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Dr. Reinhard Brandl: Wir haben den Verteidigungshaushalt in wesentlichen Punkten verbessert

Bundesministerium der Verteidigung (Epl. 14)

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Herr Otten hat gerade über den Auftrag der Bundeswehr gesprochen. Er ist im Grundgesetz formuliert. In Artikel 87a Grundgesetz heißt es: „Der Bund stellt Streitkräfte zur Verteidigung auf.“

(Tobias Pflüger [DIE LINKE]: Ja, genau!)

Dieser Kernauftrag der Bundeswehr ist seit 1956 unverändert, aber die Rahmenbedingungen dafür haben sich in den letzten Jahren und Jahrzehnten fundamental verändert. Technologischer Fortschritt, Digitalisierung und globale Vernetzung führen dazu, dass unser Land wesentlich angreifbarer und verwundbarer ist. Potenzielle Angreifer zielen nicht mehr auf territorialen Raumgewinn wie früher, sondern es geht um die Destabilisierung unserer Gesellschaft und um unsere wirtschaftliche Schwächung.

Mit dem Cyberraum und dem Weltraum sind neue Gefechtsfelder hinzugekommen. Die Proliferation von Massenvernichtungswaffen und von Trägertechnologien wie zum Beispiel Raketen oder Drohnen verschieben das Verhältnis von Angriff und Verteidigung fundamental.

Nachdem Herr Otten eben Clausewitz zitiert hat: Nicht alles aus dem 19. Jahrhundert ist auf die heutige Zeit übertragbar. Clausewitz hat in seiner Abhandlung geschrieben, dass der Verteidiger im Vorteil gegenüber dem Angreifer sei, weil man für die Verteidigung deutlich weniger Mittel braucht. Das ist heute fundamental anders. Raketen, wie sie zum Beispiel in Bergkarabach zum Einsatz kommen, oder Drohnen kosten Millionen, ein Raketenabwehrsystem kostet Milliarden. Mit dieser Herausforderung müssen wir umgehen, wenn wir den Auftrag unseres Grundgesetzes – „Der Bund stellt Streitkräfte zur Verteidigung auf“ – wirklich erfüllen wollen; denn die Alternative – der Bund stellt Streitkräfte für das Schaufenster auf – ist in dieser Sicherheitslage nicht verantwortbar.

Ebenfalls nicht verantwortbar ist eine Strategie, die auf der Annahme beruht: Na ja, im Ernstfall werden es die NATO und die USA schon richten. – Auch in den USA steigen die Verteidigungsausgaben. Auch in den USA gibt es eine Coronakrise. Wir werden erleben, dass das Volk in den USA immer lauter fragen wird, warum sie Geld für die Verteidigung Europas ausgeben, wenn Deutschland als Land, das davon profitiert, selbst nicht bereit ist, seine Zusagen – Stichwort 2-Prozent-Ziel – einzuhalten.

(Tobias Pflüger [DIE LINKE]: Ob das die Frage ist?)

Meine verehrten Damen und Herren, damit müssen wir uns befassen.

Ich mache mir, ehrlich gesagt, nicht Sorgen um die Bundeswehr 2021. Ich mache mir Sorgen darüber, ob wir 2030 und in den fortfolgenden Jahren noch in der Lage sind, unseren grundgesetzlichen Auftrag zu erfüllen; denn wenn wir das sein wollen, müssen wir heute in Technologien investieren.

Die Bundeswehr ist für das Jahr 2021 mit dem vorliegenden Haushalt aus meiner Sicht solide finanziert.

(Stephan Brandner [AfD]: Eine sehr komische Sicht!)

Das Problem ist, dass die Finanzlinie abknickt. Es gibt ein paar Weichenstellungen, die unmittelbar bevorstehen.

Die erste Weichenstellung steht im Frühjahr an und betrifft das Projekt FCAS, das Future Combat Air System. Es ist mit der jetzigen Finanzlinie nicht zu finanzieren. Dahinter steht die Frage, ob wir in Europa langfristig den militärischen Flugzeugbau erhalten wollen oder ob wir in Zukunft unsere Flugzeuge nur noch aus den USA kaufen.

Die zweite Weichenstellung betrifft das TLVS, das Taktische Luftverteidigungssystem. Auch hier ist die Frage, ob wir uns in Europa langfristig die Fähigkeit sichern wollen, eigenständig, souverän gegen ballistische Raketen vorzugehen. Das ist teuer, aber wir müssen es aus meiner Sicht machen; denn wenn wir diesen Weg nicht gehen, werden wir bei der Entwicklung überlegener Verteidigungsfähigkeiten den Anschluss an China und die USA deutlich verlieren. Das macht mir im Moment Sorgen.

Für 2021 sehe ich die Bundeswehr gut aufgestellt. Wir haben den Verteidigungshaushalt in wesentlichen Punkten noch verbessert.

Erstens. Wir geben mehr Geld für Munition aus. Wir haben in den Beratungen deutlich gesehen, dass wir weit hinter unseren NATO-Zielen und den Vorgaben zurückliegen, was die Bevorratung angeht. Wir setzen hier einen Schwerpunkt mit weit über 100 Millionen Euro.

Zweitens. Wir geben mehr Geld für die persönliche Bekleidung und die persönliche Ausstattung der Soldatinnen und Soldaten aus. Das betrifft jeden Soldaten unmittelbar; davon hat er selber was. Daher ist das der falsche Titel zum Sparen. Das BMVg hatte den Titel ursprünglich abgesenkt. Wir haben ihn wieder auf das alte Niveau angehoben.

Drittens. Wir finanzieren das Bahnfahren in Uniform. Das ist ein Projekt der CSU. Wir haben das damals in Seeon beschlossen und innerhalb eines Jahres umgesetzt. Es wird besser genutzt, als alle gedacht haben. Die Soldaten nehmen es in Anspruch. Sie fahren länger, und sie fahren öfter. Deswegen fehlt Geld. Die 30 Millionen Euro legen wir gerne drauf.

Meine Damen und Herren, mit dem Haushalt haben wir eine ganze Reihe von großen Rüstungsvorhaben mitfinanziert, Stichwort „Mehrzweckkampfschiff“ – um auch mal ein Schiff der Marine zu nennen, für meinen Kollegen Gädechens –, aber auch viele gepanzerte Fahrzeuge für das Heer, den Eurofighter, die Eurodrohne usw.

Alles in allem ist das für 2021 ein guter Haushalt. Ich danke meinen Mitberichterstattern Michael Leutert, Andreas Schwarz, Tobias Lindner, Karsten Klein und Martin Hohmann für die gute und kollegiale Zusammenarbeit. Ich bitte Sie um Zustimmung zum Haushalt.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)