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Dr. Hermann-Josef Tebroke: Die Gründerszene ist agil

Rede zur Zukunftsoffensive Gründerkultur

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Als Unionsfraktion begrüßen wir grundsätzlich jede Initiative und insofern auch den vorliegenden Antrag der FDP –

(Beifall bei der FDP)

– ja, wir begrüßen Ihren Antrag –, insoweit er darauf ausgerichtet ist, die Maximen unserer sozialen Marktwirtschaft zu unterstützen.

Dazu erstens. Jawohl, wir sind davon überzeugt, dass für die Entwicklung der Wirtschaft und des Wohlstands in unserem Land erfolgreiche Unternehmen wichtig sind. Und ja, wir sind davon überzeugt, dass wir Innovationsfähigkeit und Innovationsbereitschaft benötigen, um auch zukünftig wettbewerbsfähig zu sein.

Meine Damen und Herren, wir sind auf einem guten Weg. In einer aktuellen Studie des Weltwirtschaftsforums hat die Bundesrepublik Deutschland im Hinblick auf die volkswirtschaftliche Stabilität Platz drei belegt

(Bettina Stark-Watzinger [FDP]: Stabilität, aber nicht Innovation!)

und hinsichtlich der Innovation den Platz eins. Der BDI titelt: Innovationsweltmeister.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Zweitens. Wir setzen dabei auf junge Unternehmen und innovative, mutige Unternehmerinnen und Unternehmer. Sie verdienen unsere Anerkennung. Sie verdienen aber auch unsere Unterstützung, Beratung, Netzwerke und natürlich auch Kapital – eine agile Gründerszene eben.

Die Gründerszene, meine Damen und Herren, ist, drittens, agil. Damit widerspreche ich dem Antragsteller, der den Eindruck erweckt, als müsste man den neuen Gründergeist, die neue Gründerkultur erst schaffen. Das ist nicht richtig, und das ist auch nicht gerecht gegenüber denjenigen, die sich über viele Jahre erfolgreich in der Gründerszene engagieren.

Nehmen Sie die letzten 20 Jahre, gerade auch die Zeit seit 2008/2009. So die Entwicklung im Business-­Angels-Markt: Sie begann analog und ist jetzt zunehmend digital.

(Bettina Stark-Watzinger [FDP]: Wollte der hessische Finanzminister kaputtmachen!)

Nehmen Sie die Angebote der Existenzgründungsberatung in den Wirtschaftsförderungsgesellschaften und den Einrichtungen des Handwerks. Nehmen Sie den Europäischen Investitionsfonds, INVEST, EXIST, die KfW-Gründerplattform, die Zusammenarbeit mit den Bürgschaftsbanken oder aber die Initiativen, die sehr wohl existieren, von Verbänden und von Unternehmen – vielleicht ist Ihnen das nicht so bewusst geworden –, die darauf setzen, mit den Schulen finanzielles Wissen zu vermitteln und Unternehmergeist zu begründen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Ich finde, dass diese Initiativen und Akteure durchaus Anerkennung verdienen für das, was sie für die Gründerszene unternommen haben.

Viertens, meine Damen und Herren von der antragstellenden Fraktion:

(Bettina Stark-Watzinger [FDP]: FDP heißen wir!)

Die Koalition ist längst in der Gründerszene unterwegs. Das zeigt nicht nur der aktuelle Koalitionsvertrag. Der Kollege Hauptmann wird sicherlich auf den einen oder anderen Aspekt gleich noch eingehen.

(Abg. Frank Müller-Rosentritt [FDP] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

Vizepräsident Dr. Hans-Peter Friedrich:

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage aus der FDP-Fraktion?

Dr. Hermann-Josef Tebroke (CDU/CSU):

Gern.

Vizepräsident Dr. Hans-Peter Friedrich:

Bitte schön, Herr Kollege.

Frank Müller-Rosentritt (FDP):

Sehr geehrter Herr Kollege, wenn das alles so hervorragend ist, wie Sie beschreiben: Wie erklären Sie sich denn, dass zum Beispiel Israel pro Einwohner das Zehnfache an VC hat wie Deutschland?

Dr. Hermann-Josef Tebroke (CDU/CSU):

Also, ich weiß nicht, ob es richtig ist, dass Sie die Effizienz einer Gründerszene alleine daran festmachen, wie viel Euro Venture-Capital pro Einwohner zur Verfügung gestellt werden. Ich glaube, dass Gründerszene mehr ist als nur die Bereitstellung von Kapital. Ich glaube, wir sollten uns im Rahmen der anstehenden Beratungen – deswegen begrüße ich diesen Antrag –

(Beifall bei Abgeordneten der FDP)

auch intensiver darüber austauschen, was zum Beispiel mit Venture-Capital in dieser Statistik gemeint ist und was wir an anderer Stelle mit Venture-Capital verbinden.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich glaube, dass es nottut – da darf ich vielleicht vorgreifen –, dass man hier nicht nur mit Begrifflichkeiten, sondern auch mit Themen etwas sortierter umgehen müsste. Wenn Sie erlauben: Gelegentlich macht der Antrag der FDP den Eindruck, als sei er – wie soll ich sagen? – eine Sammlung von Auszügen aus Forderungskatalogen von Unternehmens- und sonstigen Verbänden. Diese werden zusammengetragen

(Lothar Binding [Heidelberg] [SPD]: Das ist kein Eindruck! Das ist so!)

und sollen so etwas wie einen Antrag auf eine Gesetzesinitiative ergeben? Ich glaube, da müssen wir nicht nur eine Menge begrifflich sortieren,

(Bettina Stark-Watzinger [FDP]: Da haben wir doch mal eine Serviceregierung!)

sondern wir müssen uns viel deutlicher darüber unterhalten, wer eigentlich Adressat dieses Programmes ist und welche Unternehmensphasen Sie im Blick haben, wenn Sie von Förderprogrammen sprechen. Das geht hier drunter und drüber; das darf ich einmal sagen. Ich freue mich auf die Auseinandersetzung und auch auf die Sortierung solcher Hinweise, wie Sie sie gerade gegeben haben, was das Venture-Capital angeht.

Meine Damen und Herren, fünftens. Auch die Zahlen sprechen durchaus für die Gründerszene. Ich möchte nicht nur auf den durchaus akzeptablen oder ansprechenden Beitrag von 1 Milliarde Euro Venture-Capital für Start-ups zu sprechen kommen – wir werden das gelegentlich neu sortieren –, ich möchte auch auf den KfW-Gründungsmonitor eingehen, den Sie zitiert haben,

(Bettina Stark-Watzinger [FDP]: Ich habe EFI zitiert!)

wo Sie auf die sinkenden, stagnierenden Zahlen der Gründungen abstellen.

(Bettina Stark-Watzinger [FDP]: Ich habe das Beratungsgremium der Bundesregierung zitiert!)

Wenn Sie genauer hinschauen, stellen Sie fest, dass man die Qualität der Zahlen analysieren müsste; denn die Unternehmensgründungen, die heute stattfinden, finden vor einem ganz anderen Hintergrund statt als vor zehn Jahren, wo viele Gründungen aus der Not heraus entstanden sind. Deswegen verdient es einen sorgfältigen Blick.

Ich komme zum Schluss. Es ist gut und richtig, dass der Antrag die Gründerkultur und ihre Rahmenbedingungen in den Mittelpunkt stellt; deswegen ist der Antrag willkommen. Es ist aber nicht richtig, wenn der Eindruck entsteht, dass der Antrag selbst innovativ und zielgerichtet sei; darauf hatte ich gerade schon hingewiesen.

Meine Damen und Herren, wir sind gut unterwegs in der Gründerszene in Deutschland. Aber wir wollen auch in Zukunft gut unterwegs sein. Und nichts ist so gut, dass man es nicht besser machen könnte. Deswegen freue ich mich auf die konstruktive Debatte in den Ausschüssen. Ich denke, das hat die Gründerszene auch verdient.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU)