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(Quelle: unsplash.com)

Faktencheck | Epidemische Lage

Corona - und kein Ende?

Impfen – Testen – Lockdown: Trotz aller Anstrengungen im Kampf gegen das Coronavirus dauert die Pandemie an. Deshalb hat der Bundestag festgestellt, dass die „epidemische Lage von nationaler Tragweite“ fortbesteht. Was das bedeutet und was damit einhergeht, hier der Faktencheck. 

Faktencheck

  • Was bedeutet „epidemische Lage von nationaler Tragweite“?

    Eine „epidemische Lage von nationaler Tragweite“ bedeutet laut Infektionsschutzgesetz, dass eine ernsthafte Gefahr für die öffentliche Gesundheit in der gesamten Bundesrepublik Deutschland besteht. Im Fall der Corona-Pandemie hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) eine gesundheitliche Notlage internationalen Ausmaßes ausgerufen. Da Viren keine Grenzen kennen, sind auch die Menschen in Deutschland der Gefahr ausgesetzt, sich in großem Maßstab zu infizieren – mit allen möglichen Folgen wie schweren Krankheitsverläufen und Tod. Daher müssen die Bundesregierung und die Landesregierungen Schutz- und Hilfsmaßnahmen ergreifen. Die Feststellung einer „epidemischen Lage von nationaler Tragweite“ durch den Deutschen Bundestag bietet dafür die gesetzliche Grundlage.  

  • Wie lange gelten die Corona-Sonderregelungen?

    Am 25. März 2020 hat der Bundestag erstmals eine „epidemische Lage von nationaler Tragweite“ ausgerufen. Am 18. November 2020 wurde das Fortbestehen dieser Lage festgestellt. Gekoppelt daran sind zum einen Verordnungen, die die Teststrategie, die Impfpriorisierungen und Einreiseregeln betreffen, zum anderen Hilfen etwa für Pflegeeinrichtungen, Arztpraxen oder Familien. Diese Maßnahmen waren überwiegend bis zum 31. März 2021 befristet. 

    Da die Pandemie Deutschland aber immer noch im Griff hält, hat der Bundestag festgestellt, dass die epidemische Lage von nationaler Tragweite fortbesteht. Spätestens im Juni wird das Parlament überprüfen, wie der Stand der Pandemie ist und ob die Gegenmaßnahmen noch benötigt werden. Mit Hilfe der Test- und Impfstrategie arbeiten alle Kräfte im Staat daran, die Ausbreitung des Virus einzudämmen.  Ob das gelingt, hängt nicht zuletzt davon ab, ob die hochansteckenden und sich rasch ausbreitenden Mutationen in Schach gehalten werden können.

    Wie dem auch sei: Die Feststellung des Bundestags, dass eine epidemische Lage (fort-)besteht, gilt nur für drei Monate. Verlängert der Bundestag sie nicht von sich aus, dann treten alle Verordnungen, die damit verbunden sind, außer Kraft. 

  • Wer bestimmt, was in der Pandemie passiert?

    Für die Maßnahmen, die gegen die Corona-Pandemie ergriffen werden, setzt der Bundestag mit dem Infektionsschutzgesetz den Rahmen. Die Umsetzung erfolgt auf Ebene der Bundesregierung und der Landesregierungen.

    Weil eine solche Pandemie für Deutschland eine neuartige Herausforderung ist, hat der Bundestag das Infektionsschutzgesetz seit Beginn der Corona-Pandemie bereits dreimal angepasst. Mit dem „Gesetz zur Fortgeltung der die epidemische Lage von nationaler Tragweite betreffenen Regelungen“, das am 4. März verabschiedet wurde, wird es erneut novelliert.

    Der Bundestag erlaubt mit dem Gesetz der Bundesregierung, Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung zu ergreifen und Rettungsschirme für Familien oder Pflegeeinrichtungen aufzuspannen. Er formuliert auch Impfziele, an die sich die Ständige Impfkommission (STIKO) bei ihrer Priorisierung von Impfgruppen halten muss – etwa die Verminderung schwerer oder tödlicher Krankheitsverläufe oder den Schutz von Personen, die aufgrund ihres Berufes ein besonders hohes Infektionsrisiko haben.

    Das Infektionsschutzgesetz legt bereits in der aktuellen Fassung Schwellenwerte fest, ab denen stufenweise Schutzmaßnahmen von den Ländern ergriffen werden können. So gelten die Grenzwerte von 35 und 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohnern je Woche. In der neuen Fassung sollen neben diesen Inzidenzen auch der R-Wert – also die Ansteckungsrate –, eine Verbreitung von ansteckenderen Virusvarianten und die Impfquote bei der Verhängung oder Lockerung von Schutzmaßnahmen berücksichtigt werden. 

