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Ralph Brinkhaus: Wir haben in diesem Haushalt ganz stark den Zusammenhalt der Gesellschaft im Blick

Rede in der Schlussrunde zum Haushaltsgesetz 2019

Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir stehen am Ende der Einbringung des Haushalts in dieser ersten Haushaltswoche. Der Haushalt wird jetzt an die Ausschüsse überwiesen, insbesondere an den Haushaltsausschuss. Wir werden dort in den nächsten Wochen und Monaten hart daran arbeiten. Für diesen Haushalt gilt genau das Gleiche, was auch für Gesetze gilt: Kein Haushalt kommt so aus dem Bundestag heraus, wie er hineingekommen ist. – Dafür haben wir jetzt die Vorlage geschaffen.

Die Woche war geprägt davon, dass darüber diskutiert wurde, dass die Einnahmesituation sehr gut ist. Das hat viele Ideen hervorgerufen, was man mit diesen Einnahmen machen kann: von Steuersenkungen bis zu Mehrausgaben. Es gab auch den einen oder anderen oder die eine oder andere, denen die Einnahmen nicht gereicht haben. Die haben gesagt, es müssten noch mehr Steuern erhoben werden, und wir brauchten noch mehr Geld. Das ist die eigentliche Gemengelage, die diskutiert worden ist.

Ich möchte einmal anhand einiger Punkte aufzeigen, worum es bei einem zukunftsorientierten Haushalt sonst noch geht. Wir fangen einfach mal mit dem Thema Schulden an. Der Bundesfinanzminister hat gerade gesagt, dass wir das erste Mal seit Urzeiten die Vorgaben der europäischen Verträge wieder einhalten und vielleicht schon in diesem Jahr unterhalb der 60-Prozent-Schuldengrenze bleiben werden. Das ist eigentlich ein Grund, sich zu freuen. Wenn uns vor einigen Jahren jemand gesagt hätte, dass das so schnell gehen würde, dann hätten wir denjenigen mit großen Augen angeguckt und hätten das nicht geglaubt. Ich denke, Erfolge muss man feiern, auch diesen muss man feiern; denn das läuft richtig gut.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Aber ist das gut genug? Die Esten würden sagen: Unsere Schuldenquote liegt bei nur 10 Prozent; da ist noch Potenzial nach oben. – Ich will aber darauf hinaus, dass wir die sinkende Staatsverschuldung gemeinsam als Große Koalition erreicht haben, aber auch mit unseren Kollegen von den Freien Demokraten. Wir haben das erreicht, ohne Steuern zu erhöhen oder neue Steuern zu erfinden. Wir haben den Kommunen mehr Geld gegeben. Wir haben den Ländern mehr Geld gegeben. Wir haben mehr Geld für Investitionen und Bildung ausgegeben. Insofern ist das ein ganz großer Erfolg.

Das reicht aber nicht; denn eine Schuldenquote von 60 Prozent bedeutet, dass wir alleine im Bund noch deutlich mehr als 1 Billion Euro Schulden haben. Das ist eine Menge Geld. Der Bundesfinanzminister hat gerade davon gesprochen und außerdem gesagt: Wir müssen schauen, dass auch zukünftige Generationen noch Gestaltungsspielräume haben. Deswegen muss man die Schulden im Auge behalten; denn zukünftige Generationen werden vielleicht etwas mehr Zinsen zahlen müssen als wir.

Deswegen muss neben der Senkung von Steuern und Mehrausgaben unser Anspruch außerdem sein, den Schuldenstand konsequent zurückzuführen. Das ist vielleicht ganz altmodisch, dass man Schulden zurückzahlt,

(Otto Fricke [FDP]: Das ist es gerade nicht!)

aber man könnte ja darüber nachdenken, wenn am Ende des Jahres Überschüsse und noch Reste da sind, wenn noch Geld übrig ist, dieses Geld einfach mal für die Schuldentilgung zu verwenden.

(Beifall bei der CDU/CSU – Otto Fricke [FDP]: Genau das lasst ihr doch im Haushalt nicht zu! Ihr habt es anders beschlossen!)

Das könnten wir uns wieder vornehmen.

