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Uwe Feiler: In Deutschland arbeiten knapp 15 Millionen Menschen ehrenamtlich

Straftaten und Gemeinnützigkeit schließen sich aus

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die meisten von uns werden bei ihrer Arbeit in den Wahlkreisen nicht nur täglich mit dem vielfältigen Engagement von ehrenamtlich getragenen Vereinen konfrontiert, sondern nehmen oft als Mitglieder am Vereinsleben teil oder wirken in Vorständen mit.

Knapp 15 Millionen Menschen arbeiten in Deutschland ehrenamtlich und erbringen Leistungen zum Beispiel im Bereich des Sports, der Nachbarschaftshilfe, im Tier- und Naturschutz, in der Seniorenarbeit oder in der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen. Sie erfüllen damit Aufgaben, zu denen der Staat niemals in der Lage wäre, und sorgen so maßgeblich für den Zusammenhalt unserer Gesellschaft. An dieser Stelle ein herzliches Dankeschön an all diese Ehrenamtlichen!

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP und der LINKEN)

Besonders erfreulich finde ich den Umstand, dass die Zahl engagierter Menschen in den letzten Jahren kontinuierlich zugenommen hat. Im Jahre 2012 lag die Zahl noch bei 12,2 Millionen Ehrenamtlichen.

Der Fiskus unterstützt das Vereinsleben durch zahlreiche Steuererleichterungen, sofern die Voraussetzungen der Gemeinnützigkeit erfüllt sind. Diesen steuerlichen Vorteilen – sei es bei den Ertragsteuern, der Grund-, Erbschaft- oder Schenkungsteuer, der Kapitalverkehrsteuer oder durch die Abzugsfähigkeit von Mitgliedsbeiträgen, Spenden und Aufwandsentschädigungen – stehen aber auch Pflichten gegenüber, die bei den Verantwortlichen leider oftmals etwas in den Hintergrund treten.

Die Abgabenordnung beschreibt sehr genau, welche Kriterien erfüllt sein müssen, um als Verein den Status der Gemeinnützigkeit zu erhalten. Diese von vielen Funktionsträgern in den Vereinen oft als Korsett empfundenen Rahmen stellen jedoch sicher, dass die Tätigkeit darauf gerichtet ist, „die Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet entsprechend selbstlos“ zu fördern. So ist es in § 52 der Abgabenordnung legal definiert.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, bei einigen Vereinen stelle auch ich mir die Frage, wie das praktische Handeln von Verantwortungsträgern und Mitgliedern mit den von mir beschriebenen gesetzlichen Bestimmungen und satzungsgemäßen Zwecken in Einklang zu bringen sein soll.

Die Kolleginnen und Kollegen von der FDP wollen mit ihrem Antrag sichergestellt wissen, dass die Verübung von Straftaten nicht mit dem Gemeinnützigkeitsstatus vereinbar ist. Dabei wird anhand des Einzelfalls der Tierrechtsorganisation PETA sehr plastisch illustriert, mit welch fragwürdigen Mitteln Vereine und Institutionen meinen, auf sich und ihre Ziele aufmerksam machen zu müssen.

Viele von Ihnen haben in den vergangenen Tagen und Wochen Zuschriften von Landwirten und Angelvereinen erhalten, die sich durch das Wirken von PETA in ihrer Arbeit pauschal herabgewürdigt sehen. Ich bin selbst leidenschaftlicher Angler und weiß, dass diese genauso wie Landwirte oder Jäger einen wichtigen Beitrag zum Erhalt unserer Natur leisten und ihre Aufgabe sehr verantwortungsvoll wahrnehmen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Während bei äußerst wohlwollender Betrachtung die generelle Verunglimpfung des Angelns als vermeintliche Tierquälerei vielleicht als grenzwertige, aber noch zulässige Form der inhaltlichen Auseinandersetzung eingestuft werden kann, sind für mich PETA-Aktionen wie der „Holocaust auf Ihrem Teller“ aus dem Jahre 2004 oder die Abschussliste mit Politikerfotos, die man erledigt hat, aus diesem Jahr nicht mehr hinnehmbare Grenzüberschreitungen.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Wenn das Ganze dann auch noch mit der Androhung bzw. der Durchführung von Stalleinbrüchen garniert wird, stellt sich mir die Frage, inwiefern hier noch förderungswürdige Ziele verfolgt werden.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, bei aller Empörung in der Sache muss uns allen hier aber bewusst sein, dass wir als Gesetzgeber eben gerade nicht Einzelfälle entscheiden, sondern generell-abstrakte Rechtsnormen erlassen, die von der Verwaltung im Einzelfall umgesetzt werden müssen.

Dass das nicht immer leicht ist, scheint aber auch der FDP bewusst geworden zu sein, sonst hätte sie ihren Antrag nicht geändert. Während in der Urfassung für den Entzug der Gemeinnützigkeit noch ausschließlich auf die Körperschaft abgehoben wurde, die gegen Strafgesetze verstößt oder zum Rechtsbruch aufruft, konnte ich der neuen Version entnehmen, dass nun auch die Repräsentanten der Körperschaften miteinbezogen werden sollen.

Genau das ist der entscheidende Punkt, meine Damen und Herren: Körperschaften selbst sind nicht handlungsfähig, sondern benötigen immer natürliche Personen, die für sie tätig werden. Diese Handlungen müssen dann aber auch noch dem jeweiligen Verein zugerechnet werden. Das kann neben der Handlung durch den Vereinsvorstand selbst zum Beispiel bereits durch die Duldung von Aktionen im Namen des Vereins durch Mitglieder und durch das Unterlassen entsprechender Maßnahmen geschehen.

Losgelöst von dieser Maßnahme hat die Finanzverwaltung bereits heute die notwendigen Instrumente an der Hand, um tätig werden zu können. Der BFH hat bereits 1978 zu den Anforderungen an die tatsächliche Geschäftsführung eines Vereins entschieden, dass die Einhaltung der verfassungsgemäßen Ordnung Grundvoraussetzung für die Gewährung der Gemeinnützigkeit ist. Das geht sogar so weit, dass bereits, von Gesetzesverstößen abgesehen, die Nichtbefolgung von polizeilichen Anordnungen einen Verstoß in dem oben genannten Sinne darstellt.

Der Anwendungserlass zu § 52 der Abgabenordnung hat diesen Punkt ebenfalls aufgenommen und ist für die Finanzverwaltung bei der Ausübung ihrer Ermessens­entscheidung bindend. Vor diesem Hintergrund bedarf es keiner gesonderten Aufforderung an die Bundesregierung, hier tätig zu werden, sondern vielmehr des entschlossenen Handelns in den Finanzämtern vor Ort, die bei Kenntnis von Straftaten, die Vereinen zuzurechnen sind, die Gemeinnützigkeit entziehen können, in meinen Augen entziehen müssen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)