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Dr. André Berghegger: Wir halten die Schuldenbremse ein

Rede in der Schlussrunde zum Haushaltsgesetz 2019

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Ich möchte meine Redezeit im Rahmen der Schlussrunde auf den Haushalt verwenden.

(Kerstin Kassner [DIE LINKE]: Gute Idee!)

Die Schlussrunde dient ja dazu, die Woche Revue passieren zu lassen. Was haben wir erlebt? Einige kontroverse Debatten, teilweise sehr emotionale Debatten. Wir müssen immer bedenken, dass der Haushalt ja in Zahlen gegossene Politik ist. Da haben wir naturgemäß unterschiedliche Meinungen. Aber lassen Sie uns bitte nach parlamentarischen Regeln debattieren und streiten! Diesen Eindruck hatte ich diese Woche nicht immer uneingeschränkt.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Zu Beginn meiner Rede möchte ich – er ist jetzt nicht anwesend – meinen Kollegen von der CSU, Alois Karl, zitieren. Er hat nämlich gestern gesagt: Wir haben diese Woche einige gute Reden der Opposition gehört, aber noch bessere der Koalition.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)

In diesem Sinne würde ich sagen: Der Regierungsentwurf, den wir hier vorliegen haben, ist ausgeglichen, seriös und vor allen Dingen solide. Wir nehmen keine neuen Schulden auf. Die schwarze Null von Wolfgang Schäuble, 2014 das erste Mal wieder erreicht, wird durchgeschrieben. Wir finanzieren die prioritären Maßnahmen aus dem Koalitionsvertrag aus. Und seit 17 Jahren halten wir das erste Mal die Maastricht-Kriterien ein, und zwar mit der Vorgabe von 60 Prozent gesamtstaatlicher Verschuldung, am BIP gemessen. Das ist nicht nur eine einzelne Zahl. Es ist einfach glaubwürdig, sichert finanzpolitische Unabhängigkeit und ist vor allen Dingen generationengerecht, die beste Vorsorge für unsere Kinder und Enkelkinder.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich habe natürlich auch einige Kritik aus der Opposition wahrgenommen im Laufe dieser Woche. Wenn sie ernsthaft war, dann hat sie aber nicht immer getragen. Ich würde das gerne an einem Beispiel deutlich machen. Anja Hajduk – ich sehe sie leider nicht –, die geschätzte Kollegin von den Grünen im Haushaltsausschuss, hat im Rahmen der allgemeinen Finanzdebatte gesagt, wir hätten uns an die Überschüsse schon gewöhnt, die finanziellen Spielräume würden fast ausgereizt und nur durch die Entnahme aus der Rücklage würde der Haushaltsausgleich ermöglicht

(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ist ja so!)

und die Schuldenbremse sei nur ganz knapp eingehalten. Erwecken Sie dadurch, auch Sie, sehr geehrter Herr Kollege Kindler, nicht den Eindruck unseriöser Haushaltspolitik! Das trägt nämlich nicht.

Erstens. Wir halten die Schuldenbremse ein. Es gibt nicht „ein bisschen einhalten“, es gibt nur „einhalten“ oder „nicht einhalten“. Wir halten sie ein, auch im kommenden Haushalt.

Richtig ist, dass wir bis 2022 die Rücklage abgebaut haben werden. Aber bei dem Beitrag von Frau Hajduk wurde vergessen, dass in jedem Jahr größere Vorsorge getroffen wird im Haushalt, als Entnahmen aus der Rücklage entgegenstehen. Allein die ausgewiesene globale Minderausgabe ist viel höher als die Entnahme aus der allgemeinen Rücklage.

Zusätzlich sorgen wir in verschiedensten Bereichen vor: Familienentlastungsgesetz ist hier ein Stichwort, das Kindergeld, der Grundfreibetrag, der Abbau der kalten Progression, und ab 2021 hat Herr Scholz die jährliche Zuführung in die Rücklage „Demografievorsorge Rente“ aufgenommen. Es gibt eine globale Mehrausgabe für Investitionen. Ich kannte dieses System vorher noch nicht; aber es ist aufgenommen worden. All das zeigt in der Zusammenschau, dass wir den Haushalt konkretisieren und quasi verschieben. Das ist eine seriöse Finanzpolitik.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Johannes Kahrs [SPD])

Das Einzige, was ich – mit einem Augenzwinkern – Frau Hajduk in diesem Redebeitrag zugutehalten kann: Sie hatte nur fünf Minuten Redezeit und konnte die letzten Elemente nicht alle erwähnen.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der FDP – Otto Fricke [FDP]: Böse!)

Zurück zur allgemeinen Finanzdebatte. Ich betone hier wieder – das wurde schon erwähnt –: Ich mache mir Sorgen wegen des deutlichen Anstiegs der Sozialausgaben

(Otto Fricke [FDP]: Aha!)

auf inzwischen über 50 Prozent des Haushalts und wegen der Stagnation der Investitionen. Das ist ein ungutes Verhältnis. Wir müssen hier nachsteuern und versuchen, die Investitionen zu erhöhen. Wir müssen das Verhältnis zwischen Investitionen und Sozialausgaben ernsthaft korrigieren und werden im Rahmen der Haushaltsberatungen, denke ich, versuchen, nachzusteuern und die Investitionen zu erhöhen; denn Investitionen stärken unsere Zukunft und sorgen am Ende auch für Wohlstand.

Genauso werden wir uns dafür einsetzen, auch im Rahmen einer sachlichen Diskussion, die Verteidigungsausgaben zu erhöhen, so wie wir es im Koalitionsvertrag verabredet haben, ohne aber die Herausforderungen aus den Augen zu verlieren. Es gibt nämlich Herausforderungen für den Haushalt, die noch nicht etatisiert sind. Als Beispiele seien der mittelfristige Finanzrahmen der EU, die Auswirkungen des Brexit oder ein möglicher Euro-Zonen-Haushalt genannt. All das erschwert zukünftige Planungen; aber wir müssen diese Stichworte im Hinterkopf haben.

Ich möchte noch ein wichtiges gesellschaftspolitisches Thema ansprechen, das im Laufe dieser Woche auch eine Rolle spielte: der Bereich Bauen und Wohnen. Es ist uns allen klar – jeder merkt das in seinem Wahlkreis –: Die Immobilienmärkte sind angespannt. Mieterinnen und Mieter müssen einen beträchtlichen Anteil ihres monatlichen Budgets für die Miete aufwenden, und für einige ist es schlicht und ergreifend nicht zu leisten, Eigentum zu bilden. Das beste Mittel, um diesen Markt zu entspannen, ist: Bauen, bauen, bauen! Das sorgt am Ende auch für niedrigere Mieten in diesem Land.

Der Staat kann hier passende Rahmenbedingungen setzen. Wir als Koalition werden dafür sorgen, ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Miete und Eigentum anzusteuern, und versuchen, entsprechende Anreize zu setzen. Die Koalition hat ein Maßnahmenbündel in Planung. Zwei Beispiele möchte ich gerne erwähnen – sie kommen beide aus dem Innenministerium –: Zum einen ist das Baukindergeld für das kommende Jahr mit 570 Millionen Euro eingeplant. Hier sollen Impulse dafür gesetzt werden, für möglichst viele Menschen den Traum vom Eigenheim wahr werden zu lassen. Zum anderen geht es um den sozialen Wohnungsbau; Johannes Kahrs hat das bereits angesprochen: Das ist zwar eine wichtige Aufgabe, aber eine Aufgabe der Länder. Der Bund stellt hierfür im kommenden Jahr, wie in den vergangenen zwei Jahren, 1,5 Milliarden Euro bereit; so war die Absprache. Mit der Gegenfinanzierung durch die Länder könnten, über den Daumen gerechnet, 45 000 Wohnungen entstehen. 45 000 Wohnungen!

Wenn ich mir angucke, wie sich die Bautätigkeit in den letzten Jahren entwickelt hat, wird deutlich: Wir hatten 2012/2013 den Tiefstand erreicht; damals wurden 9 800 Wohnungen im ganzen Land errichtet. 2017 haben wir nach eigenen Meldungen der Länder mit 26 200 Wohnungen den vorläufigen Höchststand erreicht. Dabei war die Bandbreite riesig: Während im letzten Jahr 7 200 Wohnungen in Nordrhein-Westfalen errichtet wurden, waren es in Sachsen-Anhalt ganze 6 Wohnungen. Ich kann nur hoffen, dass diese 6 Wohnungen im ganzen Land gut verteilt worden sind. Deswegen an dieser Stelle ein Appell an alle Länder: Setzen Sie das Geld, das wir als Bund bereitstellen, zweckentsprechend ein! Finanzieren Sie gegen, so wie es die Absprache war, und bauen Sie!

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Was können wir als Bund Weiteres tun? Verschiedenste Maßnahmen sind angesprochen. Ein konkreter Vorschlag lautet: Wir müssen, sehr geehrter Herr Scholz, die BImA verstärkt nutzen, auch in ihrer Symbolwirkung. Sie hat zwar nicht die Größe, um all die Themen umfassend zu lösen, aber wir können Vorbildwirkung entfalten. Wir können mit der BImA neu bauen, nachverdichten, aufstocken, und zwar in Ballungsgebieten, um insbesondere Wohnraum für Bundesbedienstete – Bundeswehr, Bundespolizei, Zoll etc. – zur Verfügung zu stellen. All das ist vom BImA-Errichtungsgesetz gedeckt. Wir können zudem Mieten am unteren Rand der ortsüblichen Vergleichsmieten erheben, um nicht auch noch preissteigernd zu wirken. Wir werden im Haushaltsausschuss in Kürze eine Reform der BImA-Richtlinie besprechen, um nach den Erfahrungen aus der Praxis den Kommunen noch weiter entgegenzukommen. All das ist, glaube ich, nur ein kleiner Baustein. Ich bin der festen Überzeugung: Nur gemeinsam mit allen Beteiligten, auch und insbesondere mit den privaten Investoren, können wir eine Lösung des Problems erreichen.

Ich komme zum Schluss. Zusammenfassend haben wir eine komfortable Ausgangssituation im Haushalt. Die ist aber hart erarbeitet, von den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern sowie von den Unternehmern. Begleitet wurde das Ganze über Jahre durch eine seriöse Haushalts- und Finanzpolitik. Lassen Sie uns so weitermachen, aber die gute Ausgangslage nicht ausreizen! Es bleiben Herausforderungen und Unwägbarkeiten. Wir als Parlament haben den Anspruch, eigene Akzente zu setzen; ich lade alle dazu herzlich ein. Danke an Sie, Herr Scholz, und Ihr Team für die gute Zusammenarbeit und die Vorarbeit. Ich freue mich auf die anstehenden Beratungen.

Ich bedanke mich für das freundliche Zuhören und bin froh, dass alle im Sitzungssaal geblieben sind.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)