Aber ein Haushalt ohne neue Schulden reicht nicht, um die Zukunftsfestigkeit herzustellen. Wir müssen auch investieren. Ich bin froh, dass wir Investitionen erhöht haben. Jetzt sagt aber der eine oder andere: Na ja, für das Jahr 2019 hätte das noch mehr sein können. – Das kann man sagen. Aber derjenige oder diejenige soll mir dann auch sagen, wo wir das Geld denn tatsächlich noch verbauen können; denn Geld für Investitionen bereitzustellen, ist das eine, das Geld muss aber auch abfließen. Insofern, denke ich, sind die Zahlen, die für 2019 im Haushalt stehen, in Ordnung.

Wir müssen aber daran arbeiten – auch das ist schon gesagt worden –, die Investitionen für die Jahre 2020, 2021 und 2022 weiter zu erhöhen; denn – das ist wichtig – Investitionen machen nur Sinn, wenn sie verstetigt werden. Es reicht nicht, zu investieren, wenn Geld da ist, sondern wir müssen auch in schlechten Zeiten investieren. Jeder, der sich in der Kommunalpolitik oder auch in der Bundespolitik mit Haushalten befasst hat, weiß, wo zuerst gespart wird, wenn das Geld weniger wird. Es wird bei den Investitionen gespart. Das ist ein falscher Weg; diesen dürfen wir nicht gehen.

Der dritte Punkt, der für einen zukunftsfesten Haushalt wichtig ist, ist der Bereich Bildung. Wir haben uns entschlossen – das war in der Union durchaus kein einfacher Vorgang –, dass wir den Ländern und Kommunen dabei stärker unter die Arme greifen, zum Beispiel – ich schaue die Bundesbildungsministerin an – bei der Digitalisierung von Schulen.

Dafür müssen wir aber das Grundgesetz ändern, und das haben wir auch vor. Das können wir als Große Koalition aber nicht alleine; dafür brauchen wir auch die Opposition. Ich hoffe, dass wir das möglichst schnell und konstruktiv hinkriegen und dieses Thema nicht zu einem politischen Schlachtfeld machen, auf dem wir uns über andere Dinge auseinandersetzen. Es geht bei den Grundgesetzänderungen darum, dass wir das Geld schnell dahin geben können, wo es benötigt wird. Ich setze darauf, dass wir das gut hinbekommen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Jetzt könnte man sagen: Das sind doch schon einige Zukunftspläne. Wir wollen auf die Schulden achten, in Bildung investieren und die Investitionen erhöhen. Reicht das? Nein, es gibt noch eine ganz andere und sehr wichtige Zukunftsfrage – und zwar nicht erst seit drei Wochen, sondern seit mehreren Jahren. Dabei geht es um den Zusammenhalt dieses Landes und den Zusammenhalt in dieser Gesellschaft. Da geht momentan aus unterschiedlichen Gründen, die ich hier gar nicht diskutieren möchte, eine Menge kaputt. Kann man die Gräben mithilfe der Haushaltpolitik überwinden? Das gelingt wahrscheinlich nicht allein mit den Mitteln der Haushaltspolitik, aber auch ein Bundeshaushalt muss den Anspruch haben, etwas für den Zusammenhalt der Gesellschaft zu tun.

Ich möchte das an drei Beispielen erläutern. Erstens: Sozialausgaben. Wir von der Union sind nicht unbedingt große Freunde des Wortes „Umverteilung“. Trotzdem ist es notwendig, dass wir umverteilen, damit die Unterschiede in dieser Gesellschaft nicht zu groß werden. Pauschal davon zu sprechen, dass Sozialausgaben etwas Schlechtes sind, trägt dementsprechend nicht zur Herstellung der Zukunftsfähigkeit des Landes bei. Das hat eine Wirkung. Das hat auch eine gute Wirkung, weil es zeigt: Wir sind am Umverteilen, auch wenn die einen oder anderen behaupten, dass das nicht so ist. Das klappt ganz gut. Die Einkommensunterschiede werden nivelliert durch die Umverteilung, die wir vornehmen, und das ist ganz wichtig für den Zusammenhalt der Gesellschaft.

