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Nadine Schön: Wir wollen das Land fitmachen für das nächste Jahrzehnt

Rede zum Zweiten Corona-Steuerhilfegesetz

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Krise hat viele Gesichter, und jeder von uns wird sich an die letzten Wochen und Monate noch lange Zeit erinnern. Da sind Gastronomen, mit denen man gesprochen hat, die fassungslos in ihrem leeren Restaurant standen. Da ist die 90-Jährige, der nur über das Fenster des Seniorenheims die Glückwunschblumen zu ihrem runden Geburtstag überreicht werden konnten. Da sind Unternehmer, die gesagt haben: Ich habe Aufträge, ich könnte produzieren; aber meine ganze Lieferkette ist eingebrochen. Ich kann nichts tun. – Da sind Familien, die zwischen Windeln, Kochlöffeln und Homeschooling ans Ende ihrer Kräfte kamen. Betroffen davon waren ganz besonders Frauen, aber eben auch Eltern oder Großeltern, die ihre Kinder nicht mehr sehen konnten. All das hat uns geprägt.

Wir haben aber gerade auch in den letzten Wochen anderes erlebt: Menschen, die ganz überwältigt davon waren, was plötzlich alles möglich war: mobiles Arbeiten, Homeoffice, Videokonferenzen über die ganze Welt. Die Schulen wurden plötzlich digital. Die Nachbarschaftshilfe ist wieder aufgeblüht. Man hat sich gegenseitig geholfen, unterstützt; man war sensibel. Immer mehr spürt man doch, dass die Menschen sagen: Die Krise ist doch eine Chance. Sie ist eine Chance, vieles anders zu machen, vieles besser zu machen. Lasst uns doch die Krise nutzen, um einen wirklichen Sprung nach vorne zu machen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, genau das machen wir mit den Paketen, die wir in diesen Tagen verabschieden, und mit dem, was der Koalitionsausschuss am 2. Juni 2020 beschlossen hat. Da wundere ich mich schon über den Populismus von ganz links und ganz rechts: Man hat sich ja wirklich in einem Zusammenmischen von populistischen und teilweisen abstrusen Thesen überhaupt nicht mehr unterschieden.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Kerstin Kassner [DIE LINKE]: Das sind Tatsachen, die wir gesagt haben! Was soll denn das?)

Auch die Grünen und die FDP haben ja doch ziemlich Mühe, noch Kritikpunkte an diesem Paket zu finden.

(Christian Dürr [FDP]: Sie machen uns das immer so einfach! Wir hätten gern mehr Herausforderungen von Ihnen!)

Natürlich, als Opposition muss man immer sagen: Es ist irgendwie viel zu wenig, und das müsste mehr oder dann doch noch mal ein bisschen anders sein.

Ich kann für meine Fraktion sagen: Wir haben vieles getan, um Unternehmen und Menschen in der Krise zu stabilisieren. Wir machen vieles jetzt, um aus der Krise herauszukommen. Was uns besonders wichtig ist: dass wir das Land auch langfristig besser machen, stabilisieren, fitmachen für das nächste Jahrzehnt.

Dabei setzen wir vor allem auf den Zusammenhalt in der Gesellschaft. Der Kern unserer Gesellschaft, das sind die Familien. Gerade für die Familien haben wir in der Krise schon viel gemacht: mit der Lohnersatzleistung, mit dem Kinderzuschlag, mit der Änderung beim Elterngeld, mit den vielen Änderungen im Bereich der Pflege.

(Alexander Dobrindt [CDU/CSU]: Mit dem höheren Freibetrag für Alleinerziehende!)

Die Familien stehen auch jetzt wieder im Mittelpunkt. Wir haben den Freibetrag für Alleinerziehende deutlich erhöht – auf über 4 000 Euro. Familien erhalten den Kinderbonus, erst 200 Euro, dann 100 Euro. Familien werden das merken in den nächsten Wochen. Wir sorgen dafür, dass die Alltagskosten nicht zu groß werden. Deshalb senken wir die EEG-Umlage, deshalb schauen wir, dass es bei den Sozialbeiträgen eine Grenze gibt, und deswegen senken wir auch die Mehrwertsteuer. Insofern kann ich sagen: Bei jeder Rechnung an der Kasse, die in den nächsten Wochen reduziert wird, sollen sich die Kunden mal klarmachen: Das hätte Die Linke nicht gewollt.

(Alexander Dobrindt [CDU/CSU]: Ja, genau!)

Ich glaube, dass das, was die Familien an der Kasse sparen, ganz gut in den Familien ankommt und ganz gut aufgehoben ist und dass sie sehr wohl auch wissen, was mit dem Kinderbonus zu machen ist.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Sylvia Lehmann [SPD] – Alexander Dobrindt [CDU/CSU]: Die Linken sind gegen die kleinen Leute!)

Aber viel wichtiger als das ist, dass wir unser Land langfristig stärken. Wir werden noch mal deutlich in die digitale Bildung investieren. Wir investieren Milliarden in Zukunftstechnologien: in künstliche Intelligenz, in Quantencomputing, in die Wasserstofftechnologie. Wenn Sie das kritisieren, dann weiß ich nicht, ob Sie die entsprechenden Teile des Konjunkturpaketes vielleicht nicht gelesen haben. So viele Milliarden, wie wir dafür bereitstellen, haben wir in den ganzen letzten Jahren nicht bereitgestellt. Das ist ein deutlicher Sprung nach vorn, und das bringt uns wirklich in die Zukunft.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Die FDP spricht in ihrem Antrag vom Neustart. Wir gehen noch einen Schritt weiter. Wir sagen: Wir wollen auch in unserem eigenen Bereich unsere Strukturen besser machen, schneller machen, flexibler machen, Stichwort „Neustaat“. Wir wollen besser werden, und auch hier haben wir am 2. Juni schon die ersten Beschlüsse getroffen. Wir werden noch mal Milliarden zur Verfügung stellen, damit die Verwaltungsmodernisierung vorankommt, damit es einheitliche Ansprechpartner gibt. Das ist auch die größte Bürokratieentlastung für Unternehmen, weil sie doch wahnsinnig dadurch werden, dass sie beim Start bei Behördengängen lange Prozesse zu bewältigen haben. Das kann besser werden, das kann schneller werden, das kann unbürokratischer werden. Auch das ist Teil eines Konjunkturpakets.

Deshalb, liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie uns die Krise nutzen, einen deutlichen Schritt nach vorne zu kommen, die Krise als Chance verstehen, damit die vielen Geschichten, die vielen Szenen, die wir vor Augen haben, wenn wir uns an die Krise erinnern, nicht als etwas Negatives zurückbleiben, sondern wir sagen können: Es war hart, aber wir haben es genutzt, und unser Land ist stärker geworden.

Danke.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Carsten Schneider [Erfurt] [SPD])