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Dr. Joachim Pfeiffer: Es geht um Schaffung verlässlicher Zukunftsperspektiven in den Regionen, die betroffen sind

Rede zum Strukturstärkungsgesetz

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Also, wenn man sich hier so anhört, was von linker, was von grüner Seite, leider zum Teil auch von der FDP behauptet wird – marktschreierisch, so nach dem Motto: wer schaltet planlos, konzeptlos am schnellsten ab,

(Zuruf von der AfD: Die Grünen!)

ohne eine Balance zu wahren zwischen anderen Zielen –, dann finde ich das schon bedauerlich. Und wenn Sie sich dann ganz offensichtlich nicht mal die Mühe gemacht haben, zu lesen, was in den parlamentarischen Beratungen an Änderungen erzielt wurde, sowohl im Strukturgesetz als auch bei den Ausstiegsfragen, wo wir Instrumente implementieren, wo klug, sogar schneller Emissionen reduziert werden, als es vorher der Fall war, dann muss ich sagen: Es ist, ehrlich gesagt, ziemlich bedauerlich und politisch ziemlich unverantwortlich, wie Sie hier agieren. Das möchte ich eingangs schon mal sagen.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Natürlich geht es um Klimaschutz, und mit dem, was wir hier vorlegen, übererfüllen wir sogar die vorgegebenen Klimaziele, die wir europäisch vereinbart haben. Aber es geht auch darum, dass wir die Wettbewerbsfähigkeit des Standortes und die Bezahlbarkeit von Strompreisen gewährleisten; denn ohne energieintensive Unternehmen, ohne Stahl, ohne Aluminium, ohne Kupfer gibt es keinen ICE, kein Windrad, keine erneuerbaren Energien. Und wir wollen, dass sie in Deutschland produziert werden.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Es geht um energiewirtschaftliche Fragen, es geht um Versorgungssicherheit. Es geht auch um Akzeptanz, um Schaffung verlässlicher Zukunftsperspektiven in den Regionen, die betroffen sind. Dort wollen wir zukunftsträchtige Arbeitsplätze schaffen und erhalten. Und da sind wir es als Union und mit uns zusammen der Koalitionspartner, die diese Balance schaffen; wir fokussieren uns nicht nur auf eines dieser Ziele.

Im Hinblick auf die Strukturstärkung verankern wir die Mittel so im Haushalt, dass die 40 Milliarden Euro auch wirklich zur Verfügung stehen, auch schneller zur Verfügung stehen, planbar. Wir haben Wort gehalten gegenüber den Regionen, Herr Ministerpräsident Kretschmer; das sage ich auch an die anderen Bundesländer gerichtet. Die Union hat Wort gehalten dabei. Für die stromintensiven Unternehmen, denen ausstiegsbedingt Mehrkosten entstehen, werden wir in diesem Jahr einen Mechanismus vorlegen, wie wir die ausgleichen wollen; denn wir wollen kein Carbon Leakage, wir wollen, dass diese Wertschöpfung, diese Arbeitsplätze in Deutschland bleiben.

Das heißt, aus dem bisherigen „Kann“ wird ein „Soll“ gemacht. Wir werden einen Zuschuss für die Übertragungsnetzentgelte ab 2023 gewähren; auch da haben wir im Gesetz, auch wenn es der SPD schwergefallen ist, aus dem „Kann“ ein „Soll“ gemacht. Und diese Senkung der Übertragungsnetzentgelte hilft allen Stromverbrauchern und verbessert die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts. Auch hier haben wir Wort gehalten gegenüber der Wirtschaft und mit Blick auf die Arbeitsplätze.

Und wir haben zwei intelligente Förderprogramme aufgesetzt, mit denen wir auf der einen Seite erneuerbare Wärme und auf der anderen Seite Brennstoffwechsel fördern. Was heißt das? Ich nehme mal ein Beispiel, um es zu erklären. Erneuerbare Wärme: Wir bauen ein noch junges Steinkohlekraftwerk oder KWK-Kraftwerk um, an einem Standort, der akzeptiert ist. Dort ermöglichen wir mit dem Instrument einen schnelleren Umstieg, beispielsweise auf Biomasse; das haben wir nämlich auch verankert.

Präsident Dr. Wolfgang Schäuble:

Herr Kollege, der Kollege Beutin würde gerne eine Zwischenfrage stellen. Gestatten Sie sie?

 

Dr. Joachim Pfeiffer (CDU/CSU):

Ja.

Präsident Dr. Wolfgang Schäuble:

Bitte?

 

Dr. Joachim Pfeiffer (CDU/CSU):

Gerne.

Präsident Dr. Wolfgang Schäuble:

Dann halte ich die Uhr an.

 

Dr. Joachim Pfeiffer (CDU/CSU):

Das wäre schön.

(Heiterkeit bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Präsident Dr. Wolfgang Schäuble:

Deswegen müssen Sie antworten. – Herr Beutin.

 

Lorenz Gösta Beutin (DIE LINKE):

Herr Pfeiffer, Sie haben eben erklärt, wir würden die Klimaziele und den Beitrag zum Pariser Klimaabkommen übererfüllen. Nun haben wir die Bundesregierung gefragt, ob sie uns denn berechnen könnte, wie hoch der faire Beitrag zum Pariser Klimaabkommen für das 1,5-Grad-Ziel wäre. Die Antwort der Bundesregierung war, sie könne keine Berechnungsgrundlage liefern. Deswegen haben wir heute den Antrag eingebracht, der fordert, dass genau diese Berechnung angestellt wird und dass das auf einer fairen Grundlage berechnet wird. Das heißt, einerseits sagt diese Bundesregierung, sie könne das nicht genau berechnen, andererseits behaupten Sie hier das Gegenteil. Was ist denn jetzt richtig?

(Beifall bei der LINKEN)

 

Dr. Joachim Pfeiffer (CDU/CSU):

Also, wir sind ja im parlamentarischen Verfahren,

(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was ist das denn für eine Antwort?)

und ich war gerade dabei, zu erläutern, was wir gegenüber dem bereits befriedigenden Entwurf der Bundesregierung im parlamentarischen Verfahren noch verbessert haben. Genau in dem von Ihnen angesprochenen Punkt kommen wir zu Verbesserungen, weil wir nämlich mit dem Förderprogramm für erneuerbare Wärme und mit dem Förderprogramm für den Brennstoffwechsel jeweils 1 Milliarde Euro zur Verfügung gestellt haben.

(Lorenz Gösta Beutin [DIE LINKE]: Was ist die Berechnungsgrundlage?)

Damit ermöglichen wir, dass an bestehenden Standorten, zum Beispiel an einem Steinkohle-KWK-Standort jetzt eine Umrüstung erfolgen kann, beispielsweise auf Biomasse – Wasserstoff wurde vorher erwähnt – oder auch Gas. Damit werden diese Steinkohleanlagen nicht in die Reserve geschoben, was Geld kostet, die Strompreise erhöht und die Emissionen nicht senkt, sondern es werden CO2-neutrale Standorte, die akzeptiert sind, umgerüstet; somit kommen wir sogar schneller zu CO2-Einsparungen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Lorenz Gösta Beutin [DIE LINKE]: Was ist die Berechnungsgrundlage?)

Herr Neumann, da lagen auch Sie falsch: Wir haben diese Benachteiligung im Süden aufgehoben, mit den Instrumenten, die wir jetzt im parlamentarischen Verfahren angelegt haben. Deshalb finde ich es, wie gesagt, schade, dass Sie sich nicht die Mühe gemacht haben, zu lesen, was wir dort verbessert haben, oder Sie haben es nicht verstanden; deshalb erkläre ich es gerne noch mal. Beim Brennstoffwechsel ist es ähnlich: Wir wollen Kondensationskraftwerke im Süden und auch im Norden – da müssen wir uns natürlich anschauen, wie es mit der Netzverträglichkeit aussieht – zu einem Brennstoffwechsel animieren, damit sie schneller wegkommen von der Steinkohle.

(Lorenz Gösta Beutin [DIE LINKE]: Wie ist die Berechnungsgrundlage?)

Aber dafür müssen sie investieren. Und sie konnten bisher ihre Abschreibungen noch nicht erwirtschaften.

Präsident Dr. Wolfgang Schäuble:

Herr Kollege Pfeiffer, auch der Kollege Dr. Neumann würde noch gerne eine Zwischenfrage stellen. – Die lassen Sie auch noch zu. Und irgendwann müssen Sie dann auch noch den Rest Ihrer Rede absolvieren.

 

Dr. Joachim Pfeiffer (CDU/CSU):

Ich habe heute Vormittag nichts mehr vor.

(Heiterkeit bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Präsident Dr. Wolfgang Schäuble:

Aber der Rest des Hauses ist noch bis heute Abend verplant.

 

Dr. Martin Neumann (FDP):

Vielen Dank, Herr Kollege Pfeiffer, dass Sie die Frage zulassen. – Sie waren ja im Wirtschaftsausschuss dabei, als ich genau danach gefragt habe. Sie haben jetzt eine Antwort gegeben, die offensichtlich quasi über Nacht ausgedacht wurde. Wie ist es tatsächlich mit diesem Ersatzbonus, wie wird das zusammengestellt? Ich habe den Eindruck gewonnen, dass hier irgendwelche Dinge hin und her geschoben werden, die dann vielleicht gar nicht stimmen. Wie kommen Sie zu dieser Behauptung? Das würde mich interessieren.

 

Dr. Joachim Pfeiffer (CDU/CSU):

Kollege Neumann, ich versuche gerne, es noch mal zu erläutern. Es gibt nun diese zwei Förderprogramme, die ich gerade erläutert habe; die gab es vorher nicht. Des Weiteren haben wir im KWK-Gesetz Änderungen gegenüber dem Regierungsentwurf oder dem Kabinettsbeschluss vorgenommen, indem wir den Kohleersatzbonus erhöht und angepasst haben. Denn wir haben ja im Süden das Problem, dass, solange die Übertragungsnetze, die vom Norden in den Süden Wechselstrom oder auch Gleichstrom übertragen sollen, nicht fertig sind, sich die Südanlagen nicht an den Ausschreibungen im Steinkohlebereich beteiligen können, auch nicht im KWK-Bereich. Deshalb schaffen wir jetzt Anreize, bereits in diesen Zeitraum, um zu einem Brennstoffwechsel zu kommen und sichere Leistung zu gewährleisten und gegebenenfalls sogar mehr CO2 einzusparen und die Standorte zu sichern.

Im KWK-Bereich wird zum Beispiel der Südbonus verlängert, um entsprechende Umrüstungen vorzunehmen, weil Gasanschlüsse in bestimmten Regionen noch nicht vorhanden sind – da brauchen wir Fernleitungsanschlüsse für Gas; das wissen Sie ja, Sie sind Spezialist. Das haben wir in diesem Verfahren beispielsweise auch ermöglicht. Insofern wird da ein Schuh draus. Wir haben uns diese Dinge sehr genau angeschaut und entsprechende Instrumente geschaffen, sodass wir – ich wiederhole es noch mal – die Wettbewerbsfähigkeit erhalten, indem wir Strompreise nicht unnötig in die Höhe jagen oder Kraftwerke in die Reserve bringen, wir die Versorgungssicherheit verbessern, weil wir gerade im Süden diese Standorte erhalten, und wir sogar gegenüber dem bisherigen Plan mehr CO2 einsparen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Präsident Dr. Wolfgang Schäuble:

So, ab jetzt läuft die Redezeit weiter, und sie ist auch bald zu Ende.

 

Dr. Joachim Pfeiffer (CDU/CSU):

Schade. Vielleicht findet sich noch jemand für eine Zwischenfrage.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU)

Präsident Dr. Wolfgang Schäuble:

Herr Kollege Pfeiffer, ich werde keine mehr zulassen.

(Reinhard Houben [FDP]: Ich wollte mich gerade melden!)

 

Dr. Joachim Pfeiffer (CDU/CSU):

Herr Houben, immer gerne. – Wir haben im KWK-Bereich, also Kraft-Wärme-Kopplung – ich will es noch einmal erläutern; Kollege Neumann hat es gerade angesprochen –, substanzielle Verbesserungen vorgenommen; Strom und Wärme – besonders effizient – werden gleichzeitig gefördert. Wir erhöhen den Förderdeckel von 1,5 Milliarden Euro einvernehmlich auf 1,8 Milliarden. Wir erhöhen die Grundförderung im KWK-Bereich ab 2023 auf 0,5 Cent.

Wir haben, wie gerade angesprochen, den Kohleersatzbonus verbessert. Und wir ermöglichen auch im KWK den Fuel Switch. Also Biomasse – wie gesagt, hier mussten wir die SPD ein bisschen zum Jagen tragen –, die aus Schadstoffen im Wald gewonnen wird oder die als nachhaltig zertifiziert ist, kann auch importiert werden. Insofern haben wir jetzt etwas vorliegen, was für den Standort Deutschland, für die Versorgungssicherheit und für den Klimaschutz eine Zukunftsperspektive bietet.

Vielleicht kommen Sie noch zu einem anderen Ergebnis und können dem zustimmen, nachdem Sie gehört haben, was wir machen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)