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Klaus-Peter Willsch: Sie werden eine freie Wirtschaftsordnung nur haben, wenn Sie eine freie Gesellschaft haben

Rede in der aktuellen Stunde zum Stand der Wirtschaftsverfassung Deutschlands

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten lieben Kollegen! Ich danke Ihnen ausdrücklich; ich hatte schon Sorge, ich müsste Herrn Houben von hier wegtragen, bevor ich ans Rednerpult gehen kann. Aber das ging ja gerade noch mal gut.

(Reinhard Houben [FDP]: Umgekehrt wäre es schwerer, Herr Willsch! – Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

– Gut gekontert.

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Gut ausgegeben!)

Ich will mit einem Zitat beginnen, um den Anlass für diese Debatte noch mal deutlich zu machen:

100 Jahre empirisch gesicherte Erfahrungen mit staatlich gelenkten Volkswirtschaften haben gelehrt, dass sie wegen mangelnder Effizienz und Qualität bankrottgehen und zudem auch für die soziale Verelendung ihrer Beschäftigten sorgen. Aber das ignoriert Kühnert.

Gut gesprochen! Von wem war das? Das war von Sigmar Gabriel. Das war das einzig nette und richtige Zitat, was ich zu den Äußerungen von Kühnert gefunden habe. Wenn ich dagegen lese, was der Herr aus Schleswig-Holstein, der DGB-Vorsitzende und Ähnliche von sich gegeben haben!

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Vorsicht! Der Präsident fühlt sich gerade angesprochen!)

Es gab dazu relativ wenig Gegenstimmen. Sie hätten hier Herrn Gabriel mal auftreten lassen sollen; er hätte ein bisschen was geraderücken können.

Ich will mal grundsätzlich etwas dazu sagen. Mich besorgt es schon, wie die Grundinstitution des privaten Eigentums in öffentlichen Debatten ins Hintertreffen gerät, weil damit die wichtige Funktion von privatem Eigentum verloren zu gehen droht. Das private Eigentum entspricht dem Erwerbsstreben, das der menschlichen Natur innewohnt; es entspricht dem Austauschwunsch zwischen Menschen. Deshalb ist es wichtig, dass wir es schützen und dass wir nicht nur aus Nützlichkeitserwägungen oder sogar fast verschämt wie häufig bei der SPD darüber reden, sondern dass wir es aktiv bejahen; denn Eigentum ist die Voraussetzung dafür, dass wir Frieden und Ordnung in der Gesellschaft haben und dass wir unsere natürliche Veranlagung, nach vorne zu streben

(Dr. Diether Dehm [DIE LINKE]: Sagen Sie, bei welchem Biologen haben Sie das gelesen?)

und unsere Anlagen zu entwickeln, entfalten können.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich will das auch an einem anderen Punkt deutlich machen, mit dem sich Eucken viel beschäftigt hat: Interdependenz der Ordnungen. Sie werden eine freie Wirtschaftsordnung nur haben, wenn Sie Freiheit in der Staatsordnung haben und wenn Sie eine freie Gesellschaft haben. Gewaltenteilende Demokratie, Freiheit des Individuums und Wettbewerbswirtschaft gehören zusammen und sind aufeinander angewiesen. Es ist wichtig, dass wir uns das immer vergegenwärtigen; denn die Freiheit stirbt sonst zentimeterweise.

(Dr. Diether Dehm [DIE LINKE]: Wohl eher die Leiharbeit!)

Das Problem ist, dass sehr viele nur aus Nützlichkeitserwägungen sagen: Ja, gut, es gibt eben den grundgesetzlichen Schutz von Eigentum. Es arbeitet hier auch ganz schön effizient. – Nein, das ist ein konstitutives Merkmal einer Wettbewerbswirtschaft. Deshalb ist es wichtig, dass wir das im Blick behalten.

Ich will noch jemanden zitieren, der ebenfalls in der geistigen Urheberschaft der sozialen Marktwirtschaft zu verorten ist. Friedrich August von Hayek hat sich in seinem Werk „Der Weg zur Knechtschaft“ damit beschäftigt

(Zuruf des Abg. Harald Weinberg [DIE LINKE])

und gesagt, dass es eben falsch ist, sich keine Sorgen zu machen, wenn im wirtschaftlichen Bereich Freiheiten eingeschränkt werden; denn das ist nicht von untergeordneter Bedeutung, sondern es stellt eine Gefährdung unserer wirtschaftlichen Freiheit dar, die geradezu zwangsläufig auch Auswirkungen auf unsere gesellschaftliche Freiheit hat. Planwirtschaft führt zu totaler Herrschaft, zu einer Entmündigung der Verbraucher. Zur Verbraucherdemokratie, die wir in der Marktwirtschaft haben, sagt er wörtlich:

Unsere Bewegungsfreiheit in einer auf dem Wettbewerb beruhenden Gesellschaft steht und fällt damit, daß, wenn eine Person die Befriedigung unserer Wünsche ablehnt, wir uns an eine andere wenden können. Haben wir es aber mit dem Besitzer eines Monopols zu tun, so sind wir ihm auf Gnade und Ungnade ausgeliefert, und eine Planwirtschaftsbehörde, die die gesamte Volkswirtschaft lenkt, würde der mächtigste Monopolist sein, den man sich vorstellen kann.

(Zurufe von der LINKEN)

Genau das – deshalb sollte man das Thema schnell beenden können – haben wir hier in Deutschland gehabt. Wir haben durch Ihre Vorgängerpartei

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Vor-, Vor-, Vor-, Vor-, Vorgänger! So viel Zeit muss sein!)

17 Millionen Deutsche einem 40-jährigen grausamen Feldversuch ausgesetzt: mit zentraler Verwaltungswirtschaft, mit zentralen Planungsbehörden. Man musste beim Rat des Kreises oder der kreisfreien Stadt bitten und betteln, um eine Badewanne oder eine Baugenehmigung zu bekommen.

(Widerspruch bei der LINKEN)

Sich solche Empfehlungen heute in diesem Haus, an der Grenze zur Mauer stehend, wieder anhören zu müssen,

(Dr. Diether Dehm [DIE LINKE]: RWE ist kein Monopol? Deutsche Bank ist kein Monopol?)

und dass das von der SPD, aus der es gekommen ist, nicht deutlich genug zurückgewiesen wird, das ist das, was uns umtreiben muss und womit wir uns beschäftigen müssen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Sie haben es nicht verstanden! Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun!)

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)