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(Quelle: Deutscher Bundestag | Inga Haar)

Kippels: „WHO muss unabhängiger werden“

Kurzinterview zur Bedeutung der Weltgesundheitsorganisation

Inmitten der Corona-Pandemie haben die USA ihren Austritt aus der Weltgesundheitsorganisation (WHO) verkündet. Dazu im Kurzinterview Georg Kippels, Berichterstatter der CDU/CSU-Bundestagsfraktion für globale Gesundheit.

Herr Kippels, die USA werfen der WHO vor, sie sei schuld an der Ausbreitung der Pandemie. Ist der Vorwurf berechtigt?

Kippels: Nein, dieser Vorwurf entbehrt der Grundlage. Die Arbeit der WHO und deren Erfolg sind immer an ihrer Ausstattung, ihrer Struktur und ihrem Mandat zu messen. Danach hat sie ihr Möglichstes getan.  Das hat sich auch darin gezeigt, dass die WHO im Jahr 2019 explizit und zutreffend Pandemien als eine der zehn größten Gefahren für die Weltgesundheit benannt hat. 

„Pflichtbeiträge müssen erhöht werden“

Berechtigt ist aber die Frage, ob dieser Rahmen den Herausforderungen gewachsen ist. Um effektiver zu sein, muss die WHO auf jeden Fall finanziell besser ausgestattet werden. Bereits vor der Pandemie hat sich Deutschland für eine Erhöhung der seit 1993 eingefrorenen Pflichtbeiträge eingesetzt. Nur eine dauerhaft und nachhaltig besser ausgestattete WHO kann globalen Gesundheitskrisen die Stirn bieten. Die Erwartungen an die WHO müssen solide unterlegt sein. 

Die USA sind der größte Geldgeber der WHO. Welche Folgen wird der Austritt haben?

Kippels: Mit dem Ausstieg der USA fallen 15 Prozent des WHO-Zweijahreshaushaltes aus. Das ist ein falsches Signal für die Bedeutung der WHO. Die internationale Gemeinschaft muss das aber klar als Mahnung werten, das eigene Engagement hochzufahren. 
Ich bin sehr froh, dass Deutschland sich zusammen mit Frankreich umgehend positioniert hat. Ich begrüße überaus, dass der finanzielle Beitrag Deutschlands in diesem Jahr auf mehr als eine halbe Milliarde Euro erhöht wird. Krankheiten kennen keine Grenzen. Je größer die Ausdehnung, desto stärker wächst der finanzielle Bedarf bei der Bekämpfung. 
Pandemien können nicht nationalstaatlich gelöst werden. Unser Wohlstand in Deutschland hängt auch vom Wohlergehen der Menschen in allen Teilen der Welt ab. Das ist eine unübersehbare Folge der Globalisierung und hat sich in der Krise vielfach gezeigt. Die Lösung kann nur multilateral sein. Das Bekenntnis zur WHO bedeutet aber natürlich nicht, dass wir nicht Reformbedarf in vielfältiger Hinsicht identifizieren dürften und sogar müssen.

Welchen Reformbedarf sehen Sie bei der WHO?

Kippels: Der Reformbedarf ist für mich finanziell, strukturell und organisatorisch gegeben.  Höhere Beiträge geben der WHO nicht nur mehr Handlungsspielraum, sondern werten die Organisation als solche auf. Auch die generelle Erhöhung der freiwilligen Beiträge an die WHO oder besser noch der nicht-zweckgebundenen freiwilligen Beiträge wären ein Schritt in die richtige Richtung. 

„WHO muss unabhängiger werden“

Ich begrüße ebenso die bereits erwähnte Initiative von Deutschland und Frankreich für eine organisatorische Reform der Weltgesundheitsorganisation, die sie unabhängiger machen soll vom Einfluss und der Zustimmung einzelner Staaten. Eine bessere finanzielle Ausstattung führt auch zu einer Verbesserung der Arbeitsstruktur und damit der Koordinationsleistung in Krisenzeiten. Erfolg bei der Krisenbewältigung erfordert einen schnelleren Informationslauf. Langfristig müssen wir zwingend den Fokus auf die Stärkung der Gesundheitssysteme legen. Denn nur resiliente Gesundheitssysteme können weltweite Krisen, wie wir sie aktuell erleben, nachhaltig in den Griff bekommen.