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Kerstin Radomski: Der Einzelplan 30 bildet die Zukunftschancen und Möglichkeiten Deutschlands ab

Redebeitrag in der Haushaltswoche zum Einzelplan 30 - Bundesministerium für Bildung und Forschung

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wenn wir über den Bereich „Bildung und Forschung“ des Bundeshaushalts 2021 debattieren, dann müssen wir uns eines vor Augen führen – und das passt ganz gut zu meinem Vorredner –: Der Einzelplan 30 bildet die Zukunftschancen und Möglichkeiten Deutschlands ab. Mit 20,8 Milliarden Euro investiert der Bund für das Jahr 2021 die höchste jemals für diesen Bereich zur Verfügung gestellte Summe.

Der Titel des Ministeriums – „für Bildung und Forschung“ – ist jedoch für die Öffentlichkeit oft irreführend. Und auch wir als Parlamentarier scheinen immer öfter aus den Augen zu verlieren, welche Aufgaben dem Bund in diesem Bereich zugesprochen werden. Grob gesagt sind drei Viertel des Einzelplans im Bereich des Wissenschaftssystems und der Forschung veranschlagt und nur ein Viertel im Bildungswesen. Die berechtigte Frage eines Bürgers und auch mancher Kollegen könnte nun sein: Ist Bildung nicht die Zukunftsinvestition schlechthin, und warum investiert der Bund in diesem Bereich nicht viel mehr?

(Nicole Gohlke [DIE LINKE]: Gute Frage!)

Die Kompetenz des Bundes ist aber verfassungsmäßig begrenzt.

(Nicole Gohlke [DIE LINKE]: Die gleiche Antwort wie seit 15 Jahren!)

Bildung ist im föderalen System Aufgabe der Länder. Deren Aufgabe ist es, diesen wichtigen Zukunftsbereich sowohl inhaltlich als auch finanziell zu gestalten und zu fördern.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der AfD)

Die allermeisten Länder kommen diesem Auftrag auch gut nach. Natürlich gibt es immer Unterschiede, aber diese sind in der föderalen Struktur auch gewollt.

(René Röspel [SPD]: Warum?)

In den letzten Jahren haben wir uns als Bund im Bereich des Bildungswesens immer stärker finanziell engagiert. So ist zum Beispiel die Übernahme der Kosten des BAföG der größte Posten. Wir fördern als Bund auch die berufliche Bildung, etwa bei den überbetrieblichen Bildungsstätten, und das Aufstiegs-BAföG für Auszubildende. Auch in die Alphabetisierung investieren wir jedes Jahr einen zweistelligen Millionenbetrag.

(Bettina Stark-Watzinger [FDP]: Ländersache!)

Dieser dient nicht dazu, Alphabetisierung bei Schulkindern zu unterstützen, sondern das richtet sich an Berufstätige oder Erwachsene. Anhand der Alphabetisierung kann man gut erläutern, was der Bund in der letzten Zeit sehr häufig macht. Wir helfen immer dann, wenn wir feststellen, dass es Schwierigkeiten im Bildungswesen gibt. Gelder für die Alphabetisierung zur Verfügung zu stellen, ist wirklich richtig. Die Frage ist aber: Warum verlassen immer noch Schüler nach der 10. Klasse unser Schulsystem, ohne gefestigte Deutschkenntnisse zu besitzen?

(Bettina Stark-Watzinger [FDP]: Wer stellt die Landesregierungen?)

Diese Frage muss aber in den Landesparlamenten gestellt und auch dort beantwortet werden.

Kommen wir aber zum Bereich des Wissenschaftssystems und der Forschung, in den ein Großteil des Geldes, das das Parlament zur Verfügung stellt, reingeht. Der Bund fördert eine breite Palette von Wissenschaftsdisziplinen: Quantentechnologie, künstliche Intelligenz, Wasserstofftechnologie, Polarforschung, Impfstoffforschung, Bioökonomie – Frau Christmann –, Materialforschung, und das geht bis zur Erforschung des Universums. Wenn man das in einem Satz zusammenfassen will, könnte man sagen: Von den Quanten über die Zelle bis zu den Sternen fördern wir Wissenschaft in Deutschland.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Wir fördern dabei grob gesagt über zwei Wege: die institutionelle und die projektbezogene Förderung. Bei der institutionellen Förderung unterstützen wir die großen außeruniversitären Forschungsgesellschaften als verlässlicher Partner dauerhaft finanziell. Gleichzeitig werden über die Projektfördermittel einzelne Vorhaben finanziell und zeitlich begrenzt gefördert; man könnte auch sagen: angereizt. Man kann sich das Ganze wie einen Baum vorstellen: Der Stamm mit einigen Verästelungen wird mit Mineralstoffen, Wasser und Sonnenlicht grundversorgt. Aber immer wieder zeigen sich neue Knospen, die aus der Wissenschaftsvielfalt entstehen. Die Aufgabe der Politik ist es nun, gemeinsam mit der Wissenschaft abzuwägen, ob die Förderung einer einzelnen Knospe oder eines Bereiches über das Grundmaß hinaus sinnvoll und geboten ist. Für nächstes Jahr haben wir zum Beispiel die Demenzforschung als einen solchen Bereich identifiziert, den wir zusätzlich mit 5 Millionen Euro Projektfördermitteln finanziell unterstützen. So können mit zeitlich und finanziell begrenzten Ressourcen neue Forschungsbereiche angeregt werden, die sich irgendwann zu tragenden Ästen des Wissenschaftsbaumes entwickeln.

Was Wissenschaft, Politik und Gesellschaft aber vermeiden müssen, ist, dem Irrglauben zu verfallen, man könnte in einen Baum unendlich Löcher bohren und einfach Äste hineinstecken, die dann anwachsen müssen und Teil des Ganzen werden. So etwas könnte tatsächlich im Einzelfall klappen, aber nicht dauerhaft und immer. Wenn Wissenschaftler der Politik gefallen wollen und politische Schlagwörter benutzen, um Forschungsgelder abzugreifen, und Politiker von Forschern ideologiegetriebene Forschung erwarten, wird es dagegen langfristig schwierig für beide Seiten und dient nicht dem Wohl unseres Landes.

Natürlich haben wir als Parlament in diesen Haushaltsberatungen auch eigene Akzente gesetzt – über den Regierungsentwurf hinaus. Wir investieren in Therapeutika gegen Covid-19 50 Millionen Euro über drei Jahre. Auch wenn die Medien derzeit gerne über Impfstoffe berichten und darüber, ab wann diese zur Verfügung stehen müssen: Wir als Politik wollen auch Optionen schaffen für Menschen, die sich nicht impfen lassen können. Wir fördern die Fortführung eines Forschungsnetzwerkes der über 36 Universitätsklinika, die patientenorientierte Forschung betreiben und sich hoffentlich in Zukunft nicht nur mit Corona beschäftigen, sondern andere Volkskrankheiten beachten.

Außerdem möchte ich die Fraunhofer-Immunforschung erwähnen. An bundesweit vier Standorten wird die Erforschung und Therapie von Immunerkrankungen nachhaltig gestärkt. Weitere Beispiele für angewandte Forschung sind das Fraunhofer-Zentrum für Biogene Wertschöpfung und Smart Farming sowie das Fraunhofer-Zentrum für Öffentliche Sicherheit in Berlin.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, auch die Grundlagenforschung ist wichtig. In diesem Bereich investieren wir 70 Millionen Euro in die Wirkstoffforschung. Es geht da zum Beispiel um neue Antibiotika.

Ich komme zu dem Ergebnis, dass wir gut aufgestellt in das kommende Jahr gehen. Mein Dank gilt allen Beteiligten, vor allen Dingen den Mitberichterstattern, für die kollegiale Zusammenarbeit. Mein besonderer Dank gilt meinem Kollegen Swen Schulz,

(Beifall bei der SPD)

der zum letzten Mal bei den Verhandlungen mit dabei war. Lieber Swen, wir haben deine Verlässlichkeit immer sehr geschätzt; ich glaube, da kann ich für alle Kollegen sprechen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)

Mein Dank gilt ebenso Ministerin Anja Karliczek und ihrem Haus. Erwähnen möchte ich natürlich auch die Mitarbeiter der Arbeitsgruppen, der Büros und des Haushaltssekretariats. Danke für die gute Zusammenarbeit!

Ich wünsche Ihnen allen ein schönes Restjahr und danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)