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Ingo Gädechens: Wir müssen gerade jetzt aufpassen, dass durch Ausrüstungsdefizite keine Fähigkeitslücken entstehen

Redebeitrag in der Haushaltsdebatte zum Einzelplan 14 des Bundesministeriums der Verteidigung

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Ministerin, mit Spannung haben wir auf den Regierungsentwurf zum Einzelplan Verteidigung gewartet. Wir geben ihn jetzt in die parlamentarische Beratung, und so, wie ich einige Wortmeldungen verstanden habe, werden wir versuchen, ihn an der einen oder anderen Stelle noch zu verbessern.

Im vergangenen Jahr, aber auch in den Debatten, wenn es um Mandatsverlängerungen ging, haben viele Kollegen hier über die fragile sicherheitspolitische Lage in der Welt und über die Hotspots gesprochen. Ich kann es kurz machen: Die Sicherheitslage in der Welt ist nicht besser geworden, ganz im Gegenteil. Die Coronapandemie wirkt gerade in schwächelnden Staaten wie ein Katalysator. Gerade auf internationaler Ebene sind die Auswirkungen auf die Wirtschaft und die vorherrschenden Lebensverhältnisse teilweise verheerend. Umso wichtiger ist es, unsere nationalen Strukturen – dazu zähle ich ausdrücklich auch eine funktionsfähige und gut ausgerüstete Bundeswehr – zu stärken.

Ich habe die Rede des Bundesfinanzministers gestern sehr aufmerksam verfolgt. Es irritiert mich schon sehr, dass Finanzminister Olaf Scholz in seiner fast 50-minütigen Rede zwar breite Ausführungen zur Stärkung der Wirtschaft, zum Klimaschutz, zum Klimawandel, zu unserer sozialen Verantwortung und zur Sicherung von Arbeitsplätzen gemacht hat – ja, das alles ist wichtig –, aber – das habe ich schon vermisst – kein einziges Wort zur Verantwortung Deutschlands im Bündnis und zur Stärkung unserer Streitkräfte verloren hat.

(Thomas Hitschler [SPD]: Das war bei der Kanzlerin nicht anders!)

Ich glaube auch, über ein Lob, das hier ja mehrfach von Rednern ausgesprochen wurde, an unsere Soldatinnen und Soldaten, die in diesem Pandemieeinsatz im Rahmen der Amtshilfe tatsächlich Hilfe leisten, hätten sich die Soldatinnen und Soldaten sicherlich gefreut.

(Alexander Graf Lambsdorff [FDP]: Das wird die SPD nie machen!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, nach den Vorstellungen des Kabinetts umfasst der Einzelplan 14 – wir hörten die Zahl schon – rund 46,8 Milliarden Euro und ist nach dem Etat des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales der zweitgrößte Einzelplan im Gesamthaushalt. Im Vergleich zum Vorjahr erkennen wir einen Aufwuchs um fast 1,2 Milliarden Euro, ein Plus, das sich als Bekenntnis zu unserer Bundeswehr, als Anerkennung für die Soldatinnen und Soldaten und zivilen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter interpretieren lässt.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Die Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer hat für mehr geworben, und die CDU/CSU-Fraktion steht dabei ganz fest an ihrer Seite. Ich weiß, dass dieser Aufwuchs und die Forderung nach einem noch höheren Plafond nicht von jeder Fraktion in diesem Haus mitgetragen wird. Die Rufe nach Beendigung von Mandaten oder der deutlichen Verringerung des Verteidigungsetats kommen immer wieder von der rechten oder von der linken Seite des Plenums. Liebe Kolleginnen und Kollegen, diese Argumente, die wir aus diesen Richtungen gehört haben, waren in den Debatten davor und sind auch in der heutigen Debatte die falschen Argumente.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Auch wenn die Begriffe „Ausrüstung“ und „Aufrüstung“ sich auf den ersten Blick nur in einem Buchstaben unterscheiden, liegen zwischen den Wortbedeutungen Welten. Wenn meine Fraktion für eine bessere Ausrüstung unserer Soldatinnen und Soldaten kämpft, hat das noch lange nichts mit einer Aufrüstung zu tun.

(Dr. Alexander S. Neu [DIE LINKE]: Das sind Nebelkerzen, Herr Kollege!)

In unserem Koalitionsvertrag bekennen wir uns ausdrücklich zu den Vereinten Nationen und zur NATO. Auch wenn es zurzeit nicht immer leicht ist, pflegen wir, zumindest auf der Arbeitsebene, gute transatlantische Beziehungen und verstehen uns als Teil eines gemeinsamen Organismus namens Europa.

Dass wir auf Arbeitsebene in der NATO so gut kommunizieren, liegt auch an der Parlamentarischen Versammlung der NATO. Ich möchte Professor Dr. Lamers, der in Videokonferenzen immer wieder hier die Verbindung hält, auch in Pandemiezeiten, einmal namentlich lobend erwähnen.

(Beifall bei der CDU/CSU, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Viele kleine Bündnispartner schauen auf Deutschland und suchen in uns einen verlässlichen Anlehnungspartner. Das ist der Ansatz, mit dem wir gewährleisten können, dass auf dem gemeinsamen Fundament unserer Werte innerhalb der Bündnisse agiert werden kann.

Das Bild und die Diskussion rund um die Bundeswehr waren in den letzten Monaten und auch hier in der Debatte geprägt von der Frage der materiellen Einsatzbereitschaft. Man kann und darf vor den bestehenden Ausrüstungsdefiziten nicht die Augen verschließen. Das tun auch wir nicht. Wir alle kennen die Gründe, die oftmals weit zurückliegen. Darüber haben wir mehrfach in diesem Hohen Haus diskutiert. Meine Damen und Herren, es gab schon einmal eine Zeit mit hohen Nettokreditaufnahmen, in der die Bundeswehr zum Sparschwein der Nation degradiert wurde. Das hatte verheerende Folgen, unter denen wir heute noch leiden. Deshalb darf sich dieser Fehler nicht wiederholen.

(Dr. Marie-Agnes Strack-Zimmermann [FDP]: Guttenberg! – Gegenruf des Abg. Dr. Tobias Lindner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Von welcher Fraktion war der?)

Wir müssen gerade jetzt aufpassen, dass durch Ausrüstungsdefizite keine Fähigkeitslücken entstehen.

Meine Damen und Herren, im internationalen Bündnis setzen wir mit vielen gemeinsamen Rüstungsprojekten Wegmarken. Die deutsch-norwegische U-Boot-Kooperation – sie ist schon genannt worden – stellt einen Teil der Verteidigungsstrategie im Nord- und Ostseeraum dar.

Ein Aspekt ist mir darüber hinaus besonders wichtig: Als einer, der aus Norddeutschland kommt und Berichterstatter der Marine ist, habe ich einen geschärften Blick auf die strauchelnde Werftindustrie. Unter- und Überwasserschiffbau sind Schlüsseltechnologien. Dazu zähle ich auch den Instandsetzungsbereich. Wenn wir jetzt nicht alles daransetzen, Auftragsvergaben zu beschleunigen und Vorhaben vorzuziehen, könnte am Ende der Krise die Werftenlandschaft derart am Boden liegen, dass diese Schlüsseltechnologien nur noch auf dem Papier bestehen, real aber nicht mehr existieren. Deshalb muss jetzt schnell gehandelt werden bei der Auftragsvergabe der Flottendienstboote, schnell gehandelt werden bei der Auftragsvergabe der Doppelhüllentanker. Auch der Bau der zusätzlichen fünf neuen Korvetten muss in diesem Raum ein Thema sein.

Wir werden die kommenden Wochen bis zur zweiten und dritten Lesung, bis zur Beschlussfassung über diesen Haushalt tüchtig an genau diesen Punkten arbeiten. Die CDU/CSU-Fraktion ist dazu bereit und unser Koalitionspartner ganz sicher auch.

Herzlichen Dank, Herr Präsident.

(Beifall bei der CDU/CSU)