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Andreas Jung: Bezahlbaren Wohnraum und neue Wohnungen zu schaffen, ist nicht nur eine Aufgabe für die Privatwirtschaft

Rede zur Änderung des Grundgesetzes (Art. 104c, 104d, 125c, Art. 143e)

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist ganz sicher, dass die Debatte über Digitalisierung und Schule, über den sozialen Wohnungsbau, über nachhaltigen Verkehr in den Kommunen nach dem heutigen Tag weitergehen wird. Das ist eine Daueraufgabe.

Ich will anschließen an das, was der Bundesminister gesagt hat. Es ist heute eine wichtige Wegmarke, weil sich CDU/CSU, SPD, FDP und Grüne auf einen gemeinsamen Vorschlag zu Grundgesetzänderungen geeinigt haben, und zwar an den Stellen, wo wir es für notwendig halten, um gemeinsame Ziele zu erreichen. Das ist, wie er es auch schon gesagt hat, gar nicht so selbstverständlich. Ich finde, es ist gut, und es ist Grundlage für die weitere Debatte.

Diese Debatte führen wir selbstverständlich in dem Bewusstsein, dass es eine genauso breite Mehrheit auch im Bundesrat brauchen wird und dass diese genauso wenig selbstverständlich ist wie die Mehrheit in diesem Haus. Dass auch eine Mehrheit dort notwendig ist, ergibt sich aus dem Grundgesetz. Es entspricht aber auch unserer Überzeugung als überzeugte Föderalisten. In diesem Geiste werden wir die Debatte heute führen, aber auch die Debatte nach dem heutigen Tag mit den Ländern, also konstruktiv, aber auch zielorientiert, vor allem aber in der gemeinsamen Überzeugung, dass wir die großen Herausforderungen in den beschriebenen Bereichen nur gemeinsam bewältigen können.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Und ich stelle fest, dass wir bei den Herausforderungen des sozialen Wohnungsbaues ein hohes Maß an Einigkeit haben. Wir haben gemeinsam festgestellt, dass die Frage des bezahlbaren Wohnraums eine der zentralen sozialen Fragen unserer Zeit ist, bei der es um gleichwertige Lebensverhältnisse und den Zusammenhalt unserer Gesellschaft geht. Deshalb ist es richtig, dass der Bund sich zu dieser Aufgabe bekennt. Bezahlbaren Wohnraum und neue Wohnungen zu schaffen, ist nicht nur eine Aufgabe für die Privatwirtschaft. Diese wollen wir durch steuerliche Vorteile begünstigen, das entsprechende Gesetz soll diese Woche beschlossen werden. Es ist nicht nur eine Aufgabe für Kommunen und Länder, sondern es ist auch eine gemeinsame Verantwortung, zu der der Bund in Zukunft ebenfalls seinen Beitrag leisten wird. Deshalb ist die Grundgesetzänderung notwendig und richtig.

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich stelle fest, dass es ein hohes Maß an Übereinstimmung gibt, dass das, was wir im Koalitionsvertrag angekündigt haben, richtig ist, nämlich das Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz nicht nur fortzuführen. Es ist richtig, dass der Bund sich in Zukunft weiterhin nicht nur zu seiner Verantwortung bekennt. Vielmehr ist es gut, dass wir hier in Zukunft mit 1 Milliarde Euro zusätzlich pro Jahr und einer Dynamisierung der Mittel mehr tun werden.

Das aber würde im Widerspruch zu den jetzigen Festlegungen des Grundgesetzes stehen. Deshalb ist auch hier eine Grundgesetzänderung notwendig und aus meiner Sicht richtig. Sie wird einen wichtigen Beitrag zum nachhaltigen Verkehr in den Kommunen und damit auch zum Klimaschutz und zu guter Mobilität in Deutschland leisten. Es ist eine richtige Maßnahme.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Nun ist uns bewusst, dass die Frage der Grundgesetzänderung für die Bildung bzw. Digitalisierung der Schulen zu den meisten Debatten und Nachfragen führt. Deshalb ist es uns zunächst einmal wichtig, zu sagen, dass für uns völlig selbstverständlich und unumstößlich ist, was im Grundgesetz festgeschrieben ist: Bildung ist Ländersache. Die Kultushoheit bleibt bei den Ländern. Das steht im Grundgesetz. Das steht im Koalitionsvertrag. Und das wird immer unsere Leitlinie als überzeugte Föderalisten sein.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Das ist auch der Ausgangspunkt der Überlegungen zum DigitalPakt. Deshalb möchte ich zunächst einmal sagen, worum es hier nicht geht. Es geht selbstverständlich nicht darum, dass der Bund darüber entscheidet und befindet, welches die richtigen Konzepte sind und wie in den Schulen gelernt werden soll. Das bleibt die Aufgabe der Länder. Selbstverständlich bleibt es auch die Aufgabe der Länder, darüber zu bestimmen, wer in den Schulen unterrichtet. Sie werden auch in Zukunft die Verantwortung für die Auswahl, für die Einstellung und die Finanzierung der Lehrer tragen. Daran wird nicht gerüttelt.

Wir alle sind der Meinung, dass vergleichbare Bildungsstandards richtig sind. Aber wir haben Zutrauen in die Länder und deren Vereinbarungen in der Kultusministerkonferenz. Wir empfinden Wettbewerb dabei nicht als Nachteil, sondern als Vorzug. Auch daran wird nicht gerüttelt. Ich will es zusammenfassen: Der Bund ist nicht der bessere Schulmeister. Der Bund will gar nicht Schulmeister sein, und er soll es nicht sein. Es geht hier um Infrastruktur. Dabei ist der Bund aber auch nicht Baumeister; das sind die Kommunen in Zusammenarbeit mit den Ländern. Der Bund wird also nicht Schulmeister und auch nicht Baumeister. Diese Aufgaben sind in guten Händen bei den Kommunen und den Ländern.

Es geht einzig darum, wie wir Finanzhilfen möglich machen können, die, glaube ich, alle gemeinsam für richtig halten. Das will ich in den Mittelpunkt stellen. Der Weg ist umstritten. Über den Weg müssen wir reden und diskutieren. Es gibt aber ein gemeinsames Ziel, nämlich dass wir bei der Digitalisierung der Schulen besser vorankommen müssen. Dazu kann der Bund in Zukunft einen Beitrag leisten. Die Schultür darf nicht das Stoppschild für notwendige Investitionen sein. Darum ringen wir jetzt. Es geht um den richtigen gemeinsamen Weg.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)

Das tun wir mit dem Vorschlag für eine Grundgesetzänderung, der vorsieht, dass der Passus „finanzschwach“ gestrichen wird. Das zeigt schon, dass es in diesem Punkt keine Grundsatzfrage ist. Schon bisher sind Investitionen des Bundes in die kommunale Bildungsinfrastruktur möglich. Das gilt aber nur für finanzschwache Kommunen.

Wir sind der Überzeugung, dass das für alle Kommunen möglich sein soll. Wir schlagen deshalb die Streichung dieses Passus vor. Das Ergebnis der – auch das darf man ja sagen – schwierigen Beratungen der vier Fraktionen ist, dass in Zukunft nicht nur ganz konkrete Investitionen möglich sein sollen, sondern auch die Übernahme von Kosten, die konkret und unmittelbar mit diesen Investitionen verbunden sind, möglich wird.

Dabei geht es aber nicht um langfristig anfallende Betriebskosten und auch nicht um Personalkosten für Lehrer. Die Sorge bei manchen war, dass der Bund hierbei in eine langfristige Finanzierung einsteigen könnte. Dass das nicht der Fall sein wird, zeigt sich schon daran, dass wir die Befristung der Mittel ausdrücklich festschreiben. Es geht um die Investitionen, um die Nutzbarmachung dieser Investitionen und damit um die Frage, wie wir einen Beitrag dazu leisten können, dass Digitalisierung insgesamt in unserem Land und auch in den Schulen vorankommt.

Ich kann übrigens den Widerspruch zwischen Beton und Köpfen, der manchmal angesprochen wird, nicht erkennen. Es gibt ihn schon deshalb nicht, weil es sich bei digitaler Infrastruktur erkennbar nicht um Beton handelt. Vielmehr geht es um andere Investitionen. Diese Investitionen sollen besserem Lernen dienen, und man lernt mit dem Kopf. Damit gibt es hier keinen Widerspruch zwischen Beton und Köpfen. Vielmehr haben wir das gemeinsame Ziel, durch eine bessere Infrastruktur besseres Lernen zu ermöglichen. Dafür wollen wir jetzt einen gemeinsamen Weg suchen.

Wir machen heute diesen Vorschlag und werben um Zustimmung des Bundestages. Wir hoffen auf eine Zweidrittelmehrheit. Dann werden wir über diesen Vorschlag mit den Ländern diskutieren. Dort werden wir ebenfalls um Zustimmung werben. Wir werden dies, wie vorhin gesagt, konstruktiv tun, im gemeinsamen Geiste, dass wir unser Land voranbringen und Verbesserungen für die Menschen erreichen wollen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)