Skip to main content

Andreas G. Lämmel: "Europa klemmt zwischen zwei großen Wirtschaftsblöcken"

Rede zum transatlantischen Wirtschaftsraum

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ob es nun ein nachträgliches Weihnachtsgeschenk für die Europäer war oder ob es für die Chinesen ein vorgezogenes Geschenk zum chinesischen Neujahrsfest war, das kann man nun unterschiedlich bewerten: Auf jeden Fall war der Abschluss des Investitionsabkommens zwischen der Europäischen Union und China am 30. Dezember noch mal ein großer Erfolg für Europa und für die deutsche Ratspräsidentschaft, meine Damen und Herren.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Wenn man jetzt mal die Situation betrachtet und fragt, warum das so ein großer Erfolg ist, dann muss man feststellen, dass in China das letzte Jahr „Jahr der Metallratte“ hieß. In diesem „Jahr der Metallratte“ hat China dieses Investitionsabkommen mit Europa geschlossen. China hat aber auch die Regional Comprehensive Economic Partnership abgeschlossen, also die umfassende Wirtschaftskooperation im asiatischen Raum. Meine Damen und Herren, ab Februar beginnt in China das Jahr des Büffels, sozusagen des Metallbüffels. Da darf man ja, wenn man schon im Jahr der Ratte solche Abkommen schließen kann, jetzt sehr gespannt sein, was uns dann im Jahr des Büffels erwartet.

Meine Damen und Herren, dieses transpazifische Abkommen umfasst 15 Staaten, und in 31 Runden wurde dieses Abkommen verhandelt. 2,2 Milliarden Menschen wohnen in diesem Wirtschaftsraum. Dieses Abkommen umfasst ungefähr 30 Prozent des Welthandels. Die Europäische Union bringt es auf 33 Prozent des Welthandels. Dieses asiatisch-transpazifische Abkommen ist überhaupt erst deswegen möglich geworden, weil 2016 die USA unter der Führerschaft ihres Präsidenten Trump das damals bereits ausgehandelte TPP, also die Transpazifische Partnerschaft, verlassen haben. Damit haben die Amerikaner China den Weg geöffnet, dieses große Partnerschaftsabkommen unter Dach und Fach zu bringen.

Das zeigt ganz deutlich, meine Damen und Herren, dass die Asiaten nicht auf uns warten: Sie warten nicht auf die Amerikaner, wie sie sich entscheiden, und sie warten auch nicht auf Europa, sondern sie nehmen ihre Dinge selbst in die Hand und stellen uns immer wieder vor vollendete Tatsachen. Gerade deswegen ist ebendieses Investitionsabkommen vom Dezember letzten Jahres ein Meilenstein auch für die Europäische Union.

Wenn man sich die Weltkarte mal genauer anschaut, dann kann man ganz klar sehen: Wir als Europa klemmen jetzt zwischen zwei großen Wirtschaftsblöcken. Die eine Seite ist das transpazifische Abkommen, die andere ist das Abkommen zwischen den USA, Mexiko und Kanada, also das frühere NAFTA; jetzt heißt es USMCA. Daran kann man ganz klar sehen: In der Mitte klemmt Europa. Das heißt, die Europäische Union muss handeln, um in der Welt bestehen zu können. Sie handelt ja auch; denn Abkommen mit Japan, Singapur, Vietnam, Mexiko, Mercosur, Chile, Neuseeland, Australien und Kanada wurden verhandelt oder sind bereits abgeschlossen worden.

Jetzt kommt aber das große Problem: Es konnten zwar viele Abkommen letztendlich erfolgreich verhandelt werden, aber die Ratifizierung in Europa geht einfach nicht voran. CETA, das besondere Abkommen, das wir ja alle hier im Deutschen Bundestag gefeiert haben, nämlich das Handelsabkommen mit Kanada,

(Katharina Dröge [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das haben wir nicht alle gefeiert, Herr Lämmel!)

ist eben bis zum heutigen Tag nur in zwölf Mitgliedstaaten der Europäischen Union ratifiziert.

Wir hatten am Mittwoch eine Ausschussanhörung zum Thema CETA. Es war für mich schon wirklich erschreckend, dass vor allem die links-grüne Seite seit 2016 nicht den kleinsten Fortschritt im Denken gemacht hat

(Lachen der Abg. Kerstin Kassner [DIE LINKE] – Katharina Dröge [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Bei Ihnen warten wir auf einen Fortschritt im Denken schon seit Ewigkeiten!)

und überhaupt nicht erkannt hat, dass die Welt ringsherum sich in einem rasanten Tempo ändert. Sie haben immer wieder die gleichen Fragen gestellt und immer wieder die gleichen Befürchtungen angesprochen, die Sie schon vor fünf Jahren geäußert haben, meine Damen und Herren.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Es ist schon das Tragische daran, dass wir bei der Diskussion um diese Fragen einfach nicht vorankommen.

(Katharina Dröge [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es hat sich ja auch nicht viel verändert!)

Ob man bei Ratifizierungsgesetzen immer auf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes warten muss, ist bei der Anhörung am letzten Mittwoch auch sehr infrage gestellt worden. Wir müssen jetzt in Europa und auch in Deutschland ganz einfach vorankommen.

Nun kommt die FDP mit ihrem Antrag. Den habe ich mir angeguckt und habe mir gedacht: Mensch, dieser Antrag hat ja einen interessanten Titel. Da kann man eigentlich nur zustimmen.

(Zuruf von der FDP: Genau!)

Die Grundintention, meine Damen und Herren, ist schon gut, natürlich. Transatlantischer Wirtschaftsraum, das ist genau das, was auch wir wollen. Dazu benötigen wir eine handlungsfähige US-Administration, die willens ist. Wir brauchen auch den Willen, das hier in Europa zu verhandeln.

Aber dann kommt der Pferdefuß – deswegen können wir diesem Antrag auch nicht zustimmen; Sie wollen es nämlich genauso, wie es die Grünen und Linken immer wieder machen –: Es wird ein Abkommen ausverhandelt, und dann werden Nachforderungen gestellt. – So machen Sie das auch im Antrag. Sie erklären: Das Mercosur-Abkommen soll schnell ratifiziert werden – Frau Weeser, Sie haben es ja gerade auch noch mal gesagt –, aber wir hätten gerne noch ein Zusatzabkommen dazu. – Ja, so kann man doch in der Welt nicht verhandeln. Also, sind wir nun als Europa ein Partner, auf den man sich verlassen kann, oder sind wir ein Partner, der nach jedem abgeschlossenen Verhandlungsstand ständig neue Forderungen stellt?

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Deswegen, meine Damen und Herren: Die Intention Ihres Antrages ist sehr gut. Aber genau wegen diesem Punkt können wir dem einfach nicht folgen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU – Katharina Dröge [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wow!)