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Fritz Güntzler: Wir müssen auch zu einer Modernisierung des Unternehmensteuerrechts kommen

Rede zum Zweiten Corona-Steuerhilfegesetz

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Es ist eine Ehre, in der Debatte über ein so wichtiges Steuergesetz zuletzt zu sprechen. Diesen Hinweis muss ich mir aber erlauben, Herr Kollege Glaser: Wir sprechen hier über ein Steuerpaket, das wir heute beschließen wollen, mit einer Entlastungswirkung von immerhin über 50 Milliarden Euro für die Menschen in unserem Land. Ich finde, damit setzen wir ein stolzes Signal.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Carsten Schneider [Erfurt] [SPD])

Das Paket, das der Koalitionsausschuss am 3. Juni beschlossen hat und das 57 Punkte enthält, hat drei Kernbotschaften: die Coronafolgen bekämpfen, den Wohlstand sichern und die Zukunftsfähigkeit unseres Landes stärken. Dafür setzen wir mit diesen 50 Milliarden Euro den richtigen Impuls. Das ist Geld, das den Bürgerinnen und Bürgern, den Unternehmern und Unternehmen zugutekommen wird. Ich will hier auch keinen Widerspruch zwischen Bürgerinnen und Bürgern und Unternehmen gelten lassen; denn die Unternehmen und die Unternehmer schaffen Arbeitsplätze für viele Bürgerinnen und Bürger in unserem Land, und es ist auch gut so, meine Damen und Herren, dass dies so ist.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ein Kernstück unseres Paketes ist die heute schon oft angesprochene Mehrwertsteuersenkung von 19 auf 16 Prozent bzw. von 7 auf 5 Prozent im ermäßigten Steuersatz für ein halbes Jahr. Wir haben damit übrigens den niedrigsten Mehrwertsteuerregelsatz in der ganzen Europäischen Union. Ich finde, auch das ist ein klares Signal. Das ist mit die größte Steuersenkung der Nachkriegszeit, die wir jetzt durchführen.

Nun wird viel debattiert darüber, welche Wirkung diese Mehrwertsteuersenkung erzielen wird. Ich bin froh, dass es trotz der Schnelligkeit bei der Beratung, die der Herr Präsident eben schon angesprochen hat, ein geordnetes Verfahren gab. Wir haben eine Sachverständigenanhörung gehabt. Kollege De Masi hat gerade einen Sachverständigen zitiert. Mir fielen viele andere ein, die genau das Gegenteil gesagt haben. Ich habe das Gefühl, dass jedenfalls manche, die hier heute gesprochen haben, bei dieser Anhörung nicht zugehört haben; denn die überwiegende Mehrheit – ich würde sagen, zu 99 Prozent – der Sachverständigen – und das waren nicht nur die Sachverständigen, die sich die Union „ausgesucht“ hat – war der Auffassung, dass wir mit dieser Mehrwertsteuersenkung den richtigen Impuls setzen. Wir haben uns danach bestärkt gefühlt, dieses Gesetzgebungsverfahren so weiter voranzubringen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Es ist über die Evidenz von Untersuchungen gesprochen worden. Es gab kaum Mehrwertsteuersenkungen. Es gab einmal eine in Großbritannien in der Zeit der Finanz- und Wirtschaftskrise. Dort haben die Wissenschaftler, die Volkswirte nachweisen können, dass anfänglich fast alles an die Verbraucherinnen und Verbraucher weitergegeben wurde und es dann ein wenig abgenommen hat. Also: Dort gab es den Erfolg.

Natürlich, lieber Herr Kollege Bayaz: Wir treffen immer Entscheidungen unter Unsicherheit; es gibt nicht die sichere Entscheidung. Wir haben aber in der Abwägung festgestellt, dass es eine gute Entscheidung ist, die viele Chancen birgt. Und diese Chancen wollen wir nutzen. Wir hoffen, dass sich die Unternehmerinnen und Unternehmer bewusst sind, dass ein Großteil dort ankommen soll, wo wir es auch sehen wollen. Aber selbst wenn es bei den Unternehmern und Unternehmerinnen landen sollte, bleibt es im Wirtschaftskreislauf; die Volkswirte nennen das „Multiplikatoreffekt“. Also: Wir haben dadurch auch neue Effekte.

Natürlich gibt es diese Amazons. Da müssen wir, lieber Kollege Dehm, auch noch mehr machen. Wir sind ja dabei, im europäischen Kontext – Frau Kollegin Tillmann hat das angesprochen – einiges zu tun. Wenn es überhaupt so sein sollte, dass es Mitnahmeeffekte bei Amazon gibt, kommt das ja nicht nur dort an. Es gibt viele Unternehmen gerade auch im Mittelstand, die das nutzen können, um ihre Liquidität oder ihre Eigenkapitalbasis zu stärken. Von daher ist das auch eine gute Lösung, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

In der Anhörung haben das übrigens auch, lieber Herr Kollege Dürr, die Vertreter von acht Spitzenverbänden der deutschen Wirtschaft begrüßt und sogar gesagt: Das kann einen wichtigen Impuls für den Binnenkonsum darstellen. – Ich glaube, Sie waren gar nicht da, Herr Dürr. Dann lassen Sie es sich bitte von Ihren Kollegen berichten.

(Christian Dürr [FDP]: Ich hörte ja trotzdem zu! Das geht heute sogar digital!)

Das liegt übrigens auch schriftlich vor; das könnte ich Ihnen auch zustellen. – Von daher steht auch die Wirtschaft hinter dieser Mehrwertsteuersenkung.

Deshalb, meine Damen und Herren, sollten wir das jetzt auch zügig umsetzen. Wir haben damit administrative Aufgaben zu erfüllen; das ist gar keine Frage. Das weiß ich auch als Steuerberater. Aber in der Abwägung ist das, glaube ich, eine kluge Lösung.

Letzte Bemerkung: Vorhin ist gesagt worden: Wir diskutieren an diesem Punkt in der Gegenwart. – Ja, wir müssen auch Steuerpolitik für die Zukunft machen. Von daher ist es wichtig, dass wir auch zu einer Modernisierung des Unternehmensteuerrechts kommen. Darum ist es richtig, dass über den Einkommensteuertarif debattiert werden muss.

(Beifall des Abg. Christian Dürr [FDP])

Diese Aufgaben sollten wir jetzt angehen. Wir werden auch dafür vielleicht noch in dieser Großen Koalition gute Lösungen finden.

(Christian Dürr [FDP]: Aber nicht nur in der Wirtschaftsförderung, im Gesetzblatt muss das passieren!)

– Sie wollten ja nicht mitmachen, lieber Herr Dürr.

(Christian Dürr [FDP]: Damals wolltet ihr ja nicht mal den Soli abschaffen!)

Mit Ihnen hätten wir vielleicht schon viel mehr erreicht.

Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit für ein gutes Paket.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)