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Rüdiger Kruse: Geld kann man nur einmal ausgeben

Rede zum Zukunftspakt aus der Krise

Ich danke unserem strengen, aber gerechten Präsidenten für das Wort und will mich an seine Maßgaben gerne halten.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Als uns der Antrag der Grünen und der Antrag der FDP vorgelegt wurde, haben wir uns zunächst gefragt: Welcher AG sollen wir speziell den Grünenantrag zur Beantwortung geben? Denn darin sind nicht nur bildungspolitische Aspekte enthalten, auch Klimaschutz und Gendergerechtigkeit sind Themen. Man könnte natürlich sagen, die Grünen haben die Gelegenheit genutzt, jeder Arbeitsgruppe zu sagen: Schreibt mal auf, was ihr schon immer haben wolltet, und dann bringen wir das ein. Das könnte man machen. Aber fragen wir uns doch: Wie machen wir es selber? Und natürlich: Wenn die Regierung am 2. Juni ihr Programm präsentiert, dann wird das auch eine bunte Mischung sein, weil Corona alle Bereiche betroffen hat. Das gleichmachende auslösende Moment fordert uns auf, für alle Bereiche eine Antwort zu finden.

Jetzt ist die spannende Frage: Finden wir eine Antwort, die jeweils nur in einem Bereich gültig ist, oder schaffen wir es, eine übergeordnete Struktur zu schaffen, ein größeres Ziel, auf das wir unser Handeln ausrichten können? Was mich bei den Debatten hier sehr gefreut hat, ist, dass unsere Zielvorstellungen ziemlich ähnlich sind. Wir wollen mit diesem Land, mit Europa einen Beitrag dazu leisten, dass dieses Land, diese Welt nachhaltiger werden.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Wahrscheinlich hat die Union drei Kollegen ausgesucht, die hier reden sollen, die sich sehr gerne und mit Leidenschaft dem Thema Nachhaltigkeit widmen. Das, was Sie in Ihren Anträgen aufgeschrieben haben, lässt sich in den 17 Nachhaltigkeitszielen abbilden.

Wir sind ja nicht die Einzigen, die sich darüber Gedanken machen. Meine Fraktion hat einen Brief von Prälat Jüsten bekommen; dieser Brief ist heute ganz frisch reingekommen. Sie können überlegen, warum wir diesen Brief bekommen haben; ich werde es Ihnen aber auch sagen. Prälat Jüsten schreibt uns unter anderem – ich zitiere –: Bitten möchte ich Sie dabei schon jetzt, sich als Mitglied des Deutschen Bundestages für die Festschreibung eines Treibgasreduktionszieles von mindestens 55, besser noch 60 Prozent einzusetzen. – Ich weiß nicht, ob das ein Hirtenbrief ist. Ich könnte auch sagen: Ich bin Protestant; gilt nicht für mich. – Aber dieser Brief zeigt, dass ein sehr breiter gesellschaftlicher Dialog dazu stattfindet. Der Brief kam als Reaktion auf das Positionspapier der CDU/CSU-Fraktion zum Green Deal.

Jetzt kann man sich fragen: Wie sieht eine konservative Antwort auf die Ereignisse, auf die Krise aus? – In dieser Antwort spiegelt sich wieder, was „konservativ“ bedeutet: „Konservativ“ heißt, das Gute zu bewahren. Das schaffen wir, indem wir alles tun, um Strukturen, mit denen wir in diesem Land zufrieden sein konnten, um Strukturen, die in den letzten Jahrzehnten für unseren Wohlstand gesorgt haben, wiederherzustellen; und die Dinge, mit denen wir nicht zufrieden waren, die wir schon vor Corona verbessern wollten, die werden wir verbessern. – Das ist konservativ.

Herr Krischer, Sie haben vorhin gesagt – das steht auch in Ihrem Antrag –, dass es neben Corona noch ein anderes Thema gibt: Klima. Damit haben Sie vollkommen recht. Das gilt aber auch für die aufgeregte Debatte des letzten Jahres; da gab es neben dem Klimathema auch noch andere Themen. Wir als Union haben diese Themen immer gesehen; wir waren deswegen eine Zeit lang nicht an der Frontstellung der Debatte, weil wir nicht die Aufgeregtesten waren.

