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Jung: Deutsch-französisches Tandem ist wichtig

Andreas Jung zum Jahrestag der Unterzeichnung des Elysée-Vertrags

Am 22. Januar 1963 unterzeichneten Bundeskanzler Konrad Adenauer und Staatspräsident Charles de Gaulle den Elysée-Vertrag, mit dem der Grundstein für die deutsch-französische Freundschaft gelegt wurde. Zu diesem Jahrestag drei Fragen an und drei Antworten von Andreas Jung, dem Co-Vorsitzenden der deutsch-französischen Parlamentarischen Versammlung, die sich vor knapp einem Jahr konstituierte.

ANDREAS jUNG

Herr Jung, wie ist heute – 57 Jahre nach der Unterzeichnung des Elysée-Vertrags – der Stand der deutsch-französischen Freundschaft?
Andreas Jung: Historisch gesehen ist die deutsch-französische Freundschaft ein Glücksfall der Geschichte. Ein Blick auf die Lage in und um Europa zeigt, dass das deutsch-französische Tandem heute wichtiger denn je ist. Die enge Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Frankreich ist die Grundlage dafür, dass die EU auch in einer immer komplexeren Welt handlungsfähig bleibt. Entscheidend ist, dass Deutsche und Franzosen sich nicht einigeln. 

„Mit dem Aachener Vertrag Freundschaft auf eine neue Stufe gehoben“

Dennoch ist klar, dass es zwischen Paris und Berlin immer auch unterschiedliche Meinungen gibt. Entscheidend ist daher der Wille, zu einer gemeinsamen Linie zu kommen. So können wir Europa zusammen voranbringen und gemeinsame Visionen entwickeln. Damit der deutsch-französische Motor auch in Zukunft als Antrieb wirken kann, haben die beiden Regierungen vor genau einem Jahr den Vertrag von Aachen geschlossen und so die deutsch-französische Freundschaft auf eine neue Stufe gehoben. 
 
Inwiefern haben das Parlamentsabkommen zwischen dem Bundestag und der Assemblée Nationale sowie der Aachener Vertrag, die beide im vergangenen Jahr geschlossen wurden, zur Vertiefung der Beziehungen beigetragen?
Jung: Mit dem Vertrag von Aachen haben unsere beiden Länder ein neues Kapitel ihrer Freundschaft aufgeschlagen. Der Vertrag beinhaltet viele konkrete Projekte und umfasst damit alle drei Dimensionen der deutsch-französischen Beziehungen, nämlich die internationale, die europäische und die bilaterale, die die grenzüberschreitende umfasst. Vereinbart wurde zum Beispiel ein Bürgerfonds, der unbürokratisch zivilgesellschaftliche Projekte unterstützen soll. Mit konkreten Erleichterungen im Alltag der Bürgerinnen und Bürger in den Grenzregionen soll sich der Ausschuss für grenzüberschreitende Zusammenarbeit beschäftigen. Naturgemäß genießt auch die Förderung des sprachlichen und kulturellen Austauschs im Vertragstext einen hohen Stellenwert. 

Elyssee Vertrag
Der französische Staatspräsident Charles de Gaulle (rechts) und der deutsche Bundeskanzler Konrad Adenauer (links) umarmen sich nach der Unterzeichnung des deutsch-französischen Freundschaftsvertrages in Paris am 22. Januar 1963.  Foto: dpa/Fotoreport

„Parlamente sind Herzkammern der Freundschaft“

Mit der Verabschiedung des deutsch-französischen Parlamentsabkommens im März 2019 haben der Deutsche Bundestag und die Assemblée Nationale die parlamentarische Dimension der Zusammenarbeit bedeutend gestärkt. Die deutsch-französische Freundschaft ist eben nicht nur eine zwischen den beiden Regierungen, sondern vor allem auch eine zwischen den Bürgerinnen und Bürgern. BundestagspräsidentWolfgang Schäuble bezeichnete die beiden Parlamente als Herzkammern der deutsch-französischen Freundschaft. 
 
Welche Auswirkungen wird der Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union Ende Januar auf die deutsch-französischen Beziehungen haben?
Jung:
Der Brexit stellt die EU auf die Probe und ist eine große Herausforderung. Die verbleibenden Mitgliedstaaten müssen zusammenrücken. Deutschland und Frankreich kommt bei Integration und Ausgleich eine wichtige Aufgabe zu. Nicht zuletzt hat das Ausscheiden Großbritanniens auch finanzielle Konsequenzen. All das sollte für strukturelle Reformen genutzt werden. Der Blick muss dabei nach vorne gerichtet werden. Dann kann die EU gestärkt aus diesem Prozess heraus gehen. Gerade im Rahmen ihrer demnächst nacheinander kommenden EU-Ratspräsidentschaften können Deutschland und Frankreich wichtige Impulse geben.