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Sepp Müller: Wir sagen der Geldwäsche den Kampf an

Rede zur Umsetzung der Änderungsrichtlinie zur Vierten EU-Geldwäscherichtlinie

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kommen wir zurück zum Thema. Unter Geldwäsche verstehen wir nicht die paar Euro,  die in der Waschmaschine in der Hosentasche mitgewaschen werden. Nein, unter Geldwäsche verstehen wir Geld, welches unrechtmäßig erworben, in den Wirtschaftskreislauf gebracht und somit faktisch legalisiert wurde.

Ein Beispiel zum besseren Verständnis: Der Drogendealer Max treibt im Monat 20 000 Euro ein. Max ist clever und zahlt es nicht bei der Sparkasse ein. Warum? Ab 10 000 Euro muss er sich erklären und sagen, woher das Geld kommt. Verweigert er dies, so veranlasst der Geldwäschebeauftragte der Sparkasse eine Verdachtsmeldung. Deswegen bunkert Max sein Geld zu Hause. Nach drei Jahren ist sein Kopfkissen so voll, dass Max schon fast im Stehen schlafen muss. Max ist clever. Er nimmt sein Geld und kauft davon ein Wohnungspaket in Berlin. Warum? Hier fragt niemand, woher das Geld kommt; denn Max hat seinen Geldkoffer dabei und bezahlt in bar. Monatlich erhält Max nun 4 500 Euro Mieteinnahmen, die er ordnungsgemäß bei der Steuererklärung angibt. Diese wird für richtig befunden. Er zahlt korrekt seine Steuern. Da Max pfiffig ist, macht er das Geschäft nicht nur einmal, sondern zwei-, drei-, viermal. Warum? Weil er es kann.

Was sich vielleicht spaßig anhört, ist leider tierischer Ernst. Das passiert im Übrigen bei Immobiliengeschäften. Der Spaß hört auch deswegen auf, weil der Terrorattentäter vom Breitscheidplatz, Anis Amri, und arabische Clanmitglieder dieses Geschäftsmodell angewendet haben. Zuletzt wurden in Berlin 70 Immobilien beschlagnahmt. Das ist aber erst die Spitze des Eisbergs. Auf diesem Wege – ich denke, ich spreche im Namen des gesamten Hauses – möchte ich mich bei allen Beteiligten für diesen Ermittlungserfolg bedanken.

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)

Damit diese Erfolge in den nächsten Jahren weiter zunehmen, sagen wir als Große Koalition der Geldwäsche den Kampf an.

Was haben wir bisher unternommen? Geldwäsche findet über Ländergrenzen hinweg statt. Wir haben mit der FIU, mit der Financial Intelligence Unit, eine Experteneinheit geschaffen, die mittlerweile mit 475 Experten innerhalb des Zolls ausgestattet ist; anfänglich  waren es 26 Mitarbeiter beim Bundeskriminalamt. Diese Geldwäschebekämpfungseinheit hat schnelleren Zugriff auf Daten aus anderen Staaten. Wir haben das Instrument der Verdachtsmeldung eingeführt. Hiermit sammelt die Einheit alle Meldungen, wertet sie aus und beurteilt sie. Sie entscheidet durch ihre Experten, ob es sich tatsächlich um Geldwäsche handelt oder nicht. Wir haben auch ein zentrales elektronisches Transparenzregister eingeführt. Der Bußgeldrahmen für schwerwiegende, wiederholte und systematische Verstöße wurde deutlich angehoben. Sie sehen: Wir handeln.

Aber wenn schon alles erledigt ist, warum müssen wir jetzt noch etwas tun? Weil wir als Große Koalition Typen wie Max keinen Zentimeter mehr lassen wollen; wir wollen ihm das Leben schwer machen. Wir als Union – und ich spreche hier auch für die SPD – sind fest entschlossen, jedes Schlupfloch, welches sich in den letzten Jahren aufgetan hat, zu schließen.

(Beifall des Abg. Bernhard Daldrup [SPD])

Erstens. Wir werden mit dem Gesetz die Befugnisse der Experten stärken. Sie werden zukünftig schneller und auf mehr Informationen der Strafverfolgungsbehörden zugreifen können. Es ist doch regelrecht schizophren, dass gerade aus den Datenbeständen, unter deren Verwendung Ermittlungen gegen Terrorverdächtige laufen, kaum Informationen an die Experten im Geldwäschebereich gegangen sind. Wir lassen es nicht zu, dass sich Terroristen in Deutschland finanzieren. Wir trocknen die Finanzströme für linke, rechte und religiöse Extremisten aus.

Zweitens. Wir begegnen neuen Bewegungen am Finanzmarkt. Wir werden Kryptowährungen mit in den Fokus nehmen. Egal ob in Euro, Dollar, Bitcoin oder Libra, wir sagen: keine Handbreit den Geldwäschern.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Drittens. Wir erweitern den Kreis der Verpflichteten. Unter anderem werden jetzt die Mietmakler und Autohändler mit erfasst.

Viertens. Wir kommen den europäischen Vorgaben nach und werden das Transparenzregister für die gesamte Öffentlichkeit zugänglich machen.

Heute erfolgte durch die Parlamentarische Staatssekretärin Ryglewski der erste Aufschlag im Parlament zu diesem Gesetz. Wir als CDU/CSU-Bundestagsfraktion wollen im parlamentarischen Verfahren den Entwurf zum Geldwäschebekämpfungsgesetz der Regierung noch besser machen. Dazu nur elf Punkte:

(Heiterkeit bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)

Erstens. Anders als andere halten wir als Union am Bargeld fest.

(Beifall des Abg. Michael Theurer [FDP])

Jeder hat bis jetzt, kann aktuell und wird zukünftig weiterhin seine Brötchen beim Bäcker mit Bargeld bezahlen dürfen.

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)

Zweitens. Zusätzliche bürokratische Hürden im vorauseilenden Gehorsam lehnen wir ab. Wir schauen uns nationale Sondersituationen ganz besonders an. Dazu gehört insbesondere die Berufsgruppe der Syndikusrechtsanwälte. Diese gibt es in der Form in kaum einem anderen EU-Land.

Drittens. Internationale Betreiber von digitalen Plattformen verweigern deutschen Zahlungsdienstleistern in vielen Fällen den Zugang zu ihren Plattformen, beispielsweise Apple Pay. Das ist auch für den Bereich der Geldwäsche- und Betrugsprävention relevant. Ob und inwieweit die Zahlungsauslösung durch Betrüger erfolgt, kann von dem dahinterstehenden Kreditinstitut damit nicht nachvollzogen werden. Die Verhinderung der Giganten wie Apple im Hinblick auf den Zugang zu deren Plattformen verstärkt diesen Trend sehr stark. Die Geldwäscheprävention wird erschwert. Es ist in unseren Augen an der Zeit, hier zu handeln!

Viertens. Für uns ist denklogisch, dass Aufsichtsbehörden im Nichtfinanzbereich auch gleichzeitig die Bußgeldbehörden sind. Warum dies im Entwurf beispielsweise bei den Steuerberater- und Rechtsanwaltskammern nicht der Fall ist, werden wir nicht nur hinterfragen; wir wollen das auch ändern.

Fünftens. Klar ist, dass jede Geldwäscheverdachtsmeldung gleichzeitig eine strafbefreiende Wirkung haben muss. Es ist unverständlich, dass aktuell eine Doppelmeldung, sowohl an die Experten als auch an die Strafverfolgungsbehörden, zu erfolgen hat. Wir stehen für Bürokratieabbau. Mit einer Bündelung schaffen wir den dringend notwendigen Abbau von Bürokratie. Wir fokussieren uns auf das Wesentliche und straffen die Ermittlungen.

Sechstens; das ist gerade für die Ehrenamtlichen so wichtig. 500 000 eingetragene Vereine, darunter Sportvereine, Kulturvereine oder auch der Männergesangsverein Nuttlar, erhielten in den letzten Wochen Post vom Bundesanzeiger. Hier wurde ihnen die Gebühr für den Eintrag im Transparenzregister mitgeteilt. Liebe Kollegen, auch der SPD: Es gilt für uns der Koalitionsvertrag. Wir wollen und werden das Ehrenamt unterstützen. Für uns als Union ist klar: Hier sollen den Worten auch Taten folgen. Deswegen setzen wir uns für die Abschaffung der Gebühren für gemeinnützige Vereine ein.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Siebtens. Wir nehmen das Transparenzregister noch einmal genau unter die Lupe. Durchsichtigkeit bei Geldwäsche ist richtig. Sie darf aber nicht dazu führen, dass datenschutzrechtliche Gesichtspunkte ausgehebelt werden. Es verbietet sich, Unternehmer unter Generalver- dacht zu stellen. Dass gerade die Grünen und die Linken das fordern, ist fast schon symptomatisch. Die einen begründen es aus der Ideologie der Verbote heraus, die anderen aus der Kritik an der sozialen Marktwirtschaft. Wir als Union werden es nicht durchgehen lassen, dass das Rückgrat unserer Volkswirtschaft durch diese ständigen Frontalangriffe von Bündnis 90/Die Grünen und den Linken kaputtgemacht wird.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Deswegen setzen wir uns für ein Transparenzregister mit Maß und Mitte ein. Die berechtigten Ziele sollen beibehalten werden. Gleichzeitig müssen Firmeninhaber geschützt werden.

Wir dulden keine Fälle wie das letzte unsägliche Beispiel einer Familie aus Berlin. Sie waren und sind mit ihrem Unternehmen sehr erfolgreich, und seit 2017 findet man diese Familie auch im Transparenzregister. Seitdem werden die Kinder von Bodyguards beschützt. Mittlerweile wurde einer der Aufpasser angegriffen, schwer verletzt und ist nun querschnittsgelähmt. Ob es einen unmittelbaren Zusammenhang mit dem Register gibt, konnte nicht ausgeschlossen werden. Klar ist, wer wie die Grünen und die Linken die Unternehmer immer an den Pranger stellt, nimmt sehenden Auges in Kauf, dass solche Taten nicht ausgeschlossen sind.

Achtens. Ja, wir setzen uns für mehr Transparenz zur Bekämpfung von Geldwäsche ein. Das gilt für beide Seiten der Medaille, für die, die eingetragen sind, die Unternehmer, und die anderen, die anfragen, beispielsweise die Nichtregierungsorganisationen. Transparency International, das Netzwerk Steuergerechtigkeit oder die Bürger- initiative Finanzwende, die sich selbst für grenzenlose Transparenz einsetzen, müssen sich genauso erklären.  In der Vergangenheit gab es bei Organisationen wie Transparency International die eine oder andere Ungereimtheit bei den Finanzströmen. Woher kommen zum Beispiel ihre Spenden? Wer sind die Entscheider und wer nur die Geldgeber? Deswegen setzen wir uns als Union für Transparenz auf beiden Seiten ein. Hierzu hat unser Kollege, Herr Professor Heribert Hirte, einen sehr guten Vorschlag vorgelegt. Diesen werden wir aufgreifen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Neuntens. Der Geldwäschebeauftragte einer Volksbank, Sparkasse oder privaten Bank ist aktuell persönlich haftend für seine Tätigkeit. Wir wollen, dass der Vorstand eines Kreditinstituts – wie bei allen anderen Handlungen seines Institutes auch – dafür haftet und geradesteht. Wir als Union stehen für den Schutz von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in diesem Land.

Zehntens. Den vielbeschworenen einheitlichen europäischen Kapitalmarkt erreichen wir nur dann, wenn wir in Deutschland keine Sonderrolle spielen. Beispielsweise ist es nicht nachzuvollziehen, dass wir in Deutschland maximal 100-Euro-Geldkarten an Tankstellen erwerben können, aber in unseren europäischen Nachbarländern 150-Euro-Geldkarten. Hier setzen wir uns als Union für eine Vereinheitlichung ein.

Elftens. Zum Schluss werden wir sehr kritisch prüfen – sehr geehrte Frau Ryglewski, da haben Sie unsere volle Unterstützung –, ob die vorgeschlagenen Maßnahmen im Immobilienbereich ausreichen. Wir werden in den nächsten Wochen mit den Experten sprechen und gegebenen- falls Anpassungen vornehmen.

Lieber Max, du siehst also: Geldwäsche in Deutschland wird sich zukünftig nicht mehr lohnen. Aber wir als Große Koalition bieten dir eine Alternative. Wir suchen dich als Arbeitskraft in der deutschen Wirtschaft. Knapp 790 000 freie Arbeitsplätze warten auf dich. Dafür haben wir die Rahmenbedingungen geschaffen. Deswegen kannst du schon morgen anfangen, mit ehrlicher Arbeit dein Geld zu verdienen. Das Leben als Geldwäscher machen wir dir von Tag zu Tag schwerer.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Bernhard Daldrup [SPD])

Mein Geld nehme ich mit, ja?