. Die Menschen vor Ort werden von den neuen und auch bedarfsgerechten Angeboten profitieren, nicht nur im städtischen Bereich, auch im ländlichen Bereich. Das war uns immer wichtig.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Abschließend, meine Damen und Herren, möchte ich mich noch ganz herzlich bei all denjenigen bedanken, die an dieser Gesetzesnovelle mitgewirkt haben. Ich habe es eingangs schon gesagt: Es war eine große Aufgabe, eine Mammutaufgabe. Deshalb hat diese Novelle viele Mütter und Väter – ein herzliches Dankeschön an alle Berichterstatterinnen und Berichterstatter in den Fraktionen! –, vor allem auch bei der SPD

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD und des Abg. Cem Özdemir [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

– ja, Sie dürfen gerne klatschen –, bei der CDU/CSU-Fraktion, bei den Ländern, bei den Kommunen. Ein herzliches Dankeschön geht an die Grünen, die hervorragend mitgewirkt haben, und auch an die FDP, wenn wir auch nicht immer einer Meinung waren; das ist auch okay. Es ist ein wichtiges Gesetzespaket, das wir zusammen schnüren konnten. Ein ganz, ganz großer Dank gilt dem Ministerium, geführt von Minister Andreas Scheuer. Ein großer Dank geht auch an alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Fraktion; denn es war wichtig, dass wir Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hatten, die uns dauerhaft unterstützt haben.

Es war ein langer und mühevoller Weg, aber es hat sich gelohnt, und es ist gut, wenn wir heute im Deutschen Bundestag das PBefG verabschieden können. Ich freue mich auch, wenn der Bundesrat dem zustimmen wird.

Vielen herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Cem Özdemir [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])