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Alexander Hoffmann: "Datenschutz darf niemals zu Täterschutz werden"

Das zweite Gesetz zur Anpassung des Datenschutzrechts an die Verordnungen der EU 2016/679 und 2016/680 unternimmt den Versuch, den Datenschutz von Beschuldigten auch im Strafverfahren weiter zu optimieren. Zudem ist es Zielsetzung, ein gleichwertiges Schutzniveau für die Rechte und Freiheiten von natürlichen Personen bei der Verarbeitung von Daten in allen Mitgliedstaaten sicherzustellen.

Der vorliegende Entwurf realisiert dies, indem er Begriffsbestimmungen anpasst und Verweisungen synchronisiert. Daneben galt es auch, Rechtsgrundlagen zum Teil neu zu schaffen bzw. ebenfalls anzupassen.

Der vorliegende Entwurf regelt zudem die Betroffenenrechte umfassend, und er formuliert Vorgaben zu technischen und organisatorischen Maßnahmen zur Auftragsverarbeitung, zur Datenübermittlung an Drittländer oder an internationale Organisationen sowie zu Schadenersatz und Geldbußen.

Daneben nutzen wir die Gelegenheit, das Bundesdatenschutzgesetz zu ändern. Dies geschieht unter anderem, um Rechtssicherheit für die Praxis zu erzeugen, zum Beispiel im Bereich der Datenverarbeitung zum Zweck von staatlichen Auszeichnungen und Ehrungen aus Anlass der EU-Verordnung 2016/679.

Sicherheitspolitisch war es zudem angezeigt, die Möglichkeit zu eröffnen, dass zivilgesellschaftliche Träger von Deradikalisierungsprogrammen im Einzelfall gegebenenfalls sensible Informationen an Sicherheitsbehörden weitergeben können.

Insgesamt glaube ich deshalb, dass wir von einem gelungenen Entwurf mit Augenmaß reden können. Ich will allerdings die Gelegenheit nutzen, am Ende noch eine allgemeine Anmerkung zum Verhältnis von Datenschutz und Sicherheitsrecht zu machen. Denn Datenschutz darf niemals zu Täterschutz werden. Daher möchte ich an dieser Stelle nochmals fraktionsübergreifend ausdrücklich für einen neuen Anlauf bei der Vorratsdatenspeicherung werben.

Saskia Esken (SPD): Ich bin froh, dass wir dieses umfangreiche Gesetzespaket heute abschließen, und das nicht nur, weil ich die 500 Seiten Arbeit vom Tisch haben will. Das Gesetzespaket, das wir hier beraten, hat die technische Aufgabe, bestehende Gesetze an die DSGVO anzupassen und verbliebene Lücken zu schließen.

Ich will mich auf zwei Themen beschränken, die im Zusammenhang mit der DSGVO Gegenstand vieler Diskussionen sind. In aller Welt wird die europäische Datenschutz-Grundverordnung mittlerweile als Vorbild wahrgenommen und als Chance für einen klugen Umgang mit persönlichen Daten, der gleichzeitig die Privatheit und die Selbstbestimmung der Menschen respektiert. In Deutschland haben wir es dagegen noch nicht geschafft, den Ruf der Verordnung als Bürokratiemonster zu überwinden. Selbst die Kanzlerin hat eine „Entlastung kleiner Unternehmen und Vereine“ in Aussicht gestellt, die die europäische Verordnung gar nicht erlaubt.

Die Kollegen von der Union haben den Vorschlag eingebracht, die Pflicht zur Benennung eines betrieblichen Datenschutzbeauftragten einzuschränken, um – so die Zielrichtung – „Bürokratie“ abzubauen. Ich muss ganz deutlich sagen: Die Rechte und die Pflichten aus der DSGVO gelten unabhängig von der Benennung eines Datenschutzbeauftragten. Wir haben einer Erhöhung der Bestellpflichtgrenze von 10 auf 20 Beschäftigte dennoch zugestimmt, die ständig personenbezogene Daten verarbeiten.

Ich bin der Auffassung: Wer Daten intelligent und rechtskonform nutzen will, der braucht die Kompetenz dazu im eigenen Haus. Keinen Datenschutzbeauftragten zu benennen, baut nicht Bürokratie ab, sondern Kompetenz. Ich kann nur dazu raten, auch ohne gesetzliche Verpflichtung einen Datenschutzbeauftragten zu benennen, um die Rechtssicherheit des eigenen Unternehmens zu gewährleisten.

Auch bei Fotografen, Bloggern und anderen freien Journalisten ist aus der DSGVO einige Rechtsunsicherheit entstanden. Artikel 85 der Verordnung fordert die Mitgliedstaaten auf, das Recht auf freie Meinungsäußerung und Informationsfreiheit mit dem Datenschutz in Einklang zu bringen. Die Gesetzgebung der Länder alleine erfüllt den Regelungsauftrag nach unserer Auffassung nicht abschließend und kann die bestehende Rechtsunsicherheit nicht beseitigen.

Weil wir das vorliegende Gesetzespaket aber nicht überlasten und zügig abschließen wollten, haben wir uns auf einen Entschließungsantrag verständigt. Wir fordern die Bundesregierung darin auf, zügig einen Regelungsvorschlag vorzulegen, der die Abwägung von Meinungsfreiheit und Datenschutz in Abstimmung mit den Landesgesetzen durchgängig rechtssicher gestaltet.