    Insgesamt legt der Bundestag einen Rahmen fest, der den Landesregierungen genug Flexibilität gibt, um lokal und regional auf Veränderungen der Infektionslage zu reagieren. Zudem soll die Impfstrategie je nach Verfügbarkeit von Impfstoffen oder infolge neuer Erkenntnisse schnell angepasst werden können. Auch die Veränderungen, die die Ausbreitung von Mutanten mit sich bringen, werden in den Blick genommen.
     

  • Wie kontrolliert der Bundestag die Corona-Maßnahmen der Bundesregierung?

    Entgegen der Vorwürfe der Opposition ist der Bundestag in der Corona-Pandemie auf dem Fahrersitz. Fast in jeder Sitzungswoche seit Ausbruch der Pandemie im März 2020 wurde die Lage erörtert, wurden Anträge und Gesetzesvorhaben zum Gesundheitsschutz oder zur Unterstützung von Familien, der Wirtschaft und dem Gesundheitswesen debattiert. Mit dem Infektionsschutzgesetz und seinen Novellierungen setzt das Parlament den Rahmen für konkrete Regelungen auf Bundesebene und insbesondere auf Landesebene.

    Mehrfach haben die Bundeskanzlerin oder Kabinettsmitglieder wie Bundesgesundheitsminister Jens Spahn und Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier entweder Regierungserklärungen vor dem Bundestag abgegeben oder sich der Regierungsbefragung gestellt. 

    Der Bundestag hat außerdem ein neues Gremium eingesetzt, das sich ab Ende März/Anfang April 2021 mit allen Facetten der Pandemie befassen wird – von Virusmutationen über Impfpriorisierung und Langzeitfolgen einer Erkankung bis zu sozialen Aspekten. Das „Parlamentarische Begleitgremium Covid-19-Pandemie“ wird ein Unterausschuss des Gesundheitsausschusses des Bundestages. Es wird aus 21 Mitgliedern bestehen, die auch aus anderen Ausschüssen kommen sollen, da es sich bei der Corona-Pandemie um ein Querschnittsthema handelt. Das Gremium wird regelmäßig von der Bundesregierung über das Infektionsgeschehen unterrichtet und gibt zu aktuellen Anlässen Auskunft. 
     

  • Welche Vorgaben macht der Bundestag zum Thema Impfen?

    Der Bundestag hat in der Novelle des Infektionsschutzgesetzes Impfziele benannt, die die Ständige Impfkommission (STIKO) in ihren Empfehlungen zu Impfungen gegen das Corona-Virus berücksichtigen muss. Als Impfziele ausdrücklich aufgeführt werden die Verringerung schwerer oder tödlicher Krankheitsverläufe und der Schutz von Personen, die berufsbedingt ein besonders hohes Infektionsrisiko tragen – etwa medizinisches Personal und Pflegepersonal.

    Die Impfverordnung des Bundes sieht drei Gruppen vor, die vorrangig geimpft werden sollen. Zur ersten gehören über 80-Jährige, die Bewohner und Mitarbeiter von Alten- und Pflegeheimen sowie medizinisches Personal in Notaufnahmen, zur zweiten Gruppe unter anderem über 70-Jährige, Menschen mit bestimmten Vorerkrankungen, weiteres medizinisches Personal sowie Lehrer an Grund-, Sonder- und Förderschulen und Kinderbetreuer. Die dritte Gruppe bezieht weitere Risikogruppen und gefährdete Berufsgruppen mit ein. Genannt werden hier zum Beispiel Personen, die im Lebensmitteleinzelhandel oder im Transport- und Verkehrswesen tätig sind.

    Bereits mehrfach wurde die Impfverordnung angepasst – beispielweise, um Ärzten mehr Einzelfallentscheidungen zu ermöglichen und um Lehrer an Grund-, Sonder- und Förderschulen sowie Kita-Angestellte hochzustufen. Eine Priorisierung ist so lange erforderlich, wie nicht genügend Impfstoff für alle Impfwilligen zur Verfügung steht. 

  • An welche Kriterien knüpft der Bundestag Schutzmaßnahmen und Lockerungen?

    Im Infektionsschutzgesetz sind zwei Schwellenwerte genannt, ab denen Schutzmaßnahmen verhängt oder gelockert werden können: wenn die Zahl der Neuinfektionen 35 oder 50 pro 100.000 Einwohner je Woche überschreitet. Wenn die sogenannte Inzidenz die 50 überschreitet, können die Gesundheitsämter in der Regel die Kontakte nicht mehr nachverfolgen und die Infektionsketten nicht mehr durchbrechen. Eine Überlastung des Gesundheitswesens, insbesondere der Intensivstationen, droht. 

    Die Novellierung sieht vor, dass auch der R-Wert, also die Ansteckungsrate, und die Impfquote in die Betrachtung einbezogen werden sollen. Liegt der R-Wert über eins, dann weitet sich das Infektionsgeschehen aus, liegt er darunter, nimmt es ab. Je mehr Menschen geimpft sind, desto weniger können schwer erkranken. In den Blick nimmt das Gesetz nun auch die Ausbreitung von hoch ansteckenden Mutanten. In Deutschland beträgt der Anteil der britischen Mutante gegenüber dem Wildvirus bereits 46 Prozent (Stand: Ende Februar 2021; Auswertung von fünf Laborverbünden). 

    Generell gilt: Alle Maßnahmen, die zur Eindämmung der Pandemie ergriffen werden, müssen verhältnismäßig sein. 
     

  • Welche Unterstützungsmaßnahmen werden verlängert?

    Pflegeeinrichtungen werden weiter unterstützt, um in der Corona-Pandemie entstandene Mindereinnahmen auszugleichen. Somit erhalten sie mehr Planungssicherheit in diesen schwierigen Zeiten. Gerade Pflegeeinrichtungen haben Einbußen, weil viele ältere Menschen wegen der Ansteckungsgefahr zögern, sich in eine vollstationäre Einrichtung zu begeben. Die Häuser bekommen pandemiebedingte Minderausgaben noch bis zum 30. Juni 2021 erstattet.
    Auch Sonderregelungen für Pflegebedürftige und pflegende Angehörige gelten weiter: So wird nicht nur die Erhöhung der Pflegehilfsmittelpauschale von 40 auf 60 Euro bis zum Jahresende verlängert, sondern auch die Möglichkeit für Familien, zusätzliche Pflegezeit und Familienpflegezeit in Anspruch zu nehmen, wird bis Ende Juni 2021 verlängert. 

    Der Entschädigungsanspruch von Eltern für die Betreuung von Kindern bis zum 12. Lebensjahr oder von Kindern, die behindert und auf Hilfe angewiesen sind, gilt auch dann, wenn der Zugang zum Kinderbetreuungsangebot eingeschränkt wird. Dasselbe greift, wenn eine behördliche Empfehlung vorliegt, vom Besuch einer solchen Einrichtung abzusehen. Der Anspruch soll im Übrigen unabhängig davon bestehen, ob die geschuldete Arbeitsleistung nicht auch grundsätzlich im Homeoffice erbracht werden kann. Das führt zu einer weiteren Entlastung für die von der Corona-Pandemie sehr beanspruchten Familien. Die Anspruchsdauer von insgesamt zehn Wochen pro Elternteil beziehungsweise zwanzig Wochen für alleinerziehende Mütter oder Väter zählt ab dem 28. März 2021 neu.

    Darüber hinaus ist eine zusätzliche Prämie für Klinik-Beschäftigte vorgesehen, die einer erhöhten Arbeitsbelastung aufgrund der unmittelbaren Versorgung von Covid-Patienten ausgesetzt waren. Damit reagiert die Koalition auf die Tatsache, dass die zweite Welle der Pandemie viele Krankenhäuser und ihre Beschäftigten vor eine noch größere Belastung gestellt hat als die erste. Für die Prämien stellt der Bund zusätzlich 450 Millionen Euro zur Verfügung. 
     

  • Sind die geltenden Corona-Maßnahmen schon der Weisheit letzter Schluss?

    Eine derartige Pandemie muss die Bundesrepublik Deutschland erstmals seit ihrer Gründung bewältigen. Insofern stellt sie eine neuartige Herausforderung dar, bei der Bundestag und Regierung zunächst auf Sicht gefahren sind. 

    Bis Ende des Jahres soll daher ein unabhängiges und fachübergreifendes Wissenschaftlergremium die im Zusammenhang mit der Corona-Krise ergriffenen Maßnahmen evaluieren – seien es die zum Schutz der Bevölkerung und zur Eindämmung des Virus, zur Digitalisierung der Gesundheitsämter, zur Hilfe für Familien oder zur Rettung der Wirtschaft.

    Eine neue Regierung, die sich nach der Bundestagswahl im September bildet, -wird auf dieser Grundlage weitere gesetzliche Anpassungsschritte prüfen. Denn auch für die Zukunft gilt: Pandemien eines solchen Ausmaßes sind auch weiterhin nicht auszuschließen.