Zweiter Punkt: die Mitte der Gesellschaft. Wir kriegen in den letzten Tagen und Wochen immer die Rückmeldung: Ja, was tut ihr eigentlich noch für uns, für die Mitte der Gesellschaft? Im Haushalt muss auch etwas für die Mitte der Gesellschaft getan werden. Jetzt kann man sich darüber unterhalten, ob Dinge wie das Baukindergeld dazu tauglich sind oder nicht.

(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Richtig!)

Aber es ist ein Zeichen an die Mitte der Gesellschaft. Denn was ist mehr in der Mitte als Familien mit Kindern mit mittlerem Einkommen, meine Damen und Herren?

(Beifall bei der CDU/CSU)

Vor diesem Hintergrund ist es wichtig – der Bundesfinanzminister hat es gesagt –, dass wir uns mit dem Bereich Wohnen beschäftigen. Aber wir können den Bereich Wohnen nicht nur auf Mieten reduzieren. Vielmehr hat Wohnen für uns als Union auch immer etwas mit Wohneigentum zu tun, weil wir den Anspruch erheben, dass wir die Partei der Mieter und der Eigentümer sind, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU/CSU – Helin Evrim Sommer [DIE LINKE]: Man muss sich das erst einmal leisten können!)

Deswegen müssen wir auf dem Wohngipfel ein Paket schnüren, wo nicht nur Baukindergeld drin ist, wo nicht nur sozialer Wohnungsbau drin ist, sondern wo es auch um die Grunderwerbsteuer geht. Da sind die Länder gefordert. Es geht um Flächen, es geht um Bauvorschriften und viele andere Sachen. Das ist ein Zeichen an die Mitte der Gesellschaft, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)

Der letzte Punkt ist mir besonders wichtig. Wir haben in den letzten Jahren viel gemacht für die Ballungsgebiete. Das war richtig, und das war auch notwendig. Aber Zusammenhalt bedeutet auch Zusammenhalt innerhalb der Region, zwischen Land und Stadt. Deswegen ist es gut und richtig, dass sich diese Bundesregierung vorgenommen hat, insbesondere die ländlichen Räume zu fördern. Das hat auch ganz viel mit Zusammenhalt der Gesellschaft zu tun, und das ist gut.

Strich drunter: Wir machen etwas im Bereich Bildung, wir investieren, wir haben einen Blick auf die Schulden. Wir haben in diesem Haushalt ganz stark den Zusammenhalt der Gesellschaft im Blick. Ein persönlicher Wunsch von mir, von vielen in der Union: Wir müssen auch etwas im Bereich Verteidigung tun, nicht weil die NATO es fordert, sondern weil es unsere eigene Sicherheit erfordert, nicht weil die USA uns drängen, sondern weil wir es unseren Soldatinnen und Soldaten schuldig sind, dass wir sie vernünftig ausstatten. Deswegen würde ich dringend darum bitten, dass wir das auch besonders im Fokus haben.

Schlussstrich drunter – Frau Präsidentin, ein Satz noch –: Ich möchte mich noch einmal bei Ihnen bedanken, Herr Scholz. Das gilt auch für Ihre beiden Staatssekretärinnen, Frau Lambrecht und Frau Hagedorn. Wir arbeiten jetzt seit einem halben Jahr zusammen. Da ja gelegentlich darüber geredet wird, welche Konflikte es in unserer Koalition gibt, sage ich: Das läuft gut. Wir haben an einigen Punkten unterschiedliche Meinungen. Wenn das nicht so wäre, wären wir nicht in unterschiedlichen Parteien. Das ist sicherlich auch in Ordnung. Aber eines ist richtig: Wir versuchen, in gegenseitigem Respekt zueinander diesen Koalitionsvertrag vernünftig abzuarbeiten. Wir arbeiten hier im Finanz- und Haushaltsbereich sachlich, gut, respektvoll. Insofern kann ich entgegen anderslautenden Behauptungen nur sagen: Es eint uns eine Menge. Wir haben die Absicht, das Ganze gut zu machen, und zwar bis 2021 in dieser Großen Koalition.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)