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Eckhardt Rehberg : "Dieser Haushalt ist ein gutes Fundament für die nächsten Jahre"

Rede zum Einzelplan 08 und 20 - Bundesministerium der Finanzen und Bundesrechnungshof

Eckhardt Rehberg (CDU/CSU):

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Otto Fricke, 596 Anträge – das ist mehr Masse als Klasse. Von dir, Otto, habe ich hier schon bessere Reden gehört.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Otto Fricke [FDP]: Noch bessere?)

Erster Fake. Wir geben für Bildung und Forschung 18,3 Milliarden Euro aus. Ja, der Haushalt ist nur leicht aufgewachsen, weil erstens – das sollte man hier mit hinzufügen – die Kompensationszahlungen für den Hochschulbau jetzt im Bund-Länder-Finanzausgleich abgebildet sind und wir zweitens massive Minderbedarfe beim BAföG haben. Das macht round about 400 Millionen Euro aus. Das heißt, letztendlich ist dieser Haushalt um über 400 Millionen Euro aufgewachsen. Deswegen sollte man hier schon die ganze Wahrheit erzählen und nicht mit Fakes arbeiten – besonders nicht im digitalen Zeitalter.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Zweite Bemerkung. Wenn die FDP zufriedenstellt, dass nach ihrer Rechnung vier Fünftel zur SPD gegangen sind und ein Fünftel zur Union, kann ich dir, Otto, nur entgegnen:

(Johannes Kahrs [SPD]: Schön wäre es!)

Wir sind eine gemeinsame Koalition, wir arbeiten gemeinsam für dieses Land, und das wollen wir bis zum Herbst 2021 auch gemeinsam machen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

Dieser Haushalt ist ein gutes Fundament für die nächsten Jahre:

Erstens. Wir bringen den Klimaschutz mit 54 Milliarden Euro voran, und ich hoffe, dass hier auch die Länder mitmachen.

(Lachen des Abg. Otto Fricke [FDP])

Zweitens. Die Investitionen bewegen sich mit 53 Milliarden Euro auf Rekordniveau.

Drittens. Für die innere Sicherheit und besonders für den Kampf gegen Rechtsterrorismus und Rechtsextremismus schaffen wir fast 4 000 neue Stellen bei der Bundespolizei, beim Bundeskriminalamt usw. usf.

(Johannes Kahrs [SPD]: Sehr richtig!)

Viertens. Wir kommen unseren internationalen Verpflichtungen nach. Die NATO-Quote für Verteidigung beträgt 1,42 Prozent.

Nicht zuletzt ist festzustellen: 52 Prozent des Haushaltes stehen für den Sozialbereich und für den sozialen Zusammenhalt zur Verfügung.

Das zeigt, dieser Haushalt ist auf Zukunft ausgerichtet, auf Forschung und Entwicklung, auf sozialen Zusammenhalt und auf Investitionen.

Die Probleme hat mein Kollege Kahrs durchaus schon angesprochen. Was ist denn seit vielen Jahren unser Problem? Dadurch, dass wir seit 2014 in der Lage sind, massiv zu investieren, werden die Defizite in unserer Gesellschaft deutlich. Die Mittel fließen nämlich nicht ab – für Breitbandausbau, für die Verkehrsinfrastruktur, für Kommunalinvestitionen –, weil erstens Planungskapazitäten fehlen, zweitens die Standards zu hoch sind und drittens wir ein viel zu kompliziertes Planungs- und Baurecht haben.

(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Richtig!)

Hier muss die Gesellschaft ran – auch beim Klimapaket.

Wir werden das Geld nicht umgesetzt bekommen, wenn wir weiter verharren und wenn im Bundesrat weiter blockiert wird. Ich rufe auch das Bundesumweltministerium auf, endlich die Blockadehaltung aufzugeben, damit wir in Deutschland zu einem besseren und schnelleren Baurecht und Planungsrecht kommen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Große Ökonomen wollen uns einreden, dass wir Deutschland nur voranbringen, wenn wir Schulden machen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Finanzkrise in Europa ist nicht durch zu wenige Schulden entstanden; sie ist durch zu viele Schulden entstanden. Das ist der Kernpunkt.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)

Wenn ich unsere Haushalte angucke, dann sehe ich, dass wir kein Finanzierungsproblem haben; wir haben ein Umsetzungsproblem.

(Otto Fricke [FDP]: Sehr wahr!)

Die Kommunen haben im letzten Jahr 38 Milliarden Euro für Investitionen zur Verfügung gestellt bekommen. Ein Drittel weniger ist abgeflossen. Das heißt, Bund, Länder und Kommunen müssen endlich gemeinsam darangehen, dass das Geld, das – in Anführungsstrichen – im Schaufenster steht, auch umgesetzt wird. Das heißt, wir haben kein Einnahmeproblem. Wir haben ein Umsetzungsproblem.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und des Abg. Otto Fricke [FDP])

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir führen aktuell beim Klimapaket eine Debatte darüber, dass die Länder meinen, dass sie ihre Steuermindereinnahmen nicht tragen können. Das sind je nach Rechnung 3 Milliarden Euro, wenn ich beim Thema „Mehrwertsteuer auf Bahntickets“ die Kompensation nicht einrechne, und, wenn ich sie einrechne, 2 Milliarden Euro.

(Otto Fricke [FDP]: Sehr wahr!)

Die Länder meinen, auch die Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern, man brauche mehr Geld für den ÖPNV. Jetzt hat sich der Bund entschlossen – das trifft bei mir nicht gerade auf Freude –, die Regionalisierungsmittel aufzustocken. Wie sieht es bei den Regionalisierungsmitteln aus?

(Otto Fricke [FDP]: Jetzt kommt die Wahrheit!)

Aktuell geben wir etwa 9 Milliarden Euro an die Länder. Dieses Geld können sie eigenverantwortlich einsetzen. Der letzte Bundesrechnungshofbericht, Stand 31. Dezember 2016, sagt aus, dass es 2,8 Milliarden Euro an Resten gibt. Liebe Kolleginnen und Kollegen: 2,8 Milliarden Euro Reste! Ich spreche gar nicht von Fehlverwendungen dieser Mittel. Deswegen glaube ich, Herr Bundesfinanzminister und Herr Verkehrsminister, es ist wichtiger, erst mal dafür zu sorgen, dass die Reste abfließen und keine Strecken stillgelegt werden.

(Dr. Dietmar Bartsch [DIE LINKE]: Genau!)

In Mecklenburg-Vorpommern belaufen sich die Reste auf 245 Millionen Euro, und das Land legt Bahnstrecken still. – Ich halte die Politik, die die Länder an dieser Stelle machen, für absurd.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP und des Abg. Dr. Dietmar Bartsch [DIE LINKE])

Ich sehe schon die Debatte kommen – ich glaube, sie wird diese Woche schon anfangen –: Der Bund zieht sich aus dem sozialen Wohnungsbau zurück. Der Bund gibt kein Geld mehr für den Hochschulbau. Der Bund gibt kein Geld mehr für Gemeindestraßen und für den öffentlichen Personennahverkehr. – All denjenigen, die das diese Woche möglicherweise anführen wollen, sage ich: 3 Milliarden Euro Entflechtungsmittel gibt es im Rahmen des Bund-Länder-Finanzausgleichs in Form zusätzlicher Umsatzsteuerpunkte. Und die Länder sind eigenverantwortlich dafür zuständig, das Geld in diesen Bereichen – Wohnungsbau, Gemeindestraßen, ÖPNV – einzusetzen. Es ist von den Ländern gewollt worden, dass diese Mittel nicht mehr über Verwaltungsvereinbarungen oder Finanzhilfen zugewiesen werden, sondern dass sie über diese Mittel frei verfügen können. Das heißt für mich auch: Wer die Eigenverantwortung hat, hat auch die Zuständigkeit und darf nicht ständig nach dem Bund rufen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, immer wieder werden neue Forderungen an den Bund herangetragen, sich in bestimmten Bereichen zu engagieren. Das mag an der einen oder anderen Stelle vielleicht opportun sein. Aber gucken wir uns doch auch hier einmal die Umsetzung der ganzen Geschichte an: 7 Milliarden Euro stehen seit dem Frühjahr 2016 für kommunale Investitionen zur Verfügung. Was ist davon bisher umgesetzt? Gebunden sind von den 7 Milliarden Euro gerade mal die Hälfte, abgeflossen gerade mal ein Drittel. Stichwort Breitbandausbau: Alex Dobrindt hat dafür gesorgt,

(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das glaube ich nicht!)

dass seit dem Herbst 2015/Frühjahr 2016 über 4 Milliarden Euro Fördermittelbescheide ins Land herausgegangen sind.

(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Bestimmt nach Bayern!)

Umgesetzt davon – Stand heute –: Null! Das ist die Realität. Das heißt ganz einfach: Auch hier kranken wir nicht an zu wenig Geld, sondern wir kranken schlichtweg an der Umsetzung.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, manchmal kann man eine Brücke nicht sanieren, weil da Fledermäuse leben. Aktuell hat es ein Projekt erwischt, hinter dem der Deutsche Bundestag direkt steht, und zwar der Bau des Freiheits- und Einheitsdenkmals in Berlin. Dieser wird sich massiv verzögern, wahrscheinlich um zwei Jahre. Die dort lebenden Fledermäuse müssen erst umgesiedelt werden. Das ist die Realität in dieser Republik. In Mecklenburg-Vorpommern hat eine Brücke über die Müritz eine Bauverzögerung von fast zwei Jahren gehabt – Kosten: 1 Million Euro –, damit sieben Fledermausarten umgesiedelt werden konnten. Das sind die Probleme, denen wir uns zuwenden müssen, statt immer neue Schulden zu fordern und nach irgendwelchen Fonds und Sondervermögen zu rufen.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Man muss endlich darangehen, das Geld umzusetzen, das wir haben. Alles andere macht an dieser Stelle nach meiner Auffassung keinen Sinn.

Ich sage den Weltökonomen, gerade auch in Richtung Grüne, die meinen, man müsse immer mehr Schulden machen und 35 Milliarden Euro für einen Bundesinvestitionsfonds auflegen: Was, glauben Sie, wird von diesem Geld abfließen? Im ersten Jahr – das garantiere ich Ihnen – wird das ein Bruchteil sein, im zweiten Jahr noch weniger. Aber in zehn Jahren – und das ist das Problem – haben Sie 350 Milliarden Euro ins Schaufenster gestellt, und die Schuldenlast des Bundes, die jetzt bei 1,2 Billionen Euro liegt, wird deutlich gestiegen sein.

Natürlich kann man argumentieren, dass wir zurzeit Niedrigzinsen bzw. Minuszinsen haben. Aber glauben Sie wirklich, dass die anhalten? Allein bei den zehnjährigen Bundesanleihen lag die Rendite im Frühjahr bei minus 0,7 Prozent, aktuell sind es nur noch minus 0,3 Prozent. Und was machen Sie, wenn die Zinsen auf 1, 1,5 oder 2 Prozent steigen?

(Otto Fricke [FDP]: Sehr wahr!)

Generationengerechtigkeit heißt für mich auch, dass wir den zukünftigen Generationen nicht nur beim Thema Klima, sondern auch bei den Finanzen keine Erblasten überlassen und vielmehr an dieser Stelle eine generationengerechte Finanz- und Haushaltspolitik miteinander vereinbaren.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, eine der großen Herausforderungen der nächsten Tage wird das Klimaschutzpaket sein. Ich richte einen sehr deutlichen Appell an die Bundesländer. Der Bund übernimmt hier eine Bruttolast von 54 Milliarden Euro. Alles gegenrechnet haben wir nach unseren Berechnungen eine Nettolast von 17 Milliarden Euro. Die Länder werden mit Kompensation der Mehrwertsteuerabsenkung bei der Bahn rund 2 Milliarden Euro in vier Jahren und ohne Kompensation 3 Milliarden Euro haben. Der Bund wird bei Regionalisierungsmitteln bzw. Förderprogrammen in verschiedensten Bereichen Entlastungen der Länder um rund 3 Milliarden Euro vornehmen. Für mich und auch für alle 16 Bundesländer soll der Klimaschutz nicht nur eine Bundesaufgabe sein, sondern eine gemeinsame Aufgabe im föderalen System von Bund, Ländern und Kommunen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Otto Fricke [FDP])