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Nadine Schön

Nadine Schön: Wir müssen das stärken, was uns als Gesellschaft stark macht und zusammenhält

Haushaltsgesetz 2018 - Rede zum Einzelplan 17 - Familie, Senioren, Frauen und Jugend

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In den letzten Tagen und Wochen gab es viele Diskussionen, Fernsehbeiträge und Artikel zum Thema Einsamkeit. In Großbritannien gibt es ein eigenes Ministerium dafür, und mein Kollege Marcus Weinberg hat zu Recht gefordert, dass das Thema auch in Deutschland aus der Tabuzone kommt. Von manchen Experten wird die Einsamkeit sogar als Krankheit eingestuft. Sie ist schmerzhaft, ansteckend und tödlich. Sie betrifft alle Altersklassen und alle Teile unserer Gesellschaft.

Wir denken natürlich an die Witwe, die in ihrem viel zu großen Haus auf dem Land wohnt und sich freut, wenn der Mittagstisch in zwei Minuten das Essen abgibt. Wir denken aber genauso an den jungen Mann, der für seinen ersten Job in die Großstadt geht und sich, obwohl er in einer Kanzlei arbeitet und 1 200 Facebook-Freunde hat, isoliert und einsam fühlt.

Unabhängig davon, ob es vielleicht nur ein Hype ist, adressiert die Diskussion doch ein wichtiges Thema, das über das Phänomen Einsamkeit hinausgeht; denn im Kern geht es bei der Diskussion um die Erosion der Bindungskräfte in unserer Gesellschaft. In einer globalen, digitalen Welt, in der Institutionen nicht mehr identitätsstiftend und Bindungen oft nicht nachhaltig sind, verliert der Einzelne schnell an Halt, und die Konsequenz sind Einsamkeit, aber auch Rücksichtslosigkeit, Gewalt, Radikalisierung und Islamismus. Das alles sind Themen, mit denen wir uns als Familien- und Gesellschaftspolitiker tagtäglich beschäftigen.

Wir als Politik sind gefordert, eine Antwort auf diese Entwicklung zu geben. Unsere Antwort muss in meinen Augen sein, dass wir das stärken, was uns als Gesellschaft stark macht und zusammenhält, und das sind vor allem die Familien in unserem Land.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, ich habe den Eindruck, dass das in der politischen Debatte in den letzten Jahren ein bisschen aus den Augen verloren wurde. Die ganz normale Familie, die dafür sorgt, dass Kinder gut und gesund aufwachsen, dass Werte vorgelebt werden und dass Zusammenhalt tagtäglich gelebt wird, die vielen Tausend Familien, die jeden Tag an einem Strang ziehen und Verantwortung übernehmen, kommen in den politischen Debatten oft gar nicht mehr oder nur viel zu selten vor, und ich bin der Meinung, das müssen wir ändern.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich bin der Meinung, dass wir diese Familien viel mehr in den Mittelpunkt auch der politischen Debatte stellen müssen; denn sie sind eine Antwort auf diese gesellschaftliche Entwicklung, auf den Verlust der Bindungen. Deshalb müssen wir gerade diese Keimzelle des gesellschaftlichen Zusammenhaltes stärken.

Deswegen haben wir als Union dafür gekämpft, dass wir in dieser Legislaturperiode alle Familien entlasten. Wir haben dafür gekämpft, dass das Kindergeld bzw. der Kinderfreibetrag für alle Familien erhöht wird. Wir haben dafür gekämpft, dass der Kinderzuschlag erhöht wird; denn der Kinderzuschlag kommt denjenigen Familien zugute, die arbeiten und am Ende des Monats trotzdem so wenig Geld haben, dass sie ihre Lebenshaltungskosten nicht decken können und wegen der Kinder in die Sozialhilfe zu fallen drohen. Der Kinderzuschlag soll gerade dazu motivieren, dass sie arbeiten gehen und Kinder erziehen. Mit dem steigenden Kinderzuschlag wollen wir gerade diese Familien stützen und ihnen helfen.

Deshalb werden wir auch das Baukindergeld einführen; denn Kinder und Familien brauchen ein Zuhause. Auch der Rechtsanspruch auf eine Nachmittagsbetreuung ist wichtig; denn Familien brauchen Verlässlichkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wir werden unsere Zeitpolitik fortsetzen. Wir arbeiten daran, dass die Familien Zeit haben und sich ihr Familienleben so gestalten können, wie es für sie am besten ist – und nicht nach staatlichen Vorgaben.

(Katja Dörner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aha!)

Liebe Kollegen der AfD, Sie sagen zwar, Sie stellen die Familie in den Mittelpunkt Ihrer Politik, aber ich habe keinen einzigen Satz dazu gehört, wie Sie sich eine Familienpolitik vorstellen. Herr Münz, zum Thema Familienpolitik habe ich in Ihrer Rede leider nichts gehört.

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)

Die zweite Antwort, die wir als Politik auf diese gesellschaftliche Entwicklung geben, ist, dass wir als Staat ein Netz für die schaffen müssen, die verloren zu gehen drohen, bei denen die familiären und gesellschaftlichen Strukturen versagen, Bindungen reißen und der Zusammenhalt erodiert. Deshalb setzen wir in den verbleibenden drei Jahren ebenfalls einen Schwerpunkt auf die Themen Kinderschutz und Schutz vor Gewalt.

Wir unterstützen etwa auch diejenigen, die von ihrem Partner im Stich gelassen werden, Stichwort „Unterhaltsvorschuss“. Diejenigen Alleinerziehenden – meist Frauen –, bei denen der Partner das, wofür er verantwortlich ist – den Unterhalt für das gemeinsame Kind –, nicht zahlt, unterstützen wir staatlicherseits mit einem Vorschuss, und wir helfen dann auch dabei, das Geld bei dem Partner einzutreiben. Denn – auch das will ich an der Stelle sagen – das ist kein Ersatz für die Unterhaltsleistung des Mannes, sondern es ist nur ein Vorschuss. Wir müssen die Verantwortlichkeiten benennen und die säumigen Zahler bei der Verantwortung packen und die Gelder bei denjenigen wieder eintreiben.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Wir legen – und das ist der dritte Punkt – ebenfalls als Antwort auf die gesellschaftliche Entwicklung einen starken Schwerpunkt auf das Thema Ehrenamt. Verbände, Vereine und das nachbarschaftliche Engagement sind der Kern unseres Zusammenlebens. Auch das lässt nach. Vereine klagen über Mitgliederschwund. Viele sagen: Für Projekte lassen sich noch Leute begeistern, aber für die kontinuierliche Arbeit in einem Verein lassen sich zu wenige begeistern. Deshalb müssen wir gerade Vereine, Verbände und Institutionen, die mit Kindern und Jugendlichen arbeiten, besser unterstützen und ihnen helfen, auch in der tagtäglichen Arbeit und auch mit digitalen Möglichkeiten.

All das haben wir uns für diese Legislaturperiode vorgenommen. Unsere Antwort auf die Fragen der Einsamkeit, des Extremismus und der Gewalt ist, dass wir den Zusammenhalt in unserer Gesellschaft stärken wollen. Wir wollen die Familien und das ehrenamtliche Engagement stärken. Diesem Anspruch wird der Haushalt gerecht. Deshalb freue ich mich auf die gemeinsamen Beratungen in den nächsten Wochen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)