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Fritz Güntzler: Heute beraten wir über das Umsetzungsgesetz

Redebeitrag zur Umsetzung steuerabkommensbezogener Maßnahmen zur Verhinderung der Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist ein sehr technisches Gesetz, das wir heute beraten. Die Frau Staatssekretärin hat schon darauf hingewiesen: Es ist Teil des sogenannten BEPS-Projektes, also der OECD-Initiative, die insbesondere auch Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble gestartet hat, damit wir gemeinsam international gegen aggressive Steuergestaltung und internationale Gewinnverschiebung vorgehen können.

Damals wurden 15 Aktionspunkte vereinbart, und der 15. Action Point, wie es so schön heißt, hatte die Umsetzung des Multilateralen Instrumentes vorgesehen. Die Kollegen haben es schon geschildert: Das soll dazu dienen, dass die Doppelbesteuerungsabkommen nicht alle einzeln angefasst werden müssen. 94 Staaten haben diesen Vertrag unterzeichnet, 47 haben ihn mittlerweile ratifiziert.

Deutschland hat 72 Doppelbesteuerungsabkommen und hatte zunächst – das wird ein Punkt sein, den wir mit der Bundesregierung besprechen werden – für 35 Länder angemeldet, um das MLI zu nutzen; mittlerweile sind wir nur noch bei 14 Ländern, darunter Frankreich, Österreich und Spanien. Mit den anderen 58 Ländern soll bilateral verhandelt werden. Die Frage ist, wenn man so ein Instrument geschaffen hat, warum man das dann nicht in größerer Breite nutzt. Das ist für mich nicht unbedingt ersichtlich; aber das werden wir ja dann erörtern können. Übrigens gibt es weltweit 3 000 Doppelbesteuerungsabkommen, und man geht davon aus, dass durch das MLI-Verfahren die Hälfte davon geändert werden kann, was wirklich eine bürokratische Erleichterung wäre.

Selbstkritisch müssen wir natürlich anmerken, dass Deutschland den Vertrag in Paris am 7. Juni 2017 unterzeichnet hat. Das MLI ist eigentlich am 1. Juli 2018 in Kraft getreten. Wir haben mittlerweile September 2020 und debattieren über das Umsetzungsgesetz. Ich glaube, das hätte auch ein wenig schneller gehen können. Nun haben wir es vorliegen, und wir werden sehen, wie wir damit umgehen.

Das Problem – das habe ich eben vergessen zu sagen – bei den bilateralen Verträgen wird sein, wie wir weiter verhandeln; denn wir haben derzeit ein sogenanntes OECD-Musterabkommen. Die Doppelbesteuerungsabkommen sind ziemlich ähnlich, sodass man mit einem einfachen Grundgedanken an die DBAs rangehen kann. Wenn wir jetzt alle DBAs anfassen, wird es nicht ganz einfach – auch für die Steuerberater und den Steuerpflichtigen nicht –, den jeweiligen Regelungsinhalt weiterhin nachzuvollziehen.

Die Staatssekretärin hat schon erwähnt, dass es ein zweistufiges Verfahren geben soll: Heute beraten wir über das Umsetzungsgesetz, und die einzelnen Dinge werden in einem Anwendungsgesetz geregelt. Dann werden wir auch über die einzelnen materiellen Punkte diskutieren müssen. Es wird darum gehen, wie wir die hybriden Gestaltungen angehen; das ist ja ein berühmtes Thema. Danach ist es nicht möglich, in zwei Ländern einen Betriebsausgabenabzug geltend zu machen bzw. Einkünfte nicht zu versteuern, sogenannte weiße Einkünfte. Es geht um Abkommensmissbrauch; das ist in Deutschland in § 42 Abgabenordnung – Gestaltungsmissbrauch – geregelt. Eine solche Regelung soll in allen Ländern gleichermaßen gelten.

Es geht – und das ist für Deutschland ganz wichtig – um die Betriebsstättendefinition. Das muss man sich angucken; das kann zu Problemen führen. „Betriebsstätte“ heißt: Wenn zum Beispiel ein deutsches Unternehmen im Rechtskleid einer GmbH im Ausland tätig ist und dort eine Betriebsstätte hat, werden die Einkünfte aufgeteilt auf die, die in Deutschland zu versteuern sind, und die, die im Ausland zu versteuern sind. Also hat das andere Land natürlich immer eher ein Interesse daran, einen Ort als „Betriebsstätte“ zu definieren. Da sind Dinge vorgesehen, die auch dazu führen könnten, dass Steuersubstrat aus Deutschland verlagert wird. Das müssen wir uns also in Ruhe angucken.

Gut finde ich auch die Regelungen zur Verbesserung der Streitbeilegung und der Schiedsverfahren. Im internationalen Bereich dauern diese Dinge teilweise viel zu lange, und es ist der Steuerpflichtige, der es ausbaden muss, wenn zwei Staaten sich nicht einigen können.

Also: Insgesamt ein richtiger Schritt in die richtige Richtung. Der BEPS-Prozess wird weiter begleitet. Ich freue mich auf die Beratungen und besonders auf die Umsetzungsgesetze.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)