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(Quelle: Elisabeth Motschmann)

Motschmann: „Ostdeutsche haben Enormes geleistet“ 

30 Jahre Deutsche Einheit | Kurzinterview mit Elisabeth Motschmann

Die Feierlichkeiten zu 30 Jahren Deutsche Einheit werden wegen der Corona-Beschränkungen auf 30 Tage ausgedehnt. Dazu drei Fragen an und drei Antworten von Elisabeth Motschmann, der kultur- und medienpolitischen Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion.

Frau Motschmann, wie gefällt Ihnen das aus der Corona-Not geborene Konzept „30 Jahre - 30 Tage - 30 x Deutschland“?

Motschmann: Wie viele andere hätte ich mir natürlich gewünscht, dass wir dieses besondere Jubiläum mit einem großen Bürgerfest feiern. Aber in diesem Jahr geht auch hier der Gesundheitsschutz vor – ohne Frage. Mit der „Einheits-Expo: 30 Jahre - 30 Tage - 30 x Deutschland" wurde in kurzer Zeit ein gutes Alternativprogramm entworfen. Wer die Ausstellung in Potsdam nicht besuchen kann, hat die Möglichkeit sich digital zuzuschalten. 

Das finde ich besonders wichtig, denn der 30. Jahrestag der Deutschen Einheit ist ein nationales, bundesweites Ereignis. Die meisten Menschen haben Grund zum Feiern – im Norden, Süden, Westen oder Osten Deutschlands. Allerdings wünsche ich mir dafür eine noch größere mediale Aufmerksamkeit. Jeder ist eingeladen und kann mit dabei sein, getreu dem Motto „Wir miteinander“. Ich würde mir auch wünschen, dass es einen symbolischen Feierakt an der Baustelle des Freiheits- und Einheitsdenkmals in Berlin gäbe, für das wir als Union viele lange Jahre gekämpft haben. 

„40 Jahre Teilung hinterlassen Spuren“

30 Jahre sind eine Generation. Ist der Prozess der Wiedervereinigung für Sie nun abgeschlossen?

Motschmann: Unser Land war 40 Jahre lang geteilt, das hinterlässt Spuren, auch weit über eine Generation hinaus. Ich hatte das große Glück im westlichen, freien Teil Deutschlands zu leben, und habe mich immer den Menschen im Osten verbunden gefühlt. Ein Teil meiner Familie ist nach der Wiedervereinigung nach Mecklenburg-Vorpommern gezogen. Dort fühle ich mich fast wie zu Hause. Viele Menschen waren aber auch 30 Jahre nach der Deutschen Einheit noch nie in den neuen Bundesländern. Das finde ich sehr schade. 

Der Einigungsprozess war für die Menschen dort mit einem Systemwechsel und andauernden Umbrüchen verbunden. Sie haben Enormes geleistet. Inzwischen überwiegen für über 70 Prozent der Ostdeutschen die Vorteile durch die Wiedervereinigung. Dabei konnte die junge Generation natürlich viel stärker von der Deutschen Einheit profitieren. Die ganz große Aufgabe bleibt die Angleichung der Lebensverhältnisse in strukturschwachen, ländlichen Regionen, von denen ein Großteil im Osten Deutschlands liegt. Dass wir heute aber alle gemeinsam in einem freien, demokratischen Deutschland leben dürfen, sollte uns mit großer Dankbarkeit und Freude erfüllen.  

Wie geht es mit der Aufarbeitung der SED-Diktatur weiter?

Motschmann: Zunächst: Die Aufarbeitung muss weiter gehen – das ist unsere Pflicht und politische Botschaft zugleich. Viele Opfer leiden bis heute unter den Folgen der 40-jährigen Diktatur in der DDR. Sie müssen Gehör finden. Sie sollten jedoch nicht ertragen müssen, dass Politiker öffentlich in Abrede stellen, dass die DDR ein Unrechtsstaat war. Verharmlosung und Schönfärberei dürfen wir nicht zulassen. 

"Stasiakten als „nationales Gedächtnis“ anerkennen"

Vieles haben wir bereits auf den Weg gebracht, auch in den letzten vier Jahren, zum Beispiel die Entfristung der Rehabilitierungsgesetze für politisch Verfolgte, das Bundesprogramm „Jugend erinnert“ oder den Bundestagsbeschluss für ein Mahnmal für die Opfer des Kommunismus. Noch in diesem Jahr werden wir das Amt eines Bundesbeauftragten für die Opfer der SED-Diktatur schaffen. Zugleich werden wir die Stasiakten als „nationales Gedächtnis“ anerkennen und rechtlich dauerhaft in das Bundesarchiv überführen. Natürlich stärken wir auch weiterhin die wichtige Arbeit der Gedenkstätten. Sie bleiben bedeutende Orte der Erinnerung, Zeitzeugenarbeit und Vermittlung, vor allem für die nächsten Generationen.