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Carsten Müller: Wir brauchen Gestaltungsspielraum

Redebeitrag zur Änderung der Erneuerbare-Energien-Verordnung

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir diskutieren heute eine Verordnung der Bundesregierung, die dazu dient, dass wir Haushaltsmittel dafür verwenden, den Anstieg der EEG-Umlage pro Kilowattstunde abzubremsen und tatsächlich auch ins Gegenteil umzukehren.

Meine Damen und Herren, wir verwenden dafür auch Mittel aus dem Energie- und Klimafonds. Dieses Ansinnen ist nach meiner Überzeugung und nach der Überzeugung unserer Fraktion, der Unionsfraktion, vollkommen richtig; denn wir wollen die privaten Haushalte gerade in dieser schwierigen Zeit und auch die Wirtschaftsbetriebe von Stromkosten entlasten. Das ist aus meiner Sicht sehr wichtig, weil wir die Akzeptanz der Energiewende weiter befördern müssen. Wir müssen sie im Übrigen auch noch ausbauen. Dafür ist eben auch die Preisgestaltung ein wesentlicher Faktor.

Meine Damen und Herren, ich sehe allerdings diese heute vorliegende Verordnung – das will ich durchaus sagen – in zweierlei Hinsicht etwas kritisch. Wir müssen nämlich aufpassen, dass wir uns nicht ohne Not in ein beihilferechtlich stürmisches Fahrwasser begeben. Ich will Ihnen das kurz illustrieren.

Wir haben im März vergangenen Jahres einen großen Erfolg vor dem EuGH verbuchen können, als festgestellt worden ist, dass das EEG 2012 mit den EU-Beihilfevorschriften in Einklang steht; darüber haben wir in diesem Hause mehrfach diskutiert. Wir haben im Übrigen auch gesagt, dass das die Grundlage für eine sehr weitgehende Entbürokratisierung in diesem durchaus intensiv geregelten Bereich sein wird.

Meine Damen und Herren, wir haben uns im Übrigen auch Gutachten darüber erstellen lassen und sind der festen Überzeugung – diese haben wir auch gestützt gefunden –, dass sich diese grundsätzliche Einschätzung des EuGH eben auch auf das EEG 2014 und 2017 erstreckt.

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Herr Kollege, erlauben Sie mir, dass ich Sie kurz unterbreche. – Ich möchte darauf hinweisen, dass ich es als unangemessen empfinde, wenn es längere Gespräche auf der Regierungsbank gibt.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

 

Carsten Müller (Braunschweig) (CDU/CSU):

Sie haben ohne Zweifel recht. Die Kollegen haben allerdings sowieso kein besonderes Interesse und keinen besonderen Sachverstand beim Thema Energiepolitik.

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Bei Letzterem kann ich es nicht beurteilen, Herr Kollege.

 

Carsten Müller (Braunschweig) (CDU/CSU):

Aber ich! Dann machen Sie den ersten Teil und ich den zweiten.

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Wunderbar.

 

Carsten Müller (Braunschweig) (CDU/CSU):

Aber die merken es auch gar nicht.

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Ich habe Ihre Redezeit angehalten.

 

Carsten Müller (Braunschweig) (CDU/CSU):

Das ist klar. – Wir haben den erwähnten Erfolg im letzten Jahr erzielt. Meine Damen und Herren, wir dürfen ihn nicht einfach so preisgeben. Auch die Bundesregierung erkennt – das ist erst mal der richtige Schritt – diese idealerweise bahnbrechende Wirkung des EuGH-Urteils. Aber wir müssen unglaublich aufpassen, dass wir mit der Unterstützung der EEG-Umlage aus allgemeinen Mitteln das EEG-Regime beihilferechtlich nicht dauerhaft infizieren.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

Deswegen müssen wir auf diesen wichtigen Punkt, der zugegebenermaßen eine sehr fachliche Diskussion erfordert, besonderes Augenmerk legen. Wenn das passiert, was ich beschrieben habe, hat das möglicherweise erhebliche Auswirkungen auf den Industriestandort Deutschland. Das wäre von uns in der gerade angesprochenen krisenhaften Situation überhaupt nicht zu vertreten.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wir müssen vielmehr Industriepolitik in unserem Land beflügeln. Das kann nur funktionieren, indem wir uns Handlungsspielräume auch in der Energiepolitik erhalten.

Im Übrigen – das ist der zweite Aspekt – darf es nicht zu einer Mittelkonkurrenz kommen. Es darf nicht passieren, dass wir durch die Verwendung von EKF-Mitteln für die EEG-Umlage andere wichtige Vorhaben, die mit EKF-Mitteln refinanziert sind, gefährden. Ich nenne Ihnen als Beispiele die Energieeffizienz und das große Thema „erneuerbare Wärme“, das in der Koalition zugegebenermaßen auch nicht vollkommen unumstritten ist. Wir wünschen uns da durchaus etwas mehr Bewegung von unserem Koalitionspartner,

(Marianne Schieder [SPD]: Was?)

um beispielsweise erneuerbare Wärme aus Biomasse künftig noch stärker zu ermöglichen. Wir müssen allerdings auch die Frage der Wasserstoffgesellschaft in den Blick nehmen. Auch das ist ein Thema, das gegebenenfalls beihilferechtlich besonders schwierig zu handhaben sein wird. Die Reallabore der Energiewende will, ehrlich gesagt, niemand wirklich gefährden.

Das zentrale Problem ist allerdings nicht – ich will keinesfalls falsch verstanden werden – diese Verordnung. Ich habe gesagt, dass wir da einige problematische Ansatzpunkte sehen. Wir müssen das Problem allerdings viel mehr grundsätzlich angehen. Das heißt, wir müssen uns um das beihilferechtliche Regelwerk kümmern. Wir müssen darauf achten, dass uns das Beihilferecht der EU, insbesondere bei den Fragen einer ambitionierten Industriepolitik, einer nachhaltigen, klugen und klimaschützenden Energiepolitik, nicht viel zu enge Fesseln anlegt. Anders kann es uns nämlich nicht gelingen, beispielsweise die Bereiche Verkehr, Wärme, Energieindustrie zu dekarbonisieren. Wir brauchen Gestaltungsspielraum. Den dürfen wir mit den Maßnahmen, wie wir sie heute vielleicht andeuten, keinesfalls gefährden.

Meine Damen und Herren, ich will an dieser Stelle die Gelegenheit nutzen, mich an die Bundesregierung zu wenden, und die Erwartung insbesondere der Unionsfraktion deutlich herausstellen, dass wir uns wünschen, dass Sie sich umgehend an die Arbeit machen, die Handhabung der EEG-Umlage so auszuformen, dass wir eine beihilferechtskonforme Senkung haben, dass wir nicht gleichzeitig das gesamte EEG-Regime beihilferechtlich infizieren, dass wir die Spielräume für eine industriefreundliche und umweltfreundliche Energiepolitik haben und dass wir – das wird auf jeden Fall erreicht – die Akzeptanz für die Energiewende nicht verspielen. Wir bremsen mit der heute zu beschließenden Maßnahme den Stromkostenanstieg. Wir verkehren die Entwicklung der EEG-Umlage ins Gegenteil; sie wird sinken. Das ist im Grundsatz eine richtige Maßnahme. Sie muss dann auch konsequent richtig zu Ende geführt werden.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)