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Dr. h. c. (Univ Kyiv) Hans Michelbach: Wenn man es richtig machen will, dann geht es national nicht

Rede zur Aktien- und Europäische Finanztransaktionsteuer

Herr Präsident! Kolleginnen und Kollegen! Die Koalitionsparteien haben, wie Sie wissen, im Koalitionsvertrag eine Reihe von Maßnahmen zur Eindämmung der Finanzmarktrisiken vereinbart. Im Koalitionsvertrag heißt es dazu – ich zitiere mit Genehmigung des Herrn Präsidenten –:

Wir stärken den Finanzplatz Deutschland und schützen Steuerzahler vor riskanten Finanzmarkt-Spekulationen …

So weit, meine Damen und Herren, dürfte jedem die Notwendigkeit, am Finanzmarkt stärker und deutlicher Leitplanken zu setzen, seit der internationalen Finanz- und Wirtschaftskrise vor gut zehn Jahren bewusst sein.

Wir haben dazu mehr als 40 Gesetze verabschiedet. Hier kann sich als weitere Maßnahme im europäischen Kontext die Finanztransaktionsteuer positiv einreihen. Die Koalition hat sich deshalb im Koalitionsvertrag darauf verständigt, eine echte, zielführende Finanztransaktionsteuer im europäischen Kontext einführen zu wollen. Das ist die Sachlage, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Cansel Kiziltepe [SPD] – Sebastian Brehm [CDU/CSU]: So ist es! – Fritz Güntzler [CDU/CSU]: Dazu stehen wir auch!)

Es war uns immer klar: Eine Finanztransaktionsteuer nur im nationalen Rahmen kann die notwendige Wirkung auf dem internationalen Finanzmarkt wie auch den Schutz vor Krisen nicht erreichen.

(Beifall des Abg. Dr. Thomas de Maizière [CDU/CSU])

Wer dennoch für eine rein nationale FTT plädiert, betreibt dann natürlich nur Symbolpolitik.

(Zuruf von der LINKEN: Also Söder, Seehofer usw.!)

Es gibt auch kein beliebiges Steuerfindungsrecht aus fiskalischen Gründen als Grundlage für eine nationale Steuer. Eine echte, substanzielle Finanztransaktionsteuer benötigt mindestens den Kontext der verstärkten Zusammenarbeit in der Europäischen Union; denn eine Verlagerung ins Ausland nützt niemandem.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)

Frankreich hatte mit 1,6 Milliarden Euro Einnahmen geplant, hat aber jetzt nur 756 Millionen Euro eingenommen, weil es eben eine Verlagerung in das Auslandsgeschäft gab.

(Fritz Güntzler [CDU/CSU]: So ist es!)

Also: Wenn man es richtig machen will, dann geht es national nicht. Das zeigt das Beispiel Frankreich.

Meine Damen und Herren, nun wissen Sie, dass die Bundesregierung, konkret der Bundesfinanzminister Olaf Scholz, mit anderen EU-Staaten an einer gemeinsamen Regelung arbeitet. Und wer arbeitet, der wird auch Ergebnisse vorweisen können. Es gibt dazu einen Entwurf, der jetzt von den beteiligten Staaten geprüft wird, also nichts, was jetzt schon fertig oder gar gesetzesreif wäre oder hier zur Abstimmung gestellt werden könnte.

(Bettina Stark-Watzinger [FDP]: Wenn er da ist, muss er umgesetzt werden!)

Das heißt, es bleibt noch viel zu tun. Es geht um Beratungen, es geht darum, Fachwissen und Sachverstand einzubringen. Das ist hier notwendig.

Der Bundesfinanzminister muss nach einer Lösung suchen, die zu einer effektiven Abwehr neuer Finanzkrisen führt. Es muss auch sichergestellt werden, dass bei der FTT inländische wie ausländische Papiere gleichermaßen erfasst werden. Eine weitere wichtige Bedingung ist für uns, dass Altersvorsorgeprodukte nicht der FTT unterliegen.

(Bettina Stark-Watzinger [FDP]: Ja, wie will er das machen?)

Der Bundesfinanzminister hat dies für die Staaten der verstärkten Zusammenarbeit bereits als Option in sein Verhandlungspapier geschrieben. Das begrüßen wir außerordentlich, wie es die Kollegin Antje Tillmann hier schon vorgetragen hat.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wir halten es deshalb auch für selbstverständlich, dass Deutschland diese Optionsmöglichkeit zieht, sollte es zu einer Einigung auf europäischer Ebene kommen. Alles andere wäre – auch für die Bürgerinnen und Bürger – nicht nachvollziehbar.

Es geht uns also, um es an dieser Stelle noch einmal deutlich zu sagen, nicht um eine Kleinanlegersteuer oder eine Grundrenten-Finanzierungssteuer.

(Bettina Stark-Watzinger [FDP]: Na! – Dr. Florian Toncar [FDP]: Das sieht der Koalitionspartner anders!)

Es geht klar und deutlich um ein Instrument zur Finanzmarktregulierung. Das ist das Ziel, das wir uns mit der Steuer gesetzt haben. Ich erwarte von der Bundesregierung, dass sie dem Parlament eine substanzielle und funktionsfähige Lösung im europäischen Kontext vorlegt. Es ist klar: Die Diskussion muss dann weitergehen, die Beratungen müssen zum Ziel geführt werden. Sie kann aber erst dann sinnvoll weitergeführt werden, wenn sich die anderen europäischen Verhandlungspartner positioniert haben. Die richten sich nicht nach der FDP, die richten sich nicht nach der Linken, sondern nach ihren eigenen Vorstellungen.

(Dr. Florian Toncar [FDP]: Die Mächte warten auf die CSU!)

Deswegen sind Verhandlungen angebracht, um letzten Endes sachgerechte Lösungen voranzubringen. Wir sind sach- und lösungsorientiert und wollen natürlich keine Showeffekte.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Dagmar Ziegler [SPD])