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Sepp Müller: "Wir alle haben eine Verantwortung"

Rede zum Vermögensaufbau und -besteuerung

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wer heute hier die Debatten verfolgt, der muss wirklich zu dem Schluss kommen, dass der Wahlkampf eröffnet ist. Die einen fordern „Steuern runter!“, die anderen gleich „Steuern rauf!“;

(Lothar Binding [Heidelberg] [SPD]: Na, wer denn?)

aber die Zuschauer fragen sich, ob das der Ernst ist.

Der Otto Normalverbraucher will gerade Antworten auf folgende Fragen: Wie bekommen wir die Todeszahlen runter? Welche Möglichkeiten gibt es kurzfristig, die Krankenhauskapazitäten zu erhöhen? Wie senken wir dauerhaft die Zahl der Neuinfektionen? – Was machen die FDP und die Linken in der vorherigen Debatte? Sie bedienen mit diesem aufgewärmten Menü die Forderungen ihrer Wählerklientel.

(Bettina Stark-Watzinger [FDP]: Nee, nee, nee!)

Liebe Kollegen über alle Parteigrenzen hinweg, brauchen wir jetzt nicht einen nationalen Kraftakt? In meinem Heimatwahlkreis, in Wittenberg, regiert ein linker Landrat, in meinem Heimatland die Kenia-Koalition aus Schwarzen, Roten und Grünen. Allen ist eines klar: dass wir jetzt über Parteigrenzen hinweg darum kämpfen müssen, den Menschen das Leben zu retten.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Liebe Freie Demokraten, glauben Sie ernsthaft, es interessiert irgendeinen vor Ort aktuell, was in Ihrem Antrag steht,

(Bettina Stark-Watzinger [FDP]: Ja!)

wie etwa Aktienverluste besser steuerlich abzusetzen sind?

(Christian Dürr [FDP]: Ja, allerdings!)

Schauen Sie, ich bin mit meinem Team seit Weihnachten im Gesundheitsamt in Wittenberg unterwegs. Wir verfolgen die Kontaktketten, weil bei uns die Hütte brennt. Meinen Sie allen Ernstes, ich hätte bei einer Vorbesprechung mit dem linken Landrat ein einziges Mal über die Einführung der Vermögensteuer debattiert?

(Bettina Stark-Watzinger [FDP]: Dann sagen Sie das Ihrem Koalitionspartner Olaf Scholz! – Christian Dürr [FDP]: Das ist doch der Finanzminister, dessen Vorlage das fordert!)

Ist das allen Ernstes Ihre Idee, wie wir aus dieser Anstrengung herauskommen? Nein. Wir haben gemeinsam versucht, Lösungen zu finden, damit nächste Woche bei mir im Wahlkreis das Krankenhaus nicht überläuft.

(Bettina Stark-Watzinger [FDP]: Ja, die Impfstrategie können wir gerne auch diskutieren!)

Unser Ministerpräsident Reiner Haseloff und seine SPD-Gesundheitsministerin Petra Grimm-Benne versuchen gerade, alles Menschenmögliche zu tun, um die Menschen in unserem Land zu impfen und zu schützen. Und noch einmal: Brauchen wir heute nicht einen nationalen Kraftakt über Parteigrenzen hinweg?

(Bettina Stark-Watzinger [FDP]: Haben wir angeboten bei der Impfstrategie!)

Lasst uns dabei den Wahlkampf hintanstellen.

(Beifall bei der CDU/CSU – Bettina Stark-Watzinger [FDP]: Haben wir alles angeboten!)

Liebe FDP, was nützt es denn, wenn wir den Soli für die Einzelhändler beispielsweise abschaffen?

(Bettina Stark-Watzinger [FDP]: Damit die ihre Geschäfte wieder eröffnen können, deshalb!)

Einer davon hat mich gestern tränenüberströmt angerufen, weil er ab Februar kein Geld mehr hat. Was nützt dem die Abschaffung des Soli, wenn er gar kein Einkommen mehr hat, auf das er überhaupt Soli zahlen kann?

(Beifall der Abg. Daniela Kolbe [SPD] und Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der Einzelhändler will, der Schuhhändler will, dass wir hier, verdammt noch mal, unsere Arbeit machen,

(Christian Dürr [FDP]: Das tun Sie ja nicht, Herr Kollege Müller! – Bettina Stark-Watzinger [FDP]: Sie sind an der Regierung!)

dass er wieder seinen Laden aufmachen kann. Das ist unsere Verantwortung. Und da interessiert gerade niemanden, ob jemand eine Vermögensteuer einführen will, ob er besser Aktienverluste verrechnen kann oder ob es einen Freibetrag bei der Grunderwerbsteuer gibt. Das interessiert niemanden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Todeszahlen bei mir im Wahlkreis zeigen, dass wir alle eine Verantwortung haben. Deswegen kann ich nur noch einmal an alle appellieren, dass wir einen nationalen Kraftakt brauchen. Wir können auf Ihre Themen eingehen, beispielsweise auf den Freibetrag bei der Grunderwerbsteuer. Sie wissen, dass müssen wir mit den Ländern machen. Wir müssen uns aber gemeinsam auch darüber unterhalten, wie wir schneller das Geld an die Unternehmen auszahlen können.

(Beifall des Abg. Karsten Klein [FDP] – Bettina Stark-Watzinger [FDP]: Ja, bitte schön!)

Da haben auch FDP-Wirtschaftsminister Verantwortung, in Rheinland-Pfalz beispielsweise,

(Karsten Klein [FDP]: Peter Altmaier! Rufen Sie da doch mal an! Peter Altmaier heißt der!)

wo die Auszahlung bedauerlicherweise nicht so gut klappt.

Aber es bringt doch nichts, wenn wir in dieser Zeit, in der wir uns befinden, hier vorne anfangen, mit Dreck zu werfen.

(Karsten Klein [FDP]: Machen Sie Ihre Arbeit! – Bettina Stark-Watzinger [FDP]: Die Koalition muss ihre Arbeit machen!)

Wir haben die Verantwortung, über Parteigrenzen hinweg darüber zu reden, wie wir diese Pandemie bekämpfen können, wie wir die Infiziertenzahlen nach unten bekommen, wie wir die Krankenhauskapazitäten nach oben bekommen. Das ist unsere Aufgabe.

(Bettina Stark-Watzinger [FDP]: Ja! Sie haben einen Gesundheitsminister!)

Gerne können wir im Sommer, wenn hoffentlich die Impfungen erfolgreich waren, wir viele geimpft haben, über alle unterschiedlichen politischen Ansätze reden, wie wir aus dieser Krise herauskommen. Aber die Menschen interessiert da draußen gerade nicht, was wir hier debattieren. Deswegen, liebe Kollegen, lassen Sie uns zum Ernst der Lage wieder zurückkommen und die wahren Probleme der Menschen lösen.

(Bettina Stark-Watzinger [FDP]: Da gehören aber die Mittelständler und Einzelhändler dazu!)

Danke.

(Beifall bei der CDU/CSU)