(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ihr seid auch heute nicht an der Frontstellung der Debatte!)

Das ist auch jetzt so. Auch wenn man aktuell manchmal den Eindruck hat, dass es kein anderes Thema als Corona gibt, gibt es natürlich auch andere Themen.

Deswegen ist es wichtig, dass wir jetzt, wo wir auf einen Schlag so ungeheuer viel Mittel in die Hand nehmen, dafür sorgen, dass wir eben auch die Ziele, die wir seit Monaten, zum Teil seit Jahren verfolgen, erreichen. Als Haushaltspolitiker muss ich sagen, dass wir von dem, was Olaf Scholz immer als „Bazooka“ bezeichnet, nicht so viel im Schrank haben. Das bedeutet: Geld kann man nur einmal ausgeben. Wenn EU-weit 750 Milliarden Euro in den Raum gestellt werden und wir mit allen Garantien etc. über 1 Billion Euro in den Raum stellen, dann können wir das nur einmal machen. Das bedeutet, dass wir gefordert sind, diese Mittel treffsicher einzusetzen.

Unsere Vorstellung ist – das können Sie an den Äußerungen der Bundeskanzlerin, aller Minister und unserer Fraktion sehen –, dass wir dabei die Nachhaltigkeitskriterien zugrunde legen.

(Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Bei Frau Klöckner können wir das nicht sehen!)

Ich habe vorhin gesagt, dass es hinsichtlich der Zielvorstellung eine große Gemeinsamkeit gibt. Es ist wichtig, dass man gemeinsame Zielstellungen für ein Land hat. Die Wege, die man einschlagen möchte, sind – das sieht man auch an diesen beiden Anträgen – aber unterschiedlich. Die FDP setzt wesentlich stärker auf Marktregulierung, und die Grünen setzen wesentlich stärker auf klare Direktiven. Das sind zwei unterschiedliche Modelle, die auch unterschiedliche Vorteile haben.

Wir sagen als Partei der Mitte – man kann ganz klar sagen, dass wir auch bei diesem Thema in der Mitte liegen –: Wir wollen die bewährte Struktur der sozialen Marktwirtschaft nutzen, um eine nachhaltige Marktwirtschaft zu etablieren. Das ist unser Ziel. Wir wissen zum Beispiel, dass es nicht richtig ist, bei einer Einzelmaßnahme wie einer Unternehmensrettung – Hilfe für die Lufthansa – diesem einzelnen Unternehmen Vorschriften zu machen; denn Aufgabe des Staates ist es, den Wettbewerb insgesamt zu regulieren. Das heißt, wir müssen die umweltpolitischen, klimapolitischen und sozialpolitischen Vorstellungen für den gesamten Bereich vorgeben.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Die Beispiele, die Sie vorgebracht haben, zeigen: Staatsinterventionismus in anderen Ländern hat in der Vergangenheit nicht dazu geführt, dass Firma und Land hinterher besser dastanden. Das heißt, mit dem Weg, die unternehmerische Freiheit zu stärken und gleichzeitig den ordnungspolitischen Rahmen zu setzen, liegen wir richtig. Diesen Weg wollen wir fortsetzen.

Deswegen begrüße ich unsere Debatte hier sehr. Ich sage ganz klar: Wir müssen als Parlament wesentlich stärker Einfluss nehmen, damit in den Etats, die wir hier beschließen – den nächsten werden wir im November dieses Jahres verabschieden; auch sind immer wieder Nachtragshaushalte zu beschließen –, unser gemeinschaftliches Ziel einer Entwicklung in Richtung einer nachhaltigen Gesellschaft festgeschrieben wird. Das ist unsere Aufgabe.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und des Abg. Thomas Jurk [SPD])

Die kann uns keiner nehmen, und die dürfen wir uns auch nicht nehmen lassen, auch nicht in Krisenzeiten.

Ich bedanke mich bei allen dafür, dass wir hier so konstruktiv darüber nachdenken, mit welcher Konstruktion wir dafür Sorge tragen können, dass wir diese Unmenge an Mitteln, die wir jetzt einsetzen, so einsetzen, dass wir nicht nur die Folgen von Corona beseitigen, sondern auch die Zukunft stärken.